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Indikation Apallisches Syndrom

Ausfüllhilfe für extrabudgetäre Verordnung
Das apallische Syndrom oder Wachkoma bezeichnet einen Funktionsausfall der Großhirnrinde, der z. B. durch eine schwere Akutschädigung des Großhirns oder Sauerstoffmangel infolge eines Herz-Kreislaufstillstands entsteht. Daraus folgt eine Bewusstseinsstörung unterschiedlicher Art und Intensität. Funktionen wie die Atmung, der Kreislauf und der Stoffwechsel bleiben erhalten, während aktives Handeln und adäquate Reaktionen auf Reize nicht mehr möglich sind. Eine Rückbildung ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, jedoch bleibt die Schädigung häufig irreversibel, sodass Betroffene dauerhaft Hilfe benötigen.
© schmolzeundkühn

Dies hat auch der G-BA erkannt und das apallische Syndrom in die bundesweit geltende Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf (Anlage 2 zur Heilmittel-Richtlinie) aufgenommen. Sie enthält alle verordnungsfähigen ICD-10-Codes in Verbindung mit den jeweiligen Diagnosegruppen des Heilmittel-Katalogs (HMK) für den langfristigen Heilmittelbedarf (LHB). Ein Antrags- und Genehmigungsverfahren erfolgt hier nicht (§ 8a Abs. 2 HeilM-RL).

Verordnungen (VO) mit dem vereinbarten ICD-10-Code gelten ab der ersten VO als extrabudgetär. So können Patienten mit Ergotherapie versorgt werden, ohne das ärztliche Heilmittelbudget zu belasten.

1. Verordnung außerhalb des Regelfalls

Bei Diagnosen mit LHB wird bereits die Erst-VO als VO außerhalb des Regelfalls (VO a.d.R.) ausgestellt (§ 8a Abs. 8 HeilM-RL). Der Regelfall muss nicht durchlaufen werden.

2. Medizinische Begründung, ggf. Therapiebericht

Die Begründung in Bezug auf Therapiebedarf, Therapiefähigkeit, Therapieziele und Therapieprognose sollte bei VO a.d.R. ausgefüllt werden. Details hierzu entnehmen Sie der Begutachtungsanleitung Ärztlich verordnete Heilmittel des GKV-Spitzenverbandes.

Tipp: Fremdbefunde, wie z. B. ergotherapeutische Berichte, dürfen und sollten berücksichtigt werden (§ 41 Abs. 2 Satz 3 HeilM-RL). Sie enthalten eine prognostische Einschätzung zur Erreichung des Therapieziels sowie evtl. aus dem bisherigen Behandlungsverlauf resultierende Vorschläge zur Änderung des Therapieplans.

3. Indikationsschlüssel/Diagnosegruppe

Gemäß Diagnoseliste kann Ergotherapie bei Patienten mit apallischem Syndrom (hier G93.80) für die Diagnosegruppe EN2 (siehe Beispiel) bzw. vor Vollendung des 18. Lebensjahrs für EN1 extrabudgetär verordnet werden.

4. ICD-10-Code/Diagnose mit Leitsymptomatik

Wichtig: Nur mit einem endstelligen ICD-10-Code der Diagnoseliste wird die VO als extrabudgetär anerkannt (Rahmenvorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen), hier also G93.80 statt G93.-.

Für eine vollständig ausgefüllte VO muss neben der Diagnose die Leitsymptomatik (siehe Beispiel) nach Maßgabe des HMK angegeben werden.

5. Heilmittel

Für EN2 gibt es drei vorrangige (sensomotorisch-perzeptive Behandlung, motorisch-funktionelle Behandlung oder Hirnleistungstraining/neuropsychologisch orientierte Behandlung), ein optionales (psychisch-funktionelle Behandlung) und ein ergänzendes Heilmittel (thermische Anwendung).

Wichtig: Ggf. erforderliche ergotherapeutische Schienen sind gesondert zu verordnen.

6. Verordnungsmenge

Sie richtet sich nach dem medizinischen Erfordernis des Einzelfalls. Der HMK bestimmt die Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls. Bei VO a.d.R. ist die Menge abhängig von der Frequenz so zu bemessen, dass mindestens eine ärztliche Untersuchung innerhalb von 12 Wochen nach der VO gewährleistet ist, z. B.: 36 (Menge) / 3 (Frequenz) ≤ 12.

Vorteil: Außerhalb des Regelfalls sind mehr Einheiten pro VO möglich als innerhalb.

7. Therapiefrequenz

Die Empfehlung des HMK ist als Mindestangabe, also als Untergrenze für die wöchentliche Frequenz innerhalb des Regelfalls zu verstehen. Beschränkungen im Sinne einer Obergrenze gibt es nicht. Im Falle von EN2 wird mindestens 1x wöchentlich empfohlen.

Wichtig: Auf der VO wird die exakte Frequenz angegeben.

Hinweis: Bei Patienten, die sowohl Ergo- als auch Physiotherapie und Logopädie erhalten, sollte die individuelle Belastbarkeit bedacht werden. Phasen hochfrequenter Ergotherapie können sinnvoll sein.

Therapieziele

Konkrete patientenzentrierte Therapieziele unterstützen die Indikation für Ergotherapie: Welche Ziele des Patienten können innerhalb dieser Verordnung erreicht werden? Dabei kann die Struktur der ICF helfen (www.dimdi.de).

Fazit

Durch die Anerkennung des apallischen Syndroms als Diagnose mit LHB gelten alle Verordnungen mit dem ICD-10-Code G93.80 und einer der vereinbarten Diagnosegruppen der Ergotherapie – EN2 oder EN1 – ab der ersten Verordnung als extrabudgetär. So können Sie diese Patienten ihren Bedürfnissen entsprechend mit ambulanter Ergotherapie versorgen, ohne Ihr Heilmittelbudget zu belasten. Gleiches gilt für die vereinbarten Diagnosegruppen der Physiotherapie und Logopädie.

Tipp: Die extrabudgetäre Verordnung gilt auch für G93.1 (Anoxische Hirnschädigung, anderenorts nicht klassifiziert).

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