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„Wenn ich das höre, dann leuchten die Augen des Lobbyisten“

Interview mit Lars Labryga, ehem. Leiter des Hauptstadtbüros der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger
Jeder Therapeut kann sich eine Stimme verschaffen und auf die Missstände in der Heilmittelbranche aufmerksam machen. Viele denken vielleicht, das würde eh nichts bringen. Lars Labryga erklärt, warum das nicht stimmt und wie es Therapeuten gelingt, gehört zu werden. Er hat selbst jahrelang im Berlin Lobbyarbeit für die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger gemacht und führt nun gemeinsam mit seiner Frau eine Heilmittelpraxis in Landsberg am Lech.
© Lars Labryga

Machen wir eigentlich genug Lobbyarbeit?

LABRYGA: Man kann nie genug Lobbyarbeit machen. Das Beste wäre natürlich, wenn die Heilmittelerbringer geschlossen mit starker Stimme in Berlin auf den Tisch hauen würden, aber so ist es im Moment nicht.

Wie kann man denn Lobbyarbeit in der eigenen Praxis machen?

LABRYGA: Sie müssen die Themen bewusst wählen, die bei Politikern auf offene Ohren stoßen. Das ist etwas, was man in der Lobbyarbeit nie vergessen darf: Abgeordnete wollen gute Gesetze machen. Wenn man ihnen dazu gute Vorschläge macht, und zwar vor allem Oppositionspolitikern, sind diese eher geneigt, mal eine Kleine Anfrage zu starten.

Ich habe ja vielleicht mal den Bürgermeister, einen Landtagsabgeordneten oder jemanden aus dem Gesundheitsausschuss auf meiner Behandlungsliege. Wie trage ich Themen vor?

LABRYGA: Wenn man als Heilmittelerbringer schon mal an vorderster Front steht und diesen Kontakt hat, schadet es nicht, einfach zu sagen: „Ich bin hier in Ihrem Wahlkreis ein Heilmittelerbringer und würde Ihnen gerne einmal unsere Situation schildern.“ Vermutlich wird man bei dem Politiker auf offene Ohren stoßen. Es geht vor allem darum, Politikern Einblicke in die Realität zu gewährleisten und sich als kompetenter Gesprächspartner zu positionieren.

Einer alleine wird keinen G-BA-Sitz bekommen oder die Akademisierung erreichen. Aber so viele Menschen braucht es doch gar nicht, um die Abgeordneten regelmäßig zu kontaktieren, oder?

LABRYGA: Wenn es mich jetzt so richtig packen würde, dann würde ich eine Plattform zur Verfügung stellen, auf der man sieht, welche Abgeordneten bereits wann und wie angesprochen wurden, mit entsprechenden Protokollen. Ich würde damit dann so eine Art Lawineneffekt lostreten. Das heißt, ich fange bei den Gesundheitspolitikern an und bitte sie, weitere Abgeordnete zu nennen, die sich für diese Fragen interessieren könnten. Im Anschluss müsste man dann in deren Wahlkreise Praxen finden, die die Abgeordneten ansprechen. So entsteht ein koordiniertes Vorgehen.

Also muss ich zunächst einmal ein Thema finden, das ich angehen möchte und dann Kontakt zu Politikern aufnehmen? Kann ich sie auch in die Praxis einladen?

LABRYGA: Ja, klar. Das ist auch eine Möglichkeit. Man kann die Abgeordneten auch jedes Jahr updaten und ihnen mitteilen, was sich getan und verändert hat. So kann man das Wissen im Bundestag erheblich anheben.

Therapeuten sind nicht im G-BA vertreten. Wie können wir hier etwas verändern? Wollen wir das überhaupt?

LABRYGA: Wenn ich das höre, dann leuchten die Augen des Lobbyisten, weil dieser Zustand einfach nicht sachgerecht ist. Ich würde eine Gesamtargumentation aufstellen und einmal evaluieren, wie gut die Ärzte die Heilmittelerbringer in diesem Gremium vertreten haben – nämlich gar nicht. Das müsste man einmal herausarbeiten und die Ergebnisse dann in einem größeren Aufwand an alle Abgeordneten schicken. Dies sollte aber nun nicht jeder Einzelne machen, sondern das wäre eigentlich Aufgabe der Verbände.

Wie wäre es denn, wenn die Verbände sich zusammenschließen und Kampagnen zu knackigen Themen starten, an denen sich jeder beteiligen kann, auch ohne Mitgliedschaft? Denn wenn 10.000 Praxen es wichtig finden, dass die Heilmittelerbringer im G-BA vertreten sind und zehn Euro dafür geben, haben wir 100.000 Euro. Reicht das für eine Kampagne aus?

LABRYGA: Das wäre extrem sinnvoll und das Geld würde vollkommen ausreichen. So etwas wäre also gut umsetzbar.

Wie sind denn die Erfolgsaussichten?

LABRYGA: Das kann man natürlich vorher nie sagen, aber alles ist besser, als nichts zu tun. Die Chancen, etwas bewegen zu können, sind im Bereich Heilmittel aber recht gut, weil sie Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung haben. Damit können Politiker auch punkten, wenn man sie überzeugt hat. Viele Argumente wurden jedoch bereits vorgetragen, sodass Aufmerksamkeit wichtig wäre, zum Beispiel in Form einer Kampagne, die immer die aktuellen Entwicklungen berücksichtigen muss.

All diese Abgeordneten werden irgendwo in Deutschland von Therapeuten behandelt und wir hoffen, dass die Therapeuten jetzt zuhören und den Politiker beim nächsten Termin anbieten, Informationen aus Sicht der Therapiepraxen zu erhalten.

Herr Labryga, vielen Dank für das interessante Gespräch.

[Das Gespräch mit Lars Labryga führte Ralf Buchner]

 

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