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Videotherapie im Scheinwerferlicht

Interview mit Astrid Brunnbauer
Im Moment behandelt Astrid Brunnbauer per Videotherapie um zur Kontaktreduzierung beizutragen, Krankheitsfälle und Quarantäne auszugleichen und nicht zuletzt, weil sie es für eine wirksame Möglichkeit hält, die Kontinuität im Behandlungsprozess aufrecht zu erhalten.
© Astrid Brunnbauer

Welchen Patienten bieten Sie Videotherapie an?

Eigentlich allen. Und wir überlegen dann zusammen, wie und ob sie im Einzelfall möglich ist.

Wie reagieren Ihre Patienten darauf?

Die meisten sind aufgeschlossen, einige skeptisch, aber viele lassen sich auf einen Versuch ein. Die Rückmeldungen nach den ersten Versuchen waren überwiegend sehr positiv.

Wie organisieren Sie Videotherapie und wie läuft sie bei Ihnen ab?

Ich stecke sehr viel Zeit in die Vorbereitung der Einheiten. Individuelle Ziele werden festgelegt, und dann wird überlegt, wie sie virtuell erreicht werden können. Da ich viele Kinder im Vorschulalter behandle, ist mir besonders wichtig, dass die Videotherapie positiv und vergnüglich erlebt wird. Ich habe mir einen Fundus an Spielen ausgedacht, die wir über den Bildschirm gut spielen können und verschicke passende Arbeitsblätter und Arbeitsanweisungen per E-Mail.

Zur Behandlung bin ich immer in der Praxis. Die Einheiten plane ich im Stundentakt, dazwischen ist kurz Zeit für Vor- und Nachbereitung. Arbeitsmaterialien liegen griffbereit neben mir. Um meine Stimme zu schonen, arbeite ich mit Headset und trinke viel Wasser.

Welche Vorteile sehen Sie?

In der Pandemie: Aufrechterhaltung therapeutischer Prozesse, wenn Präsenz nicht möglich ist. Grundsätzlich: Reduzierung von Ausfällen, ortsunabhängiges Therapieangebot, teilweise Einsparung von Fahrten, zum Beispiel für reine Beratungssitzungen.

Welche Herausforderungen und Grenzen gibt es?

Konzentration und dauernde Präsenz sind für beide Seiten unerlässlich. Ebenso ist in Behandlungen mit kleinen Kindern die Assistenz der Eltern nötig. Außerdem können sich bei längeren Behandlungsphasen auch Routinen einstellen, und es kann langweilig werden. Bestimmte Gruppen haben weniger Zugang zu diesem Angebot. Besuche in Einrichtungen sind meiner Meinung nach dadurch kaum zu ersetzen.

Wie sehen Ihre ganz persönlichen Erfolge mit Videotherapie aus?

Ich bin sehr zufrieden mit meinen bisher gesammelten Erfahrungen. Besonders freuen mich Behandlungen, die ich online begonnen und letztendlich mit einem Präsenztermin abgeschlossen habe. Bei vielen Behandlungen können Fortschritte erreicht werden. Mich hat sehr gefreut, wie positiv vor allem die Kinder auf dieses Angebot reagieren und dass mich die Eltern so toll unterstützen.

Ihr Fazit?

Der Mut, sich einer neuen Herausforderung zu stellen, hat sich auf jeden Fall gelohnt.

Nun überprüft der G-BA die Heilmittel-Richtlinie. Was meinen Sie, gehört Videotherapie in die Regelversorgung?

Absolut!

Wann, bei welchen Indikationen eignet sich aus Ihrer Sicht Videotherapie?

Wenn die Behandlung mit ihren Inhalten gut digital vermittelt werden kann, eine Effektivität messbar ist und die notwendige Grundkonzentration und die Motivation zur Behandlung per Videotherapie vorhanden sind. Auf einzelne Störungsbilder möchte ich mich nicht festlegen.

Wie steht es mit der telefonischen Beratung? Sollte sie in Zukunft auch abgerechnet werden dürfen?

Sie hat ebenfalls ihren Sinn und ihre Berechtigung. Eine Abrechnung sollte möglich sein. Natürlich! Ich sehe sie als nützliche Ergänzung.

 

Astrid Brunnbauer | Logopädin & Praxisinhaberin von Logopädie Astrid Brunnbauer, Regensburg

 

 

Bieten Sie auch Videotherapie an?

Kürzlich wurden viele der Sonderregelungen für den Heilmittelbereich aufgrund der Covid-19-Pandemie verlängert. Das gilt auch für die Videotherapie, die zunächst bis Ende Juni 2020 möglich war, dann vorübergehend pausierte und seit November wieder erlaubt ist. Seit dem 16. September 2021 steht fest: Zunächst bis zum 31. Dezember 2021 ist Videotherapie weiterhin möglich.

Für Heilmittelerbringer bietet sich daher immer noch eine wunderbare Gelegenheit, Videotherapie zu testen und sich darüber eine Meinung zu bilden. Insbesondere weil der G-BA beschlossen hat, die Heilmittel-Richtlinie dahingehend zu überprüfen, ob und in welchen Fällen Videotherapie in die Regelversorgung aufgenommen wird. Im Oktober 2021 soll die Beschlussfassung dazu erfolgen. Nutzen Sie die Chance, probieren Sie es aus und finden Sie heraus, welche Vorteile Videotherapie für Ihre Praxis mit sich bringt und wie sie Ihr bestehendes Therapie-Angebot ergänzt – oder auch nicht.

Ihre Meinung zählt: Wir bieten Ihnen an dieser Stelle das Forum für Austausch und Diskussion. Viele Ihrer Kollegen sind unserem Aufruf gefolgt und haben in den letzten Monaten von ihren Erfahrungen berichtet. Wenn auch Sie sich äußern möchten, schreiben Sie uns eine Mail an redaktion@up-aktuell.de. Denn wir möchten hören, was Sie zu sagen haben!

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