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„Ich weiß, was mir missfällt, aber noch nicht, wie ich es ändern kann“

Interview mit der Sprachtherapeutin Charlott Neuhaus zur Lobbyarbeit
Wie kann ich selbst aktiv in die Lobbyarbeit einsteigen? Darauf versucht Charlott Neuhaus, Inhaberin einer Praxis für Logopädie, aktuell Antworten zu finden. Die frisch gebackene Praxisinhaberin möchte sich nicht mehr nur darüber beschweren, was nicht gut läuft, sondern selbst dazu beitragen, dass Missstände und Probleme von der Politik angegangen werden. Uns hat sie erzählt, wie sie zum Thema Lobbyarbeit gekommen ist, welche Berührungspunkte sie bisher damit hat und was ihr helfen würde, sich aktiver zu engagieren.
© Charlott Neuhaus

Welchen Stellenwert hatte das Thema Lobbyarbeit in Ihrem Leben bisher?

NEUHAUS: Ehrlich gesagt keinen allzu großen. Im Studium haben wir das ab und an mal angesprochen, aber ich war zu dem Zeitpunkt noch gar nicht so richtig empfänglich dafür. Ich habe den Unmut von anderen Therapeuten, die mit den allgemeinen Bedingungen unzufrieden waren, etwa schlechte Vergütung, hoher Bürokratieaufwand oder dass die Ärzte weniger verschreiben, zwar wahrgenommen. Da war aber nie jemand in meinem Umfeld, der gesagt hat: Hey, wir machen jetzt etwas und engagieren uns. Ich glaube, so geht es vielen, besonders Berufsanfängern. Und wenn es doch mal um Lobbyarbeit geht, dann oft im Zusammenhang mit Verbänden. Das ist auch wichtig, aber dass man sich auch darüber hinaus selbst engagieren kann, hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Erst als ich angefangen habe, mich selbstständig zu machen, wurde das Thema Lobbyarbeit präsenter.

Was genau hat Sie dazu bewegt, sich mit dem Schritt in die Selbstständigkeit stärker mit der Lobbyarbeit auseinanderzusetzen?

NEUHAUS: Ich war auf der Suche nach einer Praxissoftware und bin dann bei „Starke Praxis“ der Buchner & Partner GmbH gelandet. Zeitgleich habe ich damit begonnen, die up zu lesen und war auch beim zweiten digitalen Netzwerktreffen im Oktober dabei. Bei der Podiumsdiskussion, die im Rahmen dessen stattfand, war Lobbyarbeit das Thema. Nach dem Studium war es das erste Mal, dass das bei mir wieder so richtig aufpoppte. Als Selbstständige merke ich zudem, dass ich das, was nicht so gut läuft, viel bewusster wahrnehme.

Dann habe ich am ersten virtuellen up-Kaminfeuer am 4. November 2020 teilgenommen. Eigentlich sah ich mich nur als stille Teilnehmerin. Als es dann aber um das Thema Akademisierung ging, habe ich mich doch zu Wort gemeldet. Von der Akademisierung ging es thematisch über zur Lobbyarbeit. Ich habe angebracht, dass ich mir unsicher bin, wie ich mich denn überhaupt als Einzelne engagieren kann. Ich denke, das wissen viele nicht.

Auch wenn Sie sich erst seit Kurzem mit dem Thema Lobbyarbeit beschäftigen: Sind sie bereits aktiv? Und wenn ja, wie?

NEUHAUS: Ich habe die ersten Schritte gemacht und angefangen zu netzwerken. Beim Kaminfeuer habe ich Olav Gerlach kennengelernt. Er ist Physiotherapeut, in der Lobbyarbeit aktiv und engagiert sich unter anderem bei Therapeuten am Limit. Seitdem tausche ich mich viel mit ihm über Facebook aus. Wir haben uns nun überlegt, dass wir in Lübeck einen Stammtisch etablieren möchten.

Vor einigen Wochen habe ich mich dann noch mit einer anderen Logopädin getroffen und auch sie hatte mir erzählt, dass es gar nichts in dem Sinne in Lübeck gibt. Das werden wir nun angehen. Ich werde mich auf jeden Fall weiter aktiv engagieren, auch wenn es nur kleine Schritte sind am Anfang.

Was würde Ihnen ganz konkret helfen, weitere Schritte zu gehen?

NEUHAUS: Das kann ich aktuell ehrlich gesagt gar nicht so genau sagen, da mir einfach das Wissen zum Thema Lobbyarbeit und wie ich es angehen kann, fehlt. Ich weiß, was mir missfällt, aber noch nicht, wie ich es ändern kann. Ich denke, so geht es vielen. Vielleicht würde es generell helfen, wenn man das Thema Lobbyarbeit auch stärker in die Ausbildung und dem Studium mit einbaut und so in den Köpfen verankert. Wenn dann die Zeit gekommen ist, hat man wenigstens schon einmal das Grundrüstzeug an der Hand, was Lobbyarbeit ist und wie sich diese gestalten lässt.

Was ich jetzt aber schon einmal sagen kann ist, dass das Vernetzen vor allen Dingen Neulingen hilft, sich dem Thema Lobbyarbeit anzunehmen. Eben um sich auszutauschen und auch an mehr Informationen zu gelangen, wie man Lobbyarbeit konkretisieren kann. Der Austausch mit Olav zum Beispiel hat mich ein großes Stück weitergebracht.

Und vielleicht könnte uns auch eine Therapeutenkammer helfen. Wenn sich alle Therapeuten zusammenschließen und schauen, wie Probleme und Missstände angegangen werden können, haben wir doch eine viel stärkere Stimme gegenüber der Politik. Manchmal habe ich leider auch das Gefühl, dass die Verbände gegeneinander arbeiten. Viel effektiver wäre es doch, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Jeder hat seine individuellen Bedürfnisse, aber wir sollten das große Ganze nicht aus dem Auge verlieren.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Neuhaus!

[Das Gespräch mit Charlott Neuhaus führte Kea Antes]

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Schritt 2: Entscheider ausfindig machen

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