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Videotherapie im Scheinwerferlicht

Interview mit Jennifer Wodicka
Die Gesundheit steht bei Jennifer Wodicka absolut im Fokus. Fällt sie aus, finden keine Therapien statt. Also muss sie sich selbst schützen, um anderen weiterhin helfen zu können. Es macht ihr viel Spaß, neue Therapiemöglichkeiten zu entdecken. Besonders bei Kindern erweitere das ihre Expertise. Sich per Video zu sehen, sei für beide Seiten sehr effizient. Lange Anfahrten oder Parkplatzsuche entfallen.
© Jennifer Wodicka

Welchen Patienten bieten Sie Videotherapie an?

Allen, außer Klienten mit Schluckstörungen, da diese nicht per Videotherapie behandelt werden dürfen.

Wie reagieren Ihre Patienten darauf?

Überwiegend positiv. Allerdings musste ich meine „Strategie“ anpassen: Ich habe festgestellt, dass mehr Erläuterungen und Durchführungsbeispiele nötig sind. Seitdem ist die Resonanz viel besser.

Wie organisieren Sie Videotherapie und wie läuft sie bei Ihnen ab?

Fast so wie die Face-to-Face Therapien. Ich therapiere maximal drei Klienten nacheinander und arbeite grundsätzlich mit zwei Kameras – eine zeigt mich, die andere das Material oder Spiel. Videotherapie findet bei Erwachsenen an meinem Therapietisch statt, bei Kindern im Kindertherapieraum auf dem Boden. So sind ebenfalls therapeutische Spiele wie Kaufladen, Bauernhof oder Basteln und Malen möglich.

Welche Vorteile sehen Sie?

Ich kann auch von zuhause aus arbeiten. Außerdem können Klienten sogar mit einem leichten Schnupfen therapiert werden. Es gibt weniger Terminabsagen, und es gibt eine Alternative zu einer Ausfallrechnung.

Welche Herausforderungen und Grenzen gibt es?

Wenn der Klient einfach den Raum verlässt. Besonders bei Kindern kommt das manchmal vor. Und wenn die Internetverbindung schlecht ist, wird die Therapie zeitweise unterbrochen.

Wie sehen Ihre persönlichen Erfolge mit Videotherapie aus?

Für mich liegt der Erfolg in der digitalen Umsetzung von Face-to-Face Methoden. Zum Beispiel bei der Behandlung eines Jungen, der seinen Wohnsitz in China hat. Da vor Ort kein deutschsprachiger Logopäde zur Verfügung stand, kamen die Eltern auf mich zu.

Ihr Fazit?

Videotherapie ist effizient, abwechslungsreich, bereichernd und gehört in eine moderne Gesundheitsversorgung.

Nun überprüft der G-BA die Heilmittel-Richtlinie. Was meinen Sie, gehört Videotherapie in die Regelversorgung?

Dazu sage ich ganz klar Ja!

Bei welchen Indikationen eignet sich aus Ihrer Sicht Videotherapie?

Bei Kindern können Aussprachestörungen, Wortschatz, viszerales Schluckmuster, Stottern und Stimmprobleme sehr gut via Videotherapie versorgt werden. Bei Erwachsenen gelingt es gut bei Stimmproblemen, Aphasie und Dysarthrophonie. Im Einzelfall wäre sogar Dysphagie möglich.

Ich würde eine Videotherapie anbieten, wenn Klienten in ihrer Umgebung keinen Therapieplatz erhalten, erkrankt sind oder die Praxis aufgrund eingeschränkter Mobilität nicht aufsuchen können. Kinder und Jugendliche könnten gegebenenfalls in Kindergärten und Schulen per Videotherapie versorgt werden, etwa wenn Eltern Termine erst ab 18:00 Uhr wahrnehmen können.

Wie steht es mit der telefonischen Beratung? Sollte sie künftig auch abgerechnet werden dürfen?

Ich persönlich berate sehr viel am Telefon, zum Beispiel Kindergärten, Schulen, aber auch Angehörige und Institutionen. Das wird mir bisher nicht vergütet, obwohl es zur Integration von Therapie-Inhalten und somit zur Qualität und Nachhaltigkeit einer Therapie beiträgt. Eine Vergütung wäre also angebracht.

Jennifer Wodicka | Logopädin B.Sc., Praxis Klipp & Klar Logopädie, Schwaigern

Bieten Sie auch Videotherapie an?

Kürzlich wurden viele der Sonderregelungen für den Heilmittelbereich aufgrund der Covid-19-Pandemie verlängert. Das gilt auch für die Videotherapie, die zunächst bis Ende Juni 2020 möglich war, dann vorübergehend pausierte und seit November wieder erlaubt ist. Seit dem 16. September 2021 steht fest: Zunächst bis zum 31. Dezember 2021 ist Videotherapie weiterhin möglich.

Für Heilmittelerbringer bietet sich daher immer noch eine wunderbare Gelegenheit, Videotherapie zu testen und sich darüber eine Meinung zu bilden. Insbesondere weil der G-BA beschlossen hat, die Heilmittel-Richtlinie dahingehend zu überprüfen, ob und in welchen Fällen Videotherapie in die Regelversorgung aufgenommen wird. Im Oktober 2021 soll die Beschlussfassung dazu erfolgen. Nutzen Sie die Chance, probieren Sie es aus und finden Sie heraus, welche Vorteile Videotherapie für Ihre Praxis mit sich bringt und wie sie Ihr bestehendes Therapie-Angebot ergänzt – oder auch nicht.

Ihre Meinung zählt: Wir bieten Ihnen an dieser Stelle das Forum für Austausch und Diskussion. Viele Ihrer Kollegen sind unserem Aufruf gefolgt und haben in den letzten Monaten von ihren Erfahrungen berichtet. Wenn auch Sie sich äußern möchten, schreiben Sie uns eine Mail an redaktion@up-aktuell.de. Denn wir möchten hören, was Sie zu sagen haben!

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