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Videotherapie im Scheinwerferlicht

Interview mit Wieto Meiborg
Ein großer Teil der Physiotherapie und Manuellen Therapie erfolgt "Hands-off" und kann hervorragend auch online erfolgen. Übungen können erklärt und zuhause durchgeführt werden. Mir bietet die Videotherapie-Funktion in TERMINHELD die Sicherheit, telemedizinische Betreuung datenschutzkonform zu leisten.
© Wieto Meiborg

Welchen Patienten bieten Sie Videotherapie an?

Vor allem denen, für die oder deren enge Angehörige eine Ansteckung mit Covid-19 lebensbedrohlich werden könnte. Einige unserer Patienten legen bis zu 150 Kilometer zurück, um bei uns einen Termin wahrzunehmen. Für sie ist die Nachsorge per Videotherapie eine große Chance, die leider noch zu selten genutzt wird.

Wie reagieren Ihre Patienten darauf?

Viele Patienten entwickeln mehr Eigenverantwortung, denn es gibt keinen Therapeuten, der die Schmerzen „wegmassiert“.

Wie organisieren Sie Videotherapie und wie läuft sie bei Ihnen ab?

Nach dem ersten Kontakt per Telefon schicken wir dem Patienten für die Videotherapie eine Einladung per E-Mail. In der Praxis gehören eine hochwertige Kamera und große Monitore zur Ausstattung. Nach der Anamnese folgen Inspektion, Befunderhebung sowie die Beobachtung von Haltung und Bewegungen des Patienten. Ich achte vor allem darauf, welche Bewegungen die Beschwerden verstärken oder verringern. Beim zweiten Termin erfrage ich, wie die allein durchgeführten Übungen geklappt haben und welche Probleme es gegeben hat.

Welche Vorteile sehen Sie?

Wir können uns von Mitbewerbern abheben. Die Reichweite ist unbegrenzt. Kompetente Kollegen könnten in Zukunft Anfragen aus der ganzen Welt bedienen.

Welche Herausforderungen und Grenzen gibt es?

Voraussetzung ist eine stabile Internetverbindung – sowohl in der Praxis als auch beim Patienten. Das gesamte Praxisteam muss die Möglichkeit einer Videobehandlung kennen, ebenso Ärzte. Denn Ärzte, die Rezepte ausstellen, machen das wie bisher. Sie sind über diese Möglichkeit kaum informiert, sodass „normale Rezepte“ abgerechnet werden müssen. Meinen Privatpatienten rate ich, sich bei ihrer PKV vorab zu informieren, ob die Behandlungskosten erstattet werden.

Ihr Fazit?

Die Videotherapie kann die Therapie natürlich nie ganz ersetzen. Meiner Meinung nach sollten wir wegkommen von der „Bezahlung nach Ziffern“, hin zu einer Bezahlung nach Zeitaufwand – ob nun für Massagen, Therapien, Training oder Videotherapie.

Nun überprüft der G-BA die Heilmittel-Richtlinie. Was meinen Sie, gehört Videotherapie in die Regelversorgung?

Es wäre insgesamt gut, wenn die Heilmittel-Richtlinien schneller an die aktuelle Wissenslage und die Therapiestandards angepasst werden würde. So wären sinnvolle Leistungen wie beispielsweise Videotherapie und Echografie zügig verfügbar.

Wann, bei welchen Indikationen eignet sich aus Ihrer Sicht Videotherapie?

Bei allen Indikationen, die einen übungstherapeutischen Ansatz brauchen – vorausgesetzt, der Patient ist nicht auf Unterstützung angewiesen. Aber auch der Lebenspartner kann vor Ort die Hilfestellung übernehmen und per Videotherapie mit angeleitet werden. Bei Schulter-, Nacken-, Rücken- und Kniebeschwerden sind Behandlung, Anamnese und Kontrolle sehr gut möglich.

Wie steht es mit der telefonischen Beratung? Sollte sie in Zukunft auch abgerechnet werden dürfen?

Ich halte das für sinnvoll, bin allerdings sehr skeptisch, ob das auch umgesetzt wird. Die Unterschriftspflicht müsste für die Behandlung wegfallen.

Wieto Meiborg | Physio-, Manualtherapeut & Praxisinhaber, Wassenberg

Bieten Sie auch Videotherapie an?

Kürzlich wurden viele der Sonderregelungen für den Heilmittelbereich aufgrund der Covid-19-Pandemie verlängert. Das gilt auch für die Videotherapie, die zunächst bis Ende Juni 2020 möglich war, dann vorübergehend pausierte und seit November wieder erlaubt ist. Seit dem 16. September 2021 steht fest: Zunächst bis zum 31. Dezember 2021 ist Videotherapie weiterhin möglich.

Für Heilmittelerbringer bietet sich daher immer noch eine wunderbare Gelegenheit, Videotherapie zu testen und sich darüber eine Meinung zu bilden. Insbesondere weil der G-BA beschlossen hat, die Heilmittel-Richtlinie dahingehend zu überprüfen, ob und in welchen Fällen Videotherapie in die Regelversorgung aufgenommen wird. Im Oktober 2021 soll die Beschlussfassung dazu erfolgen. Nutzen Sie die Chance, probieren Sie es aus und finden Sie heraus, welche Vorteile Videotherapie für Ihre Praxis mit sich bringt und wie sie Ihr bestehendes Therapie-Angebot ergänzt – oder auch nicht.

Ihre Meinung zählt: Wir bieten Ihnen an dieser Stelle das Forum für Austausch und Diskussion. Viele Ihrer Kollegen sind unserem Aufruf gefolgt und haben in den letzten Monaten von ihren Erfahrungen berichtet. Wenn auch Sie sich äußern möchten, schreiben Sie uns eine Mail an redaktion@up-aktuell.de. Denn wir möchten hören, was Sie zu sagen haben!

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