Themenschwerpunkt Beihilfe: Höchstsätze angepasst – Die meisten Beamten bekommen in Zukunft mehr Geld für die Heilmittel-Therapie erstattet
Ab August 2018 erhalten Beamte rund 20 Prozent mehr Beihilfe, ab dem 1. Januar 2019 werden die Sätze dann erneut um 10 Prozent erhöht. Vermutlich soll damit der aktuellen Preisentwicklung bei den GKV-Honoraren Rechnung getragen werden. Das gelingt allerdings nur bedingt: Die Erstattungsätze der Beihilfe sind seit 2001 nicht mehr gestiegen. Prozentuale Erhöhungen im Umfang der GKV-Steigerungsraten reichen da nicht aus, um 17 Jahre alte Tarife zu aktualisieren.
Neue Richtwerte sind unverbindlich
Eine wesentliche Neuerung im Vergleich zum alten Leistungsverzeichnis der „beihilfefähigen Aufwendung für Heilmittelmittel“ sind neue „Richtwerte“ je Leistung als konkrete Minutenwerte. Damit ist laut Leistungsverzeichnis die „Zeitangabe zur regelmäßigen Dauer der jeweiligen Therapiemaßnahme (Regelbehandlungszeit)“ gemeint.
Dieser Richtwert „beinhaltet die Durchführung der Therapiemaßnahmen einschließlich der Vor- und Nachbereitung.“ Außerdem wird mit dem Satz „Die Regelbehandlungszeit darf nur aus medizinischen Gründen unterschritten werden“ noch einmal Bezug auf die Mindestbehandlungszeit der GKV-Leistungsbeschreibung genommen. Diese Einführung von Richtwerten ist zwar rechtlich für Therapeuten unverbindlich, führt aber zu überraschenden Ergebnissen:
- Die Beihilfeerstattung je Behandlungsminute für Ergotherapie- und Logopädie-Leistungen steigen deutlich über den GKV-Satz, denn die Richtwerte für diese Fachgruppen entsprechen weitestgehend den GKV-Mindestbehandlungszeiten. Der Unterschied bei diesen Fachgruppen liegt darin, dass bei GKV-Leistungen Vor- und Nachbereitung als zusätzliche Zeit erbracht werden müssen, in der Beihilfe aber als „einschließliche“ Leistung gewertet werden. Damit dauert beispielsweise eine ‚Sprachtherapie 45 Minuten‘ im GKV-Bereich 45 Minuten zzgl. 10 Minuten Vor- und Nachbereitung, im Leistungsverzeichnis der Beihilfe sind die 45 Minuten inklusive der Vor- und Nachbereitungszeit.
- Im Gegensatz dazu liegen viele Richtwerte für physiotherapeutische Leistungen deutlich über den GKV-Mindestbehandlungszeiten. So beträgt der Beihilfe-Richtwert für die Leistung ‚Manuelle Therapie‘ 30 Minuten, dagegen schreibt die GKV eine Mindestbehandlungszeit von nur 15 Minuten vor. Ebenso bei KG-ZNS (Kinder), Beihilfe Richtwert beträgt 45 Minuten, Mindestbehandlungszeit der GKV beträgt 30 Minuten.
- Bei der Lymphdrainage sind Beihilfe-Richtwerte und GKV-Mindestbehandlung identisch, dann nähern sich die Minutenpreise einigermaßen an (MLD 45) oder die Beihilfe-Minutenpreise liegen deutlich über den GKV-Preisen (MLD 60).
Gleichzeitig werden die früheren „Mindestbehandlungszeiten“ in der Beihilfe vollständig abgeschafft. Das ist nur konsequent, weil diese Vorgaben rechtlich gesehen keinen Einfluss auf die tatsächliche Behandlungsdauer der Therapeuten haben. Denn die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) gilt nur für die Rechtsbeziehung zwischen Staat und seinen Beamten. Eine rechtliche Bindungswirkung für das Vertragsverhältnis zwischen Therapeuten und Patienten (Beamten) hat die BBhV nicht und wäre für die Beihilfestellen auch nicht überprüfbar. Letztlich ist es also nur konsequent auf Richtwerte abzustellen, die keine Bindungswirkung haben.
Erstbefund für Physiotherapeuten zum Dumpingtarif
Die Physiotherapeuten könnten sich über die neue Position „Physiotherapeutische Erstbefundung zur Erstellung eines Behandlungsplans“ freuen. Hier gibt es keinen Richtwert, insofern kann diese Position zusätzlich zu einer Therapie ohne zusätzlichen Zeitaufwand abgerechnet werden. Die Erstbefundung wird nämlich nur mit 15 Euro abgerechnet. Zum Vergleich: Logopäden rechnen für die „Erstbefundung zur Erstellung eines Behandlungsplans“ 98,20 Euro ab. Und Ergotherapeuten erhalten für ein „Erstgespräch einschließlich Beratung und Behandlungsplanung“ noch 38 Euro. Während Logopäden und Ergotherapeuten diese Position nur einmal je Behandlungsfall abrechnen dürfen, fehlt diese Einschränkung bei der entsprechenden Leistung der Physiotherapeuten. Es spräche also formal nichts dagegen die physiotherapeutische Erstbefundung je Rezept erneut abzurechnen. Man darf gespannt auf die Erstattungspraxis der Beihilfestellen sein.
Gruppentherapie lohnt sich nur für Logopäden
Überhaupt nicht nachvollziehbar sind die Beihilfetarife bei der Gruppentherapie: Für Logopädie in einer Gruppe von zwei Patienten gibt es rund zwei Euro Beihilfe pro Minute. Für Ergotherapie bei motorisch-funktionellen Störungen gibt es bei zwei Patienten noch knapp einen Euro pro Minute. Und Krankengymnastik in der Gruppe wird für zwei Patienten mit nicht mal 60 Cent pro Behandlungsminute von der Beihilfe erstattet. Weder Ergotherapeuten noch Physiotherapeuten werden sich auf solche Preise einlassen.
Generell sollte man sich als Praxisinhaber noch einmal klarmachen, dass die Beihilfe eine interne Verwaltungsangelegenheit zwischen dem Staat und seinen Beamten ist und keinerlei rechtliche Bindung für Heilmittelerbringer hat. (Siehe auch 4 Gründe, warum die Beihilfe nicht als Preisliste taugt)
Das Beihilfe-DilemmaBeamte erhalten einen bestimmten prozentualen Anteil (z. B. 50 Prozent) ihrer Krankheitsausgaben vom Staat erstattet. Das nennt sich Beihilfe. Damit die Kosten für diese Aufwendungen nicht aus dem Ruder laufen, versucht der Staat die Höhe der Ausgaben zu begrenzen. Das erfolgt für den Bereich der Heilmittel über sogenannte beihilfefähige Höchstsätze. Die Kosten, die nicht durch die Beihilfe gedeckt werden, sollen die Privaten Krankenversicherungen tragen. Doch die PKVen übernehmen oft nicht die Restkosten, sondern nur die Differenz zwischen dem von der Beihilfe bezahlten prozentualen Anteil und den Höchstsätzen der Beihilfe. Dann bleibt der Patient regelmäßig auf einem Eigenanteil sitzen. Das ist in sehr vielen Fällen zwar im Tarif der PKVen anders geregelt, wird aber trotzdem so praktiziert. Die PKV behauptet dann, der Therapeut sei zu teuer – das führt zu teilweise absurden Rechnungskürzungsversuchen der privat versicherten Beamten. |
Übersicht: Änderungen bei der Landesbeihilfe
Bundesland | Erhöhung ab | Anhebung in Prozent |
Baden-Württemberg | zeitgleich mit der Änderung auf Bundesebene | wie auf Bundesebene |
Bayern | geplant für 1. Januar 2019 | Änderungen der Bayerischen Beihilfeverordnung sind in Arbeit |
Berlin | Verabschiedung der Landesbeihilfeverordnung (LBhVO) bis 31. Dezember 2018 geplant | wie auf Bundesebene |
Brandenburg | zeitgleich mit der Änderung auf Bundesebene | wie auf Bundesebene |
Bremen | Anpassungsverfahren läuft – Umsetzung wird noch für September erwartet | entsprechend Änderungen auf Bundesebene |
Hamburg | ab 1. September 2018 | wie auf Bundesebene |
Hessen | Abstimmungsprozess läuft noch | Abstimmungsprozess läuft noch |
Mecklenburg-Vorpommern | zeitgleich mit der Änderung auf Bundesebene | wie auf Bundesebene |
Niedersachsen | zeitgleich mit der Änderung auf Bundesebene | wie auf Bundesebene |
Nordrhein-Westfalen | Überarbeitung bis Ende des 1. Quartals 2019 geplant | wie auf Bundesebene |
Rheinland-Pfalz | zum 1. Oktober 2018 und 1. Januar 2019 | wie auf Bundesebene |
Saarland | steht noch nicht fest | nach Aussage des Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport voraussichtlich „im Geleitzug der anderen Bundesländer“ |
Sachsen | noch nicht bekannt | noch nicht bekannt |
Sachsen-Anhalt | zeitgleich mit der Änderung auf Bundesebene | wie auf Bundesebene |
Schleswig-Holstein | bereits gültig | wie auf Bundesebene |
Thüringen | auf Anfrage bislang keine Rückmeldung | auf Anfrage bislang keine Rückmeldung |
Andere |
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Postbeamtenkrankenkasse Gruppe B | zeitgleich mit der Änderung auf Bundesebene | Änderungen wie in Bundesbeihilfeverordnung |
Außerdem im Themenschwerpunkt Beihilfe:
Vier Gründe, warum die Beihilfe nicht als Preisliste taugt
QuickCheck: So geht man mit der Beihilfeerhöhung in der Praxis um
Liebes Buchner-Team, wie kommen Sie für die Podologie in der… Weiterlesen »
Wo steht das denn?
Hallo Buchnerteam, wenn ein Arzt 45 Minuten Therapiedauer Logopädie verordnet,… Weiterlesen »