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Die Crux mit dem Bargeld in der Praxis

Folge #001 vom 05.01.2020: Im Gespräch mit Anette Hoffmann-Poeppel, Steuerberaterin

Anette Hoffmann-Poeppel arbeitet als Steuerberaterin in einer Kieler Kanzlei. Sie und ihre Kollegen haben sich auf Ärzte, Therapeuten und Tierärzte spezialisiert. Das macht sie zum idealen Gast für die Folge #001 unseren Podcast up_Doppelbehandlung. Der up-Herausgeber Ralf Buchner wollte von ihr wissen: Wie handhabe ich das Thema Bargeld in der Praxis? Und wie ist der aktuelle Stand beim Thema elektronische Kassensysteme?

Das Gespräch in einer leicht gekürzter Version zum nachlesen

Für das Führen von elektronischen Kassensystemen sind Änderungen vorgesehen. Wie genau sehen diese aus?

HOFFMANN-POEPPEL | Ab Oktober 2020 muss jedes elektronische oder computergeschützte Kassensystem eine zertifizierte Technische Sicherheitseinrichtung (TSE) besitzen. Der Gesetzgeberhat die Vorgaben verschärft, weil er Hinweise hat, dass viel Bargeld am Staat vorbei geschleust wird. Eigentlich sollte die Vorschrift bereits am 1. Januar 2020 in Kraft treten. Der Termin wurde nun aber auf Oktober 2020 verschoben, da es aktuell noch keine Kassen mit entsprechenden Systemen gibt, die über die verlangten Sicherungen verfügen.

Übrigens: Führt man ein elektronisches Kassensystem, muss man das der Finanzverwaltung auch melden. Das übernimmt in der Regel der Steuerberater für einen.

Gibt es eine Pflicht, eine elektronische Kasse zu führen?

HOFFMANN-POEPPEL | Nein, die gibt es nicht. Es besteht auch weiterhin die Möglichkeit, offene Barkassen zu führen. Übrigens: Wer buchführungspflichtig ist, muss eine Kasse haben. Wird mein Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, habe ich hingegen grundsätzlich keine Pflicht, ein Kassenbuch zu führen. Dennoch muss ich auch ohne Kassenbuch meine Einnahmen einzeln aufzeichnen. Bei bargeldintensiven Praxen sollte aus Risikogründen als Nachweis ein Kassenbuch geführt werden. Wird freiwillig eine Kasse geführt, sind die Vorschriften für eine offene Ladenkasse einzuhalten.

Ein Beispiel: Wenn Praxisinhaber Zuzahlungen von Patienten bar einnehmen und kein elektronisches Kassensystem nutzen, müssen sie an jedem Tag, an dem es Geldbewegung gibt, zählen, was in der Kasse ist und entsprechend dokumentieren. Sie füllen also jeden Tag ein Zählprotokoll und einen Kassenbericht aus. Anhand dessen ermittelt der Praxisinhaber dann retrograd, wie hoch die Einnahmen am Tag waren. Mustervordrucke bekommt er von seinem Steuerberater.

Was passiert, wenn ich das nicht mache?

HOFFMANN-POEPPEL | Dann hat die Finanzverwaltung die Möglichkeit, im Rahmen einer Betriebsprüfung Einnahmen hinzu zu schätzen. Das können maximal zehn Prozent von den Gesamteinnahmen einer Praxis sein. Seit 2019 gibt es zudem die sogenannte Kassennachschau, bei der Betriebsprüfer erscheinen und die Kasse und die Dokumentation überprüfen kann. Stimmen die Summen nicht überein, hat man ein Problem. Dann gibt es die Zuschätzung.

Was empfehlen Sie Praxisinhabern aktuell im Umgang mit Bargeld?

HOFFMANN-POEPPEL | Bei einer offenen Ladenkasse empfehlen wir derzeit für alle Bareinnahmen eine Rechnung oder eine durchnummerierte Quittung zu erstellen. Zusätzlich ist es wichtig, täglich Zählprotokolle bzw. Kassenberichte zu führen. Wer schon eine elektronische Kasse führt, muss die Vorschrift zur Belegabgabe einhalten. Sprich, Praxisinhaber müssen jedem Patienten einen Beleg über die Barzahlung in die Hand drücken. Wer eine Rechnung ausstellt, erfüllt diese Pflicht. Übrigens: Eine Kasse gilt auch dann als elektronisch, wenn über das Handy oder Tablet eine Schublade angesteuert wird.

Würden Sie Praxisinhabern den Umstieg auf eine elektronische Kasse empfehlen?

HOFFMANN-POEPPEL | In Therapiepraxen wird es vermutlich noch ganz lange eine offene Ladenkasse geben. Es gibt derzeit keine Verpflichtung zur Nutzung von elektronischen Kassen und die Einführung sollte gut durchdacht werden. Denn der Aufwand mit einer offenen Ladenkasse ist für die meisten Praxisinhaber deutlich geringer. Ist die elektronische Kasse da, müssen auch alle gesetzlichen Vorgaben, die es dazu gibt, erfüllt werden.

Frau Hoffmann-Poeppel, vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch mit Frau Hoffmann-Poeppel führte Ralf Buchner

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Gesine Labsch
13.01.2020 13:45

Verstehen kann ich den ganzen Aufwand mit der Aufzeichnungspflicht nicht.Ich… Weiterlesen »

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