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Coronakrise: Praxisbetrieb regeln

Erläuterungen zum Flussdiagramm
Stand 25.3.2020: Manche Patienten sind aus medizinischen Gründen dringend darauf angewiesen, während der Coronakrise weiterhin behandelt zu werden. Praxisinhaber müssen entscheiden, unter welchen Umständen dies möglich ist, z.B. über Telemedizin, in der Praxis oder sogar als Hausbesuch. Unsere Flussdiagramm soll Sie dabei unterstützen.
© schmolzeundkühn

Das Flussdiagramm können Sie hier herunterladen.

Unsicherheit wegen der Coronakrise

In Zeiten der Coronakrise sind sich viele Praxisinhaber unsicher, ob es sinnvoll ist, die eigene Praxis weiterhin zu betreiben, oder ob es nicht schlauer wäre, die Praxis einfach zu schließen.

1. Kann ich die Patienten telemedizinisch betreuen?

Die GKV lässt aktuell die Behandlung durch und Abrechnung von Telemedizin zu. Und zwar zunächst bis zum 30.4.2020. In Zeiten des Kontaktverbots bietet es sich an, Patienten wo immer es geht telemedizinisch zu betreuen.

1.1 Indikationsliste für telemedizinische Betreuung für die Praxis intern vereinbaren

Es ist sicherlich sinnvoll, wenn innerhalb der Praxis Konsens darüber besteht, bei welchen Indikationen Telemedizin greift und bei welchen Indikationen sie kontraindiziert ist. Eine gemeinsam erstellte Liste gibt Orientierung und kann trotzdem regelmäßig angepasst werden.

1.2 Wollen wir Telemedizin durchführen?

Irgendwann kommt der Moment, an dem man sich entscheiden muss, ob man Telemedizin durchführen will oder nicht. Ablehnung von Computern und Handys sind sicherlich keine gute Voraussetzung dafür, Telemedizin in den Praxisalltag einzuführen – zumal unklar ist, wie lange die GKV bereit ist, dies über den 30.4.2020 hinaus zu bezahlen.

1.3 Ist der Patient einverstanden?

Telemedizin funktioniert nur, wenn der Patient bereit ist, sich auf diese Art der Therapie einzulassen. Insofern macht es Sinn, Patienten zu fragen, ob sie Lust haben eine neue Therapieform auszuprobieren.

1.3.1 Einverständniserklärung dokumentieren

Die GKV schreibt vor, dass eine Einverständniserklärung des Patienten eingeholt werden muss. Zwar wird in den Veröffentlichungen der GKV zu diesem Thema nicht von einer schriftlichen Einverständniserklärung gesprochen, doch wer sicher gehen will, lässt sich eine entsprechende Vereinbarung unterschreiben.

1.3.2 Termine vereinbaren

Termine werden genauso vereinbart wie man das von der persönlichen Therapie her kennt. Die Behandlungszeiten entsprechen den Mindestbehandlungszeiten der Leistungsbeschreibungen.

1.3.3 Behandlung am PC durchführen

Der Behandlungstermin findet dann am PC statt. Ein kabelloses Headset (Kopfhörer mit Sprechmikrofon) sichert die Vertraulichkeit des Gesprächs. Ohnehin sollte die Onlinesitzung in einem separaten Raum stattfinden, im Zweifel nutzt man einen Behandlungsraum in der Praxis.

Hinweis: Wer mit seinen Kollegen eine Nachbesprechung der Videobehandlung durchführen will, bittet seinen Patienten um die Erlaubnis, die Sitzung aufzeichnen zu dürfen. Die meisten Videokonferenzsysteme können problemlos ein Video der Sitzung aufnehmen.

1.3.4 Elektronisch quittieren lassen

Die Veröffentlichungen der GKV sehen vor, dass eine Quittung des Patienten auch auf elektronischem Wege erfolgen kann. So könnte der Patient beispielsweise bei sich zu Hause Leistungen mit Datum quittieren und ein Foto dieser Quittung als Nachweis an den Therapeuten mailen. Eine andere Möglichkeit wäre die Bestätigung der Therapie über einen Messenger oder SMS. Da die GKV hier keine Vorgaben gemacht hat, gilt in Zeiten der Coronakrise vermutlich jede Quittung als angemessen.

2. Kontakt halten aus Praxissicht erwünscht?

Wollen wir keine Telemedizin durchführen oder will der Patient keine Telemedizin haben, dann stellt sich die Frage, ob es sich lohnen könnte, in Zeiten der Coronakrise den Kontakt zum Patient weiter aufrechtzuerhalten. Das hilft der Patientenbindung und könnte gerade bei alleinstehenden Patienten eine echte Hilfe sein, die kontaktarme Zeit besser zu überstehen.

2.1 Patienten-Kontaktliste erstellen und zum Beispiel wöchentlich Kontakt halten

Wenn wir als Praxis beschlossen haben, den Kontakt zu unseren Patienten weiterhin aufrechtzuerhalten, hilft es zum Beispiel für jeden Therapeuten eine Telefonliste zu erstellen, die dieser wöchentlich abtelefoniert. Im Ergebnis werden sich die Patienten über den Kontakt freuen und der Grundstein für eine langfristige Praxis-Patienten-Beziehung wird auf jeden Fall gelegt.

Außerdem hilft dieses Vorgehen dabei, gesamtgesellschaftlich Ruhe zu bewahren.

3. Habe ich Patienten, die eine persönliche Behandlung medizinisch zwingend benötigen?

In Zeiten von Kontaktverboten macht es wenig Sinn, jeden Patienten zu behandeln, der in die Praxis kommt. Da muss man sich kritisch fragen, ob es Patienten gibt, die medizinisch zwingend eine Behandlung benötigen. Vermutlich ist es schlau, an dieser Stelle wirtschaftliche Erwägungen weitestgehend außer Acht zu lassen. Wenn Patienten keinen wirklichen Schaden davontragen, wenn sie nicht behandelt werden, dann gibt es keinen Grund, ein Ansteckungsrisiko einzugehen. Es sei denn man ist sich sicher, dass man die Hygiene so im Griff hat, wie das zum Schutz der Mitarbeiter und der Patienten notwendig ist.

3.1 Praxis zurückfahren

Ohne Patienten kann man die Praxis runterfahren. Damit ist gemeint, dass man den Praxisbetrieb nahezu vollständig einstellt, jedoch die Erreichbarkeit für Patienten und Ärzte weiterhin aufrechterhält, z. B. telefonisch oder/und über das Internet. Eine echte Praxisschließung könnten Patienten und Ärzte möglicherweise als dauerhafte Schließung oder als unsolidarische Handlung interpretieren. Beides will man auf jeden Fall vermeiden.

3.2 Indikationsschlüssel der zwingend notwendigen Behandlungen für die Praxis intern verbindlich vereinbaren

Es ist sicherlich sinnvoll, dass innerhalb der Praxis Konsens darüber besteht, bei welchen Indikationen auch in Coronazeiten eine Behandlung zwingend notwendig ist und bei welchen Indikationen nicht. Eine gemeinsam erstellte Liste gibt Orientierung und kann trotzdem regelmäßig angepasst werden.

3.3 Sind die Patienten symptomfrei?

Beim Vorliegen schon kleinster Erkältungssymptome sollte dem Patienten eine Abklärung auf SARS-CoV-2 nahegelegt werden.

3.4 Hausbesuch notwendig?

Kann Therapie in der Praxis stattfinden oder ist ein Hausbesuch nötig? Das Infektionsrisiko für den Therapeuten erhöht sich beim Hausbesuch deutlich. Es muss schon wichtige Gründe geben, warum man Bereitschaft zeigen sollte, einen Hausbesuch durchzuführen.

3.4.1 Erlaubt die häusliche Umgebung hinreichenden Selbstschutz?

Entweder es gibt genug Schutzbekleidung, sodass die Situation im häuslichen Umfeld des Patienten keine große Rolle spielt, oder das häusliche Umfeld ist hygienisch in einen Zustand, der die Ansteckungsgefahr nicht vergrößert.

3.4.2 Behandlung als Hausbesuch ablehnen (Termin in der Praxis anbieten?)

Wenn die häusliche Umgebung des Patienten einen sicheren Hausbesuch nicht möglich macht, sollte die Option eines Termins in der Praxis in Erwägung gezogen werden.

3.5 Terminplanung mit Kontaktminimierung durchführen

Terminplanung in Zeiten der Coronakrise verfolgt andere Ziele als in normalen Zeiten.

Checkliste:

  • Patienten treffen nicht/weniger aufeinander: Während normalerweise Termine dicht nacheinander gelegt werden, wird bei Ansteckungsgefahr großzügiger geplant. Normalerweise ist das Ziel der Terminplanung, Ausfälle zu minimieren. In Zeiten der Coronakrise sollen Kontakte minimiert werden. Dazu werden die Termine so gelegt, dass Patienten möglichst nicht oder sehr selten aufeinandertreffen. Das lässt sich bewerkstelligen, in dem der Patientenwechsel bei den verschiedenen Therapeuten nicht mehr gleichzeitig geplant wird, sondern versetzt.
  • Wenig/kein Therapeutenwechsel: Außerdem kann es Sinn machen, den Therapeutenwechsel auf null zu fahren und den Behandlungsraum nicht zu wechseln. Auch so gelingt Kontaktminimierung.
  • Weniger Therapeuten mit Patientenkontakt: Die Anzahl der Therapeuten, die in der Praxis sind, sollte niedrig sein. Ziel ist es, dass nur wenige Therapeuten Kontakt zu den Patienten haben. Es geht nicht um gerechte Verteilung der Patienten auf die verschiedenen Therapeuten, sondern um möglichst wenig Kontaktpunkte, die ein Patient zu Praxismitarbeitern hat.
3.6 Behandlung durchführen (Hygiene)

Über Hygiene muss an der Stelle nichts mehr gesagt werden. Die Vorsichtsmaßnahmen dürften mittlerweile hinreichend bekannt sein. Falls Sie dennoch zweifeln, ob sich richtig verhalten, schauen Sie auf die Rückseite dieser up-Ausgabe. Dort dokumentieren wir noch einmal die zehn Hygienetipps der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

3.6.1 Schutzausrüstung gemäß RKI-Empfehlungen vorhanden?

Das RKI empfiehlt bei Patienten mit Erkältungssymptomen, den Kontakt auf die notwendigsten Punkte zu reduzieren. Mund-Nasen-Schutz ist sowohl für Patienten als auch für Therapeuten Pflicht. Auf die Behandlung von Patienten mit Fieber oder Atemwegserkrankungen sollte verzichtet werden. Muss trotzdem behandelt werden, ist eine entsprechende Schutzausrüstung nach den Empfehlungen des RKI zu nutzen.

3.7 Keine Behandlung durchführen

Bei kränkelnden oder kranken Patienten darf eine Behandlung nur mit der entsprechenden Schutzausrüstung durchgeführt werden. Fehlt die nötige Schutzausrüstung, muss die Behandlung abgesagt werden.

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