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Vier Gründe, warum die Beihilfe nicht als Preisliste taugt

Die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) hat eine neugefasste Liste der „Höchstbeträge für beihilfefähige Aufwendungen für Heilmittel“ bekommen. Damit werden die Beihilfesätze zwar erhöht, eignen sich aber immer noch nicht als Preisliste. Hier finden Sie die vier Gründe, warum die Beihilfe nicht als Preisliste taugt.

Grund 1: Beihilfeberechtigte sind eine Minderheit

Private Krankenversicherungen behaupten immer wieder, die beihilfefähigen Höchstsätze würden den Maßstab für die Erstattung von Heilmitteltherapie darstellen. Doch die Beihilfeberechtigten (Beamte und Angehörige) machen nicht einmal ein Drittel aller Privatversicherten aus, sind mit einem Anteil von 28 Prozent also deutlich die Minderheit in der PKV. Die internen Regeln (BBhV) dieser Minderheit können also kaum als Maßstab für die Mehrheit der privat Krankenversicherten herangezogen werden.

Grund 2: Beihilfe entfaltet keine rechtliche Bindungswirkung

Die beihilfefähigen Höchstsätze sind keine offizielle Preisliste des Staates, ganz im Gegenteil, es gibt sogar Unterschiede zwischen z. B. Bundes- und Landesbeihilfen. Auch die immer wiederkehrende Behauptung, es gäbe Absprachen zwischen den Verbänden und den Beihilfestellen ist mehrfach vom Bundesinnenministerium (BMI) zurückgewiesen worden: „Sie [beihilfefähige Höchstsätze, Anm. d. Red.] haben keine Bindungswirkung für das Vertragsverhältnis zwischen den Leistungserbringern und deren Patienten“, so Dr. Philipp Spauschus, Mitarbeiter aus dem BMI. Tatsache ist, dass es zwischen Beihilfe bzw. PKV und einer Heilmittelpraxis keinen Vertrag oder sonstige Vereinbarung gibt, die einen Therapeuten dazu zwingen könnte, den Vorschriften der BBhV zu folgen. Es gibt damit auch keinen rechtlichen Zwang, sich an „Richtwerte“ oder Höchstbeträge zu halten.

Grund 3: Beihilfefähige Höchstsätze bleiben zu niedrig

Die geplante Erhöhung der beihilfefähigen Höchstsätze ist viel zu niedrig, denn die letzte Preisanpassung erfolgte im Jahr 2001! Jetzt werden nach 17 Jahren die Sätze bis 2019 um 32 Prozent erhöht. Das bleibt deutlich hinter den (immer noch zu niedrigen) Honorarsteigerungen der GKV von 50 bis 60 Prozent und dem Anstieg der Bruttoarbeitsentgelte von 43,2 Prozent im selben Zeitraum zurück.

Grund 4: Der Staat hat die Beihilfe nicht als Preisliste konzipiert

Die Struktur der Beihilfe ist relativ einfach: Jede Leistung hat genau einen maximalen Erstattungswert, den sogenannten beihilfefähigen Höchstsatz. Unabhängig davon, welche Qualifikation ein Therapeut hat, welche Fortbildung, welche Berufserfahrung ein Behandler aufweisen kann, es gibt immer genau einen Erstattungsbetrag.

Betrachtet man echte amtliche Gebührenordnungen, dann wird schnell klar, dass nach Ansicht des Staates solche einfachen Höchstbeträge nicht ausreichen, um den unterschiedlichen Qualifikationen der Fachberufe gerecht zu werden. Die Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ) „bemisst sich nach dem Einfachen bis 2,3-fachen des Gebührensatzes“. Die Gebührenordnung der Zahnärzte (GoZ) „bemisst sich nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes“. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) kennt Gebührenhöhen zwischen 0,3 bis zu 4,15 des Gegenstandswertes. Und die Steuerberatergebührenverordnung (STBGebV) erlaubt für eine Einkommenssteuererklärung das Abrechnen von 1/10 bis 6/10 der vollen Gebühr.

Das Muster wird deutlich: Eine Leistung eines qualifizierten Freiberuflers kann nie mit nur einem Preis bewertet werden, sondern wird stets innerhalb einer gewissen Spanne nach klar definierten Kriterien bewertet. Hätte der Staat die Beihilfe also als Preisliste konzipieren wollen, dann hätte er sicherlich diese offensichtlich notwendige Systematik angewandt. Hat er aber nicht, und nicht zuletzt deswegen wird klar: Die Beihilfe ist keine Preisliste!

 

Das ist die Beihilfe

Wer genau wissen will, was die Beihilfe ist, dem sei ein Blick auf die Internetseiten des Bundesinnenministeriums (BMI) empfohlen: „Der Dienstherr [Bund oder Land] hat eine besondere Fürsorgepflicht für seine Beamtinnen und Beamten. Er verpflichtet sich, im Krankheits-, Pflege – und Geburtsfall einen Teil der anfallenden Kosten im Rahmen der Beihilfe zu erstatten“, heißt es dort. Aber diese Verpflichtung wird gleich eingeschränkt: „Die Beihilfe ergänzt lediglich die zumutbare Eigenvorsorge“. Der Dienstherr (Bund oder Land) erstattet 30 bis 80 Prozent der Krankheitskosten (z. B. abhängig vom Familienstand). Eine private Krankenversicherung deckt den verbleibenden Rest der Krankheitskosten ab – abhängig vom gewählten Tarif. Die Erstattung des Dienstherrn kann der Höhe nach begrenzt sein – durch den beihilfefähigen Höchstsatz. Die beihilfeberechtigte Person muss daher für die von der Beihilfe nicht übernommenen Kosten für Behandlungen, Medikamente und ähnliches selbst aufkommen. Die Beihilfe ist nicht bundeseinheitlich geregelt. Neben der BBvH gibt es für Landesbedienstete Landesbeihilfeverordnungen, die zwar strukturell gleich sind, sich aber im Detail unterscheiden, z. B. bei Zuzahlungen, Eigenbeteiligungen, etc.

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