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„Man sollte kooperativ sein und guten Willen zeigen bei der Sachverhaltsermittlung, aber in der rechtlichen Würdigung streng“

Interview mit Steuerberaterin Anette Hoffmann-Poeppel zu Ablauf und Fallstricke einer Betriebsprüfung
Lohnsteuernachschau, Außen- und Sonderprüfungen und vieles mehr – natürlich sollte jeder Unternehmer, ob klein oder groß, sich grob mit Betriebswirtschaft auskennen. Aber für die täglichen Kniffe, Rechte und Pflichten gibt es Experten, wie Steuerberater. Wir haben daher mit Anette Hoffmann-Poeppel, Steuerberaterin und Fachberaterin für das Gesundheitswesen DStV e.V., darüber gesprochen, was bei einer Betriebsprüfung überhaupt genau passiert.
© Stingl-Scheinpflug-Bernert

Frau Hoffmann-Poeppel, wie erfahre ich davon, dass das Finanzamt eine Betriebsprüfung durchführen möchte?

HOFFMANN-POEPPEL: Eine Betriebsprüfung wird angeordnet. Das ist ein richtig formaler Verwaltungsakt. In der Regel rufen die Prüfer vor einer solchen Prüfung beim Steuerberater oder bei dem Mandanten selbst an und vereinbaren einen Termin. Zwei Wochen vor dem Termin muss die Betriebsprüfungsanordnung schriftlich vorliegen. Diese sollten Steuerberater bzw. Mandant unbedingt vorab prüfen.

Warum? Was kann aus einer fehlerhaften Anordnung resultieren?

HOFFMANN-POEPPEL: Es kommt zum Beispiel vor, dass die Jahre, die geprüft werden sollen, bereits verjährt sind. Dann dürfte das Finanzamt diesen Zeitraum nicht mehr prüfen bzw. die Ergebnisse nicht verwerten. All diese formellen Dinge sollten einmal überprüft werden. Ist die Prüfungsanordnung falsch ausgestellt, gibt es ein Verwertungsverbot. Das heißt: Das, was der Prüfer dann feststellt, darf er nicht nutzen.

Aber wenn Therapeuten oder die Steuerberater die Anordnung des Prüfers direkt auseinandernehmen, schickt der Prüfer eine korrigierte Version. Es ist also mit dem Steuerberater gemeinsam genau zu überlegen, wie man sich in diesen Fällen strategisch verhält.

Welche Unterlagen muss ich bei einer Prüfung bereithalten?

HOFFMANN-POEPPEL: Das kommt ein wenig darauf an, was geprüft wird. Grundsätzlich müssen Sie alle Unterlagen des Zeitraumes vorlegen können, der geprüft werden soll. Wenn in der Prüfungsanordnung steht, es geht um die Jahre 2015 bis 2018, dann müssen aus diesen Jahren alle Unterlagen vorliegen (mehr dazu hier).

Es gibt zu der Betriebsprüfungsanordnung immer einen Fragebogen, der zum Beispiel abfragt, was für eine EDV in der Praxis verwendet wird, und ob es Verfahrensdokumentationen, also z. B. Arbeitsanweisungen gibt. Dabei geht es darum, wie Rechnungen geschrieben werden oder die Kasse geführt wird. Die Dokumentation von Verfahrensabläufen wird in Zukunft bei Betriebsprüfungen ein großes Thema sein. Dadurch soll noch mehr ein internes Kontrollsystem von allen für steuerliche Sachverhalte entstehen – gerade auch bei kleineren Betrieben wie Praxen. Im Grunde geht es dabei um eine Art Checkliste, die ein wenig ausformuliert ist. Auch hierbei kann ein Steuerberater natürlich helfen. Wichtig ist, dass die Prüfer sehen: Der Steuerpflichtige organisiert seinen Betrieb so, dass möglichst keine Fehler bei der Ermittlung der Steuer passieren.

Wo findet die Betriebsprüfung schließlich statt?

HOFFMANN-POEPPEL: Das kommt darauf an. Sind alle Unterlagen beim Steuerberater, kann in den Räumlichkeiten der Kanzlei geprüft werden. Auch eine Prüfung in der Praxis ist möglich, seit der Corona-Pandemie finden die Kontrollen auch immer öfter im Amt statt. Was aber in der Regel vorkommt, ist eine Praxisbesichtigung. Bei der Besichtigung muss auch der Steuerpflichtige anwesend sein.

Zu Beginn der Prüfung ist es ebenfalls ratsam, dass der Praxisinhaber sich dem Prüfer einmal vorstellt. Steuerberater bereiten ihre Mandanten dann auch darauf vor, wie sie sich am besten verhalten sollen.

Warum kommen die Prüfer in die Praxis? Was hat das für einen Grund?

HOFFMANN-POEPPEL: Sie schauen, ob sich alle angeschafften Geräte und Objekte auch wirklich in der Praxis befinden. Beispiel: Die Praxis hat eine Dachterrasse und dafür mal einen Strandkorb angeschafft. Dann möchte der Prüfer natürlich wissen, ob der Strandkorb auch auf der Terrasse der Praxis steht und nicht im heimischen Garten des Praxisinhabers. Das kann auch das iPad sein, das als Betriebsausgabe geltend gemacht wird. So etwas wird bei der Praxisbegehung kontrolliert. Solche Sachverhalte kommen auch bei Therapeuten häufiger vor.

Kann es heikle Momente geben während einer Prüfung?

HOFFMANN-POEPPEL: Wenn der Prüfer in der Praxis seine Prüfung vornimmt, kann er direkt Fragen stellen an den Praxisinhaber und Mitarbeiter. Die Mitarbeiter sollten generell keine Antworten zu Sachverhalten außer „Small Talk“ geben und an den Praxisinhaber verweisen, z. B. in dem Fall, wenn der Prüfer fragt: „Wie macht denn Ihr Chef die Kassenführung. Auch die Praxisinhaber selbst müssen nicht alle Fragen des Prüfers direkt beantworten, wenn sie unsicher sind. Sie dürfen den Prüfer bitten, seine Frage schriftlich zu stellen. Dann können sie in Ruhe nachsehen, antworten und sich mit Ihrem Steuerberater/in besprechen.

Das Gespräch führe Katharina Münster.

Was nach einer Betriebsprüfung geschieht, lesen Sie hier.

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