up|unternehmen praxis

Offene Rubrik

Patientenleitlinie Long-/Post-COVID-Syndrom

Hilfe gegen ein neues Krankheitsbild
Als Therapeut leisten Sie jeden Tag einen wichtigen Beitrag zur Genesung Ihrer Patienten. Wenn Sie auch über die Therapie hinaus Akzente setzen, sorgen Sie dafür, dass dem Therapieerfolg nichts mehr im Weg steht. Denn häufig vergessen Ihre Patienten, auch außerhalb Ihrer Praxisräume an ihre Gesundheit zu denken. Hier erhalten Sie Hintergründe und Informationen, die Sie Ihren Patienten mit auf den Weg geben können.
© howtogoto

Nach einer Erkrankung an COVID-19 können neue Beschwerden auftreten, die wochen- oder sogar monatelang den Alltag der Betroffenen belasten. Je nach Dauer dieser Beschwerden klassifizieren Experten die Erkrankung als „Long-COVID“ (länger als vier Wochen nach Infektion) oder „Post-COVID“ (länger als 12 Wochen nach Infektion). Am häufigsten berichten Betroffene über Müdigkeit und schnelle Erschöpfung nach körperlicher und geistiger Anstrengung (Fatigue). Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie Kopfschmerzen sind dabei keine Seltenheit. Beide Syndrome gehen mit einer verminderten Leistungsfähigkeit einher und schränken das familiäre und berufliche Leben erheblich ein.

Noch gibt es keine aussagekräftigen Studien, die vorhersehen, welche Menschen zur Risikogruppe gehören. Erste Studien weisen jedoch darauf hin, dass vor allem Asthmatiker, an Bluthochdruck Erkrankte, Diabetiker und Übergewichtige häufiger betroffen sind. Statistisch erkranken Kinder und Jugendliche seltener als Erwachsene und Frauen öfter als Männer. Am häufigsten ist die Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen betroffen.

Die Diagnose „Post-COVID-19-Zustand, nicht näher bezeichnet“ (U09.9) ist mittlerweile als Indikation anerkannt. Verordnet der Arzt sie mit den physiotherapeutischen Diagnosegruppen WS oder AT bzw. den ergotherapeutischen Diagnosegruppen SB1, PS2 oder PS3, ist die Verordnung extrabudgetär und wird nicht in das Ausgabevolumen des Arztes hineingerechnet. So kann der Arzt von der Höchstmenge an Behandlungen je Verordnung abweichen und die Verordnung für einen Zeitraum von zwölf Wochen ausstellen Außerdem kann er die orientierende Behandlungsmenge ignorieren, die im Heilmittelkatalog zu finden ist.

Verständliche Informationen für Erkrankte

Die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hat im Sommer 2021 die ärztliche Leitlinie „S-1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVID“ veröffentlicht, um die Versorgung von Patienten mit Long-/Post-COVID-Syndrom (PCS) zu sichern. Kurz darauf haben sich Experten, Fachgesellschaften und Betroffene ehrenamtlich zusammengeschlossen, um eine sich darauf stützende Patientenleitlinie zu verfassen. Sie verfolgt das Ziel, Betroffenen einen Überblick über aktuelle Aspekte der Erkrankung zu geben und ein Ratgeber zu sein, wo Betroffene und deren Angehörige Hilfsangebote in Anspruch nehmen können. Auch Heilmitteltherapie spielt laut dem Expertenteam eine große Rolle während der Rehabilitation.

Das neue Coronavirus und die damit einhergehenden Symptome überfordern betroffene Patienten oft. Der richtige Weg in das Versorgungssystem erscheint wie eine unüberwindbare Aufgabe, da unklar ist, welche der verschiedenen Anlaufstellen zur Genesung infrage kommen. Hier können Sie als Heilmittelerbringer unterstützen. Weisen Sie Ihren Patienten auf die Leitlinie hin. So sorgen Sie dafür, dass Ihr Patient sich auch über die Therapie hinaus bei Ihnen gut aufgehoben fühlt. Die Patientenleitlinie wird ständig aktualisiert, sodass die Informationen immer auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand sind.

Heilmittel und das PCS

Das PCS-Krankheitsbild ist komplex. Bislang ist noch nicht durch Studien belegt, inwieweit das PCS selbst die Symptome hervorruft oder in welchem Maß das geschwächte Immunsystem für die Beschwerden verantwortlich ist. Der ganze Körper ist betroffen: Häufig berichten Erkrankte von Atemnot bei Belastung, Kopfschmerzen sowie Riech- und Schmeckstörungen. Depressive Verstimmungen, Angstzustände und Denkstörungen sind keine Seltenheit. Sogar auf neurologischer Ebene können Schäden entstehen, die Gefühlsstörungen, Missempfindungen, Muskelschwäche und Koordinationsstörungen hervorrufen können.

Sie als Therapeut können einige dieser Beschwerden mildern oder heilen. Mit Atemtherapie, Krankengymnastik und manueller Therapie stellen Physiotherapeuten Kraft, Ausdauer, Gehvermögen und Koordination wieder her. Ergotherapeuten verbessern die motorischen Arm- und Hand-Funktionen und ebnen den Weg in ein normales Leben, indem sie Alltagsaktivitäten und Hirnleistung trainieren. Logopäden helfen bei Problemen mit der Atmung, der Stimmgebung und Wortfindung. Wegen der Komplexität der Erkrankung ist es wichtig, dass alle Akteure im Versorgungssystem an einem Strang ziehen. Nur so ist gewährleistet, dass Sie den Patienten ganzheitlich und nicht nur auf der körperlichen Ebene helfen.

Unterstützung für die Selbsthilfe

Die Patientenleitlinie zum PCS enthält viele Informationen, die typische Fragen von Erkrankten beantworten. Der Fokus liegt darauf, Betroffene zu motivieren, sich aktiv an der eigenen Genesung zu beteiligen und den Blick nach vorne zu richten. Dazu gehören:

  • Hilfreiche Tipps, mit denen Patienten Symptome im Alltag in Eigenregie bewältigen können. Sie finden beispielsweise Antworten auf Fragen wie „Haarausfall? Und jetzt?“ und „Wie erreiche ich die Berufsgenossenschaft zum Thema“.
  • Eine Liste mit Selbsthilfegruppen in jedem Bundesland: Diese fangen nicht nur an PCS erkrankte Menschen auf, sondern behalten auch trauernde Angehörige von COVID-19-Verstorbenen oder durch die Pandemie vereinsamte Menschen im Blick.
  • Ein Wörterbuch rundet die Leitlinie ab. Hier finden Patienten in verständlicher Sprache Erklärungen zu Begriffen, die im Rahmen der Erkrankung auftauchen.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften e. V.

Über welches Thema möchten Sie schreiben? Einfach per E-Mail an uns wenden an redaktion@up-aktuell.de!

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all Kommentare
0
Wir würden gerne erfahren, was Sie meinen. Schreiben Sie einen Kommentar.x