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Bundestag verabschiedet Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) – Das kommt auf die Heilmittelpraxen zu

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) sollte ursprünglich vor allem die Terminvergabe in Arztpraxen vereinfacht und beschleunigt werden. Inzwischen hat sich das TSVG zu einem „Omnibusgesetz“ entwickelt, einem Gesetzesmantel, in dem sehr unterschiedliche Sachverhalte geregelt werden – so auch wesentliche Änderungen für die Versorgung von GKV-Versicherten mit Heilmitteln. In diesem Themenschwerpunkt nehmen wir das TSVG genau unter die Lupe und stellen Ihnen die bevorstehenden Änderungen vor.

Therapiepraxen, die an der GKV-Versorgung teilnehmen, sollen zukünftig mehr Geld für ihre Leistung erhalten. Dazu werden die Preise für alle Heilmittel-Leistungen auf dem bundesweit höchsten Niveau angeglichen. Gleichzeitig wird die bisher befristete Entkoppelung der GKV-Honorarentwicklung von der Grundlohnsumme jetzt dauerhaft im Gesetz verankert. Die Zulassungsbedingungen der Therapeuten sollen zukünftig zwischen GKV und Heilmittelverbänden verhandelt und vereinfacht werden. Außerdem werden in Zukunft die Versorgungsverträge zwischen GKV und Heilmittelverbänden nur noch auf Bundesebene abgeschlossen. Zusätzlich können auf Bundesebene zukünftig Verträge mit Diagnosen für sogenannte „Blankoverordnungen“ zwischen GKV und Heilmittelverbänden vereinbart werden. Das Genehmigungsverfahren für Verordnungen außerhalb des Regelfalls fällt weg.

Der vom TSVG vorgegebene Zeitplan ist eng und ambitioniert und setzt voraus, dass alle Heilmittelverbände effektiv und effizient zusammenarbeiten und die Krankenkassen alle notwendigen Daten rechtzeitig zur Verfügung stellen. Damit dieser Zeitplan auch wirklich eingehalten wird, hat der Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt was passiert, wenn GKV-Spitzenverband und Heilmittelverbände sich nicht einigen können und deshalb Termine nicht eingehalten werden.

30.06.2019 – Bis zu diesem Zeitpunkt muss der GKV-Spitzenverband die bundeseinheitlichen Preise veröffentlicht haben (§ 125b Abs. 2) – Das Problem sind z. B. Unterschiede auf Landesebene bei Hausbesuchen und Wegegeld. Hier wird aktuell an einer Vereinheitlichung gearbeitet, die bis Ende Juni umgesetzt sein muss. Klappt das nicht, kann das Bundesgesundheitsministerium die neuen bundeseinheitlichen Preise selbst festlegen.

01.07.2019 – Die neuen, bundeseinheitlichen Preise gelten für alle Heilmittelpraxen in Deutschland ab diesem Zeitpunkt (§ 125b Abs. 1) – Das bedeutet bessere Honorare für alle Heilmittelpraxen in Deutschland. Die Erhöhungen werden regional unterschiedlich hoch ausfallen.

31.08.2019 – Zulassung auf Landesebene: Die Landesverbände der Kranken- und Ersatzkassen müssen Arbeitsgemeinschaften zur Zulassung von Praxen bilden (§ 124 Abs. 2) – Dadurch reduziert sich der Aufwand für Leistungserbringer im Zulassungsverfahren, weil es nur noch eine Stelle gibt, an die man sich wenden muss.

15.11.2019 – GKV-Spitzenverband und maßgebliche Heilmittelverbände müssen bis zu diesem Zeitpunkt eine gemeinsame Schiedsstelle gebildet haben (§ 125 Abs. 6) – „Die Schiedsstelle setzt sich neben den Unparteiischen aus Vertretern der Krankenkassen und der Heilmittelerbringer zusammen. Um sicherzustellen, dass im Schiedsverfahren nur Vertreter des jeweiligen Leistungsbereichs in der Schiedsstelle sitzen, variiert die Besetzung auf Seiten der Heilmittelerbringer in Abhängigkeit zu dem jeweiligen Heilmittelbereich. Die unparteiischen Mitglieder sind für alle Heilmittelbereiche zuständig.“ (Auszug aus der Gesetzesbegründung)

30.06.2020 – Die seit dem 01.07.2019 geltenden bundeseinheitlichen Heilmittelpreise haben eine Mindestlaufzeit bis zu diesem Zeitpunkt. Erst jetzt könnten neue Preise in Kraft treten (§ 125b Abs. 2), immer vorausgesetzt, dass es erfolgreiche Neuverhandlungen gegeben hat.

01.07.2020 – Bundeseinheitliche Versorgungsverträge (getrennt nach Heilmittelbereichen), inkl. Preisvereinbarung müssen in Kraft treten (§ 125 Abs. 1) – „Durch die Reduzierung der bisherigen Vielzahl von Verträgen wird mehr Transparenz über das Vertragsgeschehen ermöglicht und der Aufwand für die Vertragsverhandlungen für die Verbände der Heilmittelerbringer und die Krankenkassen reduziert. Die maßgeblichen Spitzenorganisationen haben den Vertrag mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen für ihren jeweiligen Heilmittelbereich gemeinsam abzuschließen, so dass für jeden Bereich nur noch ein Vertrag besteht.“ (Auszug aus der Gesetzesbegründung)

01.10.2020 – Optional: Wenn zum 01.07.2020 keine Verträge zustande kommen oder bestimmte Punkte (z. B. Preise) nicht vereinbart wurden, muss die gemeinsame Schiedsstelle bis spätestens zu diesem Punkt eine verbindliche Entscheidung treffen (§ 125 Abs. 5)

01.11.2020 – Verträge zwischen GKV-Spitzenverband und Heilmittelverbänden zur „Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung“ (Blankoverordnung) müssen bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sein (§ 125a Abs. 1) – „Die im allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Begriff der ‚Blankoverordnung‘ bezeichnete Versorgungsform wird mit § 125a für bestimmte Indikationen in die Regelversorgung überführt. Bei dieser Versorgungsform bestimmt der Leistungserbringer selbst die Auswahl und die Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten.“ Auszug aus der Gesetzesbegründung

01.02.2021 – Optional: Wenn zum 01.11.2020 ein Vertrag zur Blankoverordnung nicht oder nur zum Teil zustande kommt, muss die gemeinsame Schiedsstelle bis spätestens zu diesem Zeitpunkt eine verbindliche Entscheidung treffen (§ 125a Abs. 3)

Den kommentierten Zeitstrahl können Sie sich als PDF-Datei hier downloaden.

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