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Indikation Hirninfarkt/Schlaganfall

Ausfüllhilfe für extrabudgetäre Verordnung
Nach einem Schlaganfall benötigen Patienten oftmals mehr Heilmittel in der ambulanten Nachsorge als nach anderen Erkrankungen. In der bundesweit geltenden Diagnoseliste langfristiger Heilmittelbedarf/besonderer Verordnungsbedarf der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ist dieser Bedarf geregelt. So wird bei einer Diagnose wie I63.3 (siehe Beispiel) die extrabudgetäre Verordnung von Ergotherapie längstens 1 Jahr nach Akutereignis möglich, ohne das ärztliche Heilmittelbudget zu belasten. Wird der Regelfall gemäß Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL) eingehalten, bevor Verordnungen außerhalb des Regelfalles ausgestellt werden, gelten sie ab der Erstverordnung (Erst-VO) als extrabudgetär. Bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen werden die Kosten aus dem Verordnungsvolumen des Vertragsarztes herausgerechnet.

Verordnung im Regelfall

In dem Beispiel erlaubt jede Verordnung bis zu 10 Einheiten. Bei einer Gesamtverordnungsmenge von bis zu 40 Einheiten sind eine Erst-VO und bei Bedarf drei Folgeverordnungen (Folge-VO) möglich. Rezidive oder neue Erkrankungsphasen können die Verordnung von Heilmitteln als erneuten Regelfall auslösen, wenn nach einer Heilmittelanwendung ein behandlungsfreies Intervall von 12 Wochen abgelaufen ist.

Verordnung außerhalb des Regelfalles

Ist der Regelfall ausgeschöpft, entscheidet der Arzt über die Fortsetzung der Therapie. Die Verordnungsmenge ist abhängig von der Behandlungsfrequenz so zu bemessen, dass mindestens eine ärztliche Untersuchung innerhalb von 12 Wochen nach der Verordnung gewährleistet ist, z. B.: 60 (Menge) / 5 (Frequenz) ≤ 12.

Medizinische Begründung, ggf. Therapiebericht

Der Bericht dient der Entscheidung über die Fortführung der Therapie, insbesondere bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles. Sie benötigen eine differenzierte medizinische Begründung in Bezug auf den Therapiebedarf des Patienten, seine Therapiefähigkeit und die Therapieprognose unter Berücksichtigung des angestrebten Therapieziels. Evidenzbasierte Empfehlungen aus Leitlinien oder Übersichtsarbeiten sollten, wenn möglich, der Begründung angefügt werden.

Indikationsschlüssel/Diagnosegruppe

Hier ist lediglich die Bezeichnung der Diagnosegruppe (EN1/EN2) anzugeben. Extrabudgetär verordnet werden können gemäß Diagnoseliste die Diagnosegruppe:

  • EN1 = ZNS-Erkrankungen […] längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres bzw.
  • EN2 = ZNS-Erkrankungen nach Vollendung des 18. Lebensjahres , z. B. Apoplex.

ICD-10-Code/Leitsymptomatik

Die Diagnoseliste der KBV enthält alle verordnungsfähigen ICD-10-Codes, die einen besonderen Verordnungsbedarf ermöglichen. Zusätzlich wird die Leitsymptomatik aus dem Heilmittel-Katalog (HMK) angegeben (siehe Beispiel).

Wichtig: Nur mit endstelligem ICD-10-Code wird die Verordnung als extrabudgetär anerkannt, also I63.3 statt I63.- (Rahmenvorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen).

Wichtig: Die Angabe des Datums des Akutereignisses, hier des Schlaganfalls, erlaubt es einem Prüfer sofort zu erkennen, dass die Verordnung noch innerhalb der einjährigen regresssicheren Frist liegt. Mindestens eine Kassenärztliche Vereinigung weist ihre Mitglieder allerdings darauf hin, dass das Akutereignis nicht das Datum des Schlaganfalls ist, sondern der Tag der ersten Verordnung nach Entlassung aus der Rehabilitation.

Therapiefrequenz

Die Empfehlung des HMK beinhaltet Mindestangaben, also Untergrenzen der wöchentlichen Frequenz innerhalb des Regelfalles. Beschränkungen im Sinne von Obergrenzen gibt es nicht. Dies ermöglicht hochfrequente Intensivtherapie.

Wichtig: Auf der Verordnung wird nicht die Mindestempfehlung, sondern die exakte Frequenz angegeben.

Verordnungsmenge

Die Menge richtet sich nach dem medizinischen Erfordernis des Einzelfalls. Die Gesamtverordnungsmenge ist im HMK festgelegt.

Heilmittel

Für EN1 und EN2 gibt es drei vorrangige (A1 – Sensomotorisch-perzeptive Behandlung, A2 – Motorisch-funktionelle Behandlung, A3 – Hirnleistungstraining/neuropsychologisch orientierte Behandlung), ein optionales (B – Psychisch-funktionelle Behandlung) und ein ergänzendes Heilmittel (C – Thermische Anwendung, nur als Ergänzung zu A1/A2).

Therapieziele

Patientenzentrierte und aktivitätsorientierte Therapieziele unterstützen die Indikation für Ergotherapie: Welches Ziel möchte der Patient auf der Ebene seiner Aktivitäten und Teilhabe bzw. seiner Körperfunktionen und –strukturen innerhalb dieser Verordnung erreichen? Dabei kann die Struktur der ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) helfen (www.dimdi.de).

Fazit

So wären beispielsweise Ergotherapie für den paretischen Arm, in gleichem Umfang Physiotherapie zur Gangschulung und Logopädie für die Aphasie im Sinne einer hochfrequenten ambulanten Intensivtherapie medizinisch sinnvoll, gemäß HMK formal erlaubt und innerhalb des ersten Jahres sicher extrabudgetär möglich.

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Herr Frank Brill
30.06.2020 10:42

Sehr gute Information. Sehr schön wäre es jetzt noch, wenn… Weiterlesen »

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