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Szenario: Therapiehund kann zum Streitfall werden

Ergotherapeutin musste Betriebsprüfer von der beruflichen Notwendigkeit des Hundes überzeugen
Szenario: Susanne Stein ist Ergotherapeutin und hat sich auf die Therapie von Kindern spezialisiert. Für ihre Behandlungen kaufte sie sich einen Hund und ließ diesen zum Therapiehund ausbilden. Für die Ausbildung entstanden Kosten in Höhe von 2.500 Euro. Da sie den Hund täglich mit in die Praxis nimmt und er direkt oder indirekt an nahezu allen Therapien des Tages beteiligt ist, hat sie die Kosten für die Anschaffung, Hundefutter, Tierarztbesuche, die Ausbildung und Ausstattung steuerlich abgesetzt.
© gpointstudio

Diese Geschichte ist fiktiv, könnte aber genauso passieren. Sie dient als Beispiel, um eine Problematik zu illustrieren, die Therapeuten so oder ähnlich begegnen könnte:

Ein Hund ist ein Lebewesen, oft ein Familienmitglied und wird von Kind und Kegel geliebt. Er kann aber auch ein ausgebildeter Therapiehund sein und besonders Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen helfen, verschiedene Beschwerden, Traumata oder Störungen zu lindern. Dann stellt sich dem Finanzamt oft die Frage: Wird der Hund privat oder beruflich genutzt? Was absurd klingt, ist steuerrechtlich aber ganz normal. Wir zeigen anhand der fiktiven Ergotherapeutin Susanne Stein, welche Probleme mit dem Finanzamt entstehen können und wie man sie löst.

Therapiehund: Privatsache oder Betriebseigentum?

Natürlich muss der Hund nach Feierabend nicht in der Praxis bleiben. Er ist selbstverständlich auch Teil der Familie. Das wurde Susanne Stein bei der Betriebsprüfung zum Verhängnis. Der Prüfer bat sie zu einem Gespräch, da er anzweifelte, dass der Hund mindestens 50 Prozent der Zeit beruflich zum Einsatz käme. Er meinte, das Tier sei eher Privatsache als beruflicher Therapiehund.

Hintergrund: Es gibt zwei Urteile aus dem Jahr 2019, in denen gegensätzlich entschieden wurde. Diese bezogen sich zwar auf Lehrerinnen, die ihre ausgebildeten Hunde mit in die Schule nahmen. Die Urteile lassen sich aber auch auf Therapeuten übertragen. Am Ende entschied der Bundesfinanzhof.

  1. In Rheinland-Pfalz schätzte eine Lehrerin den beruflichen Anteil ihres speziell ausgebildeten Hundes auf 50 Prozent. Das führte dazu, dass sie die Hälfte der laufenden Hundekosten als Werbungskosten beim Finanzamt geltend machen wollte. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz lehnte dies ab und sah den Hund als Privatsache an. Da es keine dienstliche Verpflichtung gäbe, den Hund beruflich einzusetzen und ihr die private Nutzung des Tieres nicht untersagt sei, könne sie die Kosten nicht steuerlich geltend machen. (5 K 2345/15)
  2. Das Finanzgericht Münster entschied anders: Eine Lehrerin setzte ihren „Schulhund“ im Unterricht und in den Pausen ein. Die Richter urteilten, dass damit der berufliche Einsatz des Hundes objektiv feststellbar sei und die Lehrerin somit 50 Prozent der Kosten beim Finanzamt geltend machen könnte. (Az. 10 K 2852/18 E)
  3. Im Fall aus Münster ging das Finanzamt in Revision, sodass der Bundesfinanzhof entscheiden musste. Die Kosten für Futter, Tierarztbesuche, Anschaffung und Ausstattung können dem Gericht zufolge zu 50 Prozent als Werbungskosten steuerlich abgesetzt werden, wenn der ausgebildete Hund an den fünf Arbeitstagen beruflich eingesetzt wird und dies nachgewiesen werden kann. Die Kosten für die Ausbildung zum Therapiehund dürfen jedoch in vollem Umfang steuerlich geltend gemacht werden, da diese spezielle Ausbildung nur für den beruflichen Einsatz bestimmt sei und keiner privaten Nutzung diene (VI R 15/19).

Gespräch mit dem Prüfer suchen

Susanne setze sich also mit dem Prüfer und ihrem Steuerberater zusammen und versuchte anhand ihres Terminkalenders und Therapiekonzepten zu belegen, dass der Hund als Therapiehund an fünf Tagen der Woche in der Praxis Kindern bei der Behandlung zur Seite stehe. Sie erklärte, wie eine tiergestützte Therapie abläuft und welche Rolle der Hund dabei spielt. Am Ende konnte sie sich mit dem Prüfer darauf einigen, dass die Anschaffungskosten des Hundes, sowie Ausstattung, Tierarztkosten etc. zu 50 Prozent, die Ausbildungskosten jedoch in voller Höhe steuerlich geltend gemacht werden können.

Achtung: Probleme mit dem Finanzamt kann es auch geben, wenn das Tier beispielsweise alt wird oder sich einer schweren Operation unterziehen muss und dadurch die Tierarztkosten in die Höhe schnellen. Ist der Hund trotzdem weiterhin als Therapiehund tätig, können die Kosten für die Behandlungen in der Regel anteilig steuerlich abgesetzt werden.

Fazit: Berufliche Nutzung belegen können

Ob Dienstwagen, Therapiehund oder das Tablet – wer Geräte oder andere Objekte sowohl beruflich als auch privat nutzt, sollte immer nachweisen können, dass der berufliche Bezug bei mindestens 50 Prozent liegt. Nur dann können Unstimmigkeiten mit dem Finanzamt konfliktfrei aus dem Weg geräumt oder Kompromisse gefunden werden.

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