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Auswirkungen der bundeseinheitlichen Höchstpreise - Themenschwerpunkt im Magazin 8 2019

Kommunikation mit Patienten

Selbstbewusst neue Preise vertreten
© iStock: shapecharge

Die gestiegenen Preise gehen auch gleichzeitig mit zunehmenden Kosten für die Patienten einher. GKV-Patienten werden höhere Zuzahlungen leisten, Beihilfe-Patienten einen größeren Eigenanteil in Kauf nehmen müssen. Auch bei den PKV-Patienten werden sich einige Versicherer möglicherweise zunächst weigern, die vollen Behandlungskosten zu übernehmen. Lassen Sie sich davon nicht beeindrucken. Die neuen Honorare waren längst überfällig und sind immer noch nicht hoch genug. Sie dienen dazu, sicherzustellen, dass es auch morgen noch Therapeuten geben wird, die die Patienten behandeln können und sind keinesfalls ein Grund, in Dankbarkeit zu versinken oder sich gar zu entschuldigen.

GKV- Patienten: Keine Diskussion um Zuzahlungen

Mit den gestiegenen Höchstpreisen erhöht sich auch die Zuzahlung, die die GKV-Patienten leisten. Je nach Bundesland, Krankenkasse und Leistung kann sich der Eigenanteil deutlich steigern, bei anderen verändert sich der Betrag nur geringfügig. Auf jeden Fall sollten Sie sich darauf einstellen, dass Patienten Sie und das Praxisteam darauf ansprechen und die erhöhte Zuzahlung vielleicht nicht leisten wollen. Überlegen Sie, wie Sie in der Praxis damit umgehen und instruieren Sie Ihr Team entsprechend, damit alle einheitliche Auskünfte erteilen.

Kommunikationsstrategie festlegen

Wenn sich Patienten über die Zuzahlung bzw. deren Erhöhung beschweren, …

  • entschuldigen Sie sich nicht für die neuen Preise. Die sind mehr als gerechtfertigt.
  • erklären Sie, dass Zuzahlungen an die Krankenkassen fließen und die Praxis das Geld nur für die Kassen einsammelt.
  • positionieren Sie sich gegen Zuzahlungen. Denn diese bedeuten für die Praxis nur zusätzlichen Aufwand, ohne dass Sie selbst in irgendeiner Weise davon profitieren.
  • verweisen Sie Patienten an ihre Krankenkasse. Diese sind bei Beschwerden über Zuzahlungen die richtigen Ansprechpartner.

Praxis verliert nichts, wenn Patienten nicht zahlen

Am Ende ist es auch nicht Aufgabe der Praxis, die Zuzahlung für die Krankenkassen um jeden Preis einzuziehen. Sie fordern die Patienten mündlich dazu auf, dann noch einmal schriftlich, dokumentieren das und stellen den Krankenkassen den Zuzahlungsbetrag in Rechnung, wenn die Patienten nicht zahlen. Dann ist es Aufgabe der Krankenkassen, den Betrag von den Patienten einzuziehen (§ 43c SGB V).

An Ausfallhonorare denken

Ausfallhonorare stehen Praxen nach § 615 BGB zu, wenn Patienten zu einem Termin nicht erscheinen oder so kurzfristig absagen, dass der Termin nicht mehr anderweitig vergeben werden kann. Vom Patienten kann die Praxis in einem solchen Fall die Vergütung verlangen, die die Krankenkasse ansonsten für die erbrachte Leistung bezahlt hätte bzw. die im privaten Behandlungsvertrag vereinbart ist. Mit den erhöhten Preisen steigt in diesem Fall also auch das Ausfallhonorar. Anders ist es, wenn Praxen als Ausfallhonorar nicht die vollen Behandlungskosten, sondern eine geringere Pauschale nehmen.

Mit den gestiegenen Preisen gilt es nun das Thema Ausfallhonorar neu zu bedenken und die Pauschale ggf. ebenfalls zu erhöhen. Überlegen Sie in diesem Fall, wie hoch sie sein muss, um trotzdem ihre erzieherische Wirkung zu entfalten. Denn der Sinn dahinter ist ja auch, Patienten dazu zu bewegen, ihre Termine wahrzunehmen oder zumindest rechtzeitig abzusagen.

Tipp: Überprüfen Sie Ihr Informationsmaterial für die Patienten zum Thema Ausfallhonorar. Möglicherweise sind an der ein oder anderen Stelle Aktualisierungen erforderlich.

Beihilfe-Patienten: Eigenanteil ist politisch gewollt

„Die Beihilfe ergänzt lediglich die zumutbare Eigenvorsorge“, so steht es sogar auf der Website des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Und damit ist eigentlich alles gesagt. Auch wenn viele Patienten die Beihilfe als Vollversicherung betrachten, ist dies nicht so. Es ist ausdrücklich politisch gewollt, dass Patienten einen Eigenanteil übernehmen – wie es die GKV-Patienten durch die Zuzahlung auch tun.  Damit will die Politik signalisieren, dass Beihilfepatienten nicht besser gestellt sein sollen als GKV-Patienten.

Die Vorgaben der Beihilfe sind also für Therapeuten rechtlich irrelevant – heißt, es hält Sie nichts davon ab, Ihre Preise nach billigem Ermessen zu gestalten, ohne sich dabei an die vorgegebenen „Höchstbeträge für beihilfefähige Aufwendungen“ als vermeintliche Preisliste zu halten.

Stehen Sie also zu Ihren Preisen, auch wenn das bei manch einem beihilfeberechtigten Patienten auf Unverständnis stößt. Schließlich ist es Ihre Aufgabe, für die Patienten eine Leistung zu erbringen, die auch therapeutisch sinnvoll ist. Gleichzeitig muss diese aber auch wirtschaftlich vertretbar sein. Das schulden Sie nicht nur sich selbst, sondern auch Ihren Mitarbeitern. Wenn die Patienten damit nicht einverstanden sind, müssen Sie sich bei ihrem jeweiligen Beihilfeträger beschweren, nicht bei Ihnen.

Sie können die Patienten in diesem Zusammenhang auch nochmals darauf hinweisen, dass sich die Beihilfesätze von Bund und Ländern unterscheiden. Sie als Praxisinhaber wissen weder, welcher Beihilfesatz nun bei welchem Patienten gilt, noch können Sie für jeden unterschiedliche Preise festlegen.

Preisuntergrenze für Beihilfeversicherte festlegen

Überhaupt keinen Sinn macht es, wenn Beihilfe-Patienten durch die neuen Preise plötzlich weniger zahlen als die GKV-Patienten. Das verhindern Sie, in dem Sie eine Preisuntergrenze für Beihilfe-Patienten festlegen und zwar so:

Bundesbeihilfesatz + 11 Prozent = Niedrigster Privatpreis

Dann entspricht der Eigenanteil des Beihilfeberechtigten in etwa dem Anteil der Zuzahlung eines GKV-Patienten.

PKV-Patienten: Privatpreise unbedingt anpassen

Die neuen GKV-Preise gelten verbindlich für alle gesetzlich Versicherten ab dem 1. Juli 2019. Bei den Privatpreisen müssen die Praxisinhaber selbst aktiv werden und diese anpassen, denn schließlich gibt es keine gesetzlichen oder berufsständischen Vorgaben für die Gestaltung von Privatpreisen. Orientierung bietet die Gebührenübersicht für Therapeuten (GebüTh). Sie wird aktuell überarbeitet und ab August 2019 mit den neuen GKV-Höchstpreisen zur Verfügung stehen. Als neue Elemente kommen eine Preisuntergrenze für Beihilfeversicherte sowie Mengenrabatte für chronisch Kranke hinzu.

Als Basissatz für die Kalkulation von Privatpreisen greift die GebüTh auf die GKV-Preise zurück. Hinzu kommt ein Steigerungsfaktor, der dann die tatsächliche Höhe der Privatpreise festlegt. Dabei liegt der niedrigste Multiplikator bei 1,4, der normale bei 1,8 und die obere Grenze bei 2,3-fach. Welchen Faktor sie wählen, können Praxisinhaber nach billigem Ermessen bestimmen. Die GebüTh simuliert dabei, was Patienten etwa von der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) kennen. Wer die neuen GKV-Preise als Grundlage für seine Privatpreise heranzieht, sorgt automatisch für eine entsprechende Erhöhung.

Neue Preismodelle integrieren

Bei der Gestaltung von Privatpreisen kommen zudem alternative Modelle in Frage:

  • Minutenpreise als Berechnungsgrundlage:

Warum die Leistungsbeschreibungen der GKV kopieren? Viele Praxen setzen bei Privatpatienten daher den Preis für Therapie anhand der Behandlungszeit an, Minutenpreise als Berechnungsgrundlage helfen. Dafür kalkulieren Sie den Preis pro Minute und multiplizieren diesen mit der Behandlungsdauer in Minuten:

Minutenpreis x Dauer (in Min.)

Die Höhe des Minutenpreises variiert natürlich nach denselben Kriterien wie bei den Steigerungsfaktoren, etwa je nach Qualifikation oder Erfahrung des Behandlers. Die unterschiedlichen Minutenpreiskorridore sind ebenfalls in der Neuauflage der GebüTh dokumentiert.

  • Staffelpreise

Werden Leistungen in größerem Umfang (z.B. ab 50 Behandlungen) von chronischen Kranken und Therapiekindern in Anspruch genommen, können Sie individuell einen Preisnachlass gewähren, etwa indem Sie einen geringeren Minutenpreis oder einen geringeren Steigerungsfaktor vereinbaren. Das kommt zum Beispiel dann in Frage, wenn klar ist, dass eine Behandlung über einen längeren Zeitraum erforderlich sein wird. Denken wir zum Beispiel an einen Patienten mit Schlaganfall, der für mindestens ein halbes Jahr täglich Therapie benötigt. Da kommt mit der Zeit einiges an Eigenbeteiligung zusammen. Viele Praxisinhaber möchten diese Patienten gern mit einem Rabatt entlasten.

Staffelpreise bieten zudem den Vorteil, dass Sie das sonstige Preismodell für Privatpreise unberührt lassen. Sprich: Wer bei der Kalkulation seiner Privatpreise Patienten mit intensivem und langfristigem Heilmittelbedarf im Hinterkopf hat, wird die Preise niedriger ansetzen als jemand, der von einer kurzen Behandlungsdauer ausgeht. Mit Staffelpreisen können Sie die Kosten für chronisch Kranke senken und gleichzeitig die normalen Privatpreise auf einem angemessenen Niveau halten.

Höhere Preise selbstbewusst kommunizieren

Es ist zu erwarten, dass die PKVen bei höheren Preisen in den vielen Fällen nicht alle Kosten erstatten werden. Eine Referenzierung auf die GebüTH hilft allerdings oftmals, weil das Preismodell der Praxis so für die Versicherungen nachvollziehbar wird. Sollten sich Privatpatienten dann bei Ihnen beschweren, bleiben Sie selbstbewusst und erklären, warum diese Preise angemessen sind.

Sie können Privatpatienten über gestiegene Preise informieren, sollten sich aber nicht dafür entschuldigen. Verwenden Sie dabei nicht den Begriff „erhöht“, sprechen Sie lieber von „angepasst“. Und erwecken Sie nicht den Eindruck, dass diese Preise eine Verhandlungsbasis darstellen. Sie sind fix. Sie sind gerechtfertigt. Punkt. Manche Privatpatienten argumentieren – instruiert von ihrer PKV – mit den Beihilfesätzen. Klären Sie sie dann darüber auf, dass die Beihilfe keineswegs eine Preisliste für Privatpreise darstellt.

Wenn sich die Versicherung eines Patienten weigert, die vollen Behandlungskosten zu erstatten, bieten Sie ihm den Service der „roten Karte“ an (s. Kasten). Damit bekommt er mit seinem Anliegen konkrete Hilfe und Sie verlagern gleichzeitig die Diskussion aus der Praxis. Im Fokus der Aufmerksamkeit sind dann nicht länger Ihre Preise, sondern das Absetzungsverhalten der Versicherung. Und so soll es auch sein!

Rote Karte

up|plus-Kunden können den Service der „roten Karte“ ohne zusätzliche Kosten nutzen, wenn Privatpatienten Probleme mit ihrer Versicherung haben, weil diese die Behandlungskosten nicht komplett übernimmt. Praxisinhaber übergeben den Patienten dann einfach die „rote Karte“. Damit können diese kostenfrei unseren Prüfservice nutzen.

Mehr dazu finden Sie auf www.privatpreise.de

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