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Verpflichtende Versicherungen

Ein Muss für jeden Praxisinhaber: von Krankenkasse bis Berufshaftpflicht
Der Markt an Versicherungen ist enorm groß und entsprechend unübersichtlich. Wer versucht, den Überblick zu behalten oder herauszufinden, welche Absicherungen notwendig sind, muss viel Zeit und Muße investieren. Denn keiner möchte über- oder unterversichert sein. Es ist außerdem nicht einfach, herauszufinden, welches Preis-Leistungsverhältnis optimal für die eigenen Bedürfnisse ist. Es gibt aber Versicherungen, an denen Sie als Praxisinhaber nicht vorbeikommen.
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Ohne Berufshaftpflichtversicherung keine Zulassung

„Eine verpflichtende Versicherung ist die Berufshaftplicht“, sagt Herbert Fresenborg, Geschäftsführer und Versicherungsfachwirt der mosaik GmbH. „Ohne diese bekommen Existenzgründer keine Berufszulassung.“ Hier gibt es sogar die Möglichkeit, die eigenen Angestellten mitzuversichern. Die Berufshaftpflichtversicherung schützt Sie bei Schadenersatzansprüchen Ihrer Patienten – sollte Ihnen einmal ein Fehler unterlaufen. Viele Versicherungen haben extra Tarife für medizinische Berufe. Personenschäden sind meist mit bis zu zehn Millionen Euro versichert.

Die Versicherungen übernehmen im Notfall dann Schmerzensgelder, aber ebenso Behandlungskosten der geschädigten Person. Auch Sach- und Vermögensschäden sind in der Regel mitversichert. Das ist zum Beispiel sinnvoll, wenn Sie vom Praxiscomputer eine E-Mail versenden, die im Anhang Computerviren enthält. Verursachen diese bei dem Empfänger einen Schaden, springt die Versicherung ein. Auch eine Art Rechtsschutz zur Abwehr unberechtigter Forderungen ist in den Tarifen oft inklusive.

Altersvorsorge mal Pflicht mal freiwillig

„Weiterhin gilt für einige Praxisinhaber die Rentenversicherungspflicht“, erklärt Fresenborg. „Das ist der Fall, wenn Therapeuten allein arbeiten oder mit nur einer 450-Euro-Kraft. Um nicht der Versicherungsflicht zu unterliegen, müssen Praxisinhaber also Angestellte haben, die in Summe mehr als 450 Euro monatlich verdienen.“ Aber auch Freelancer haben die Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern, indem sie ein Statusfeststellungsverfahren durchlaufen. Mehr zum Thema Altersvorsorge und den Möglichkeiten, sich privat abzusichern, finden Sie im Schwerpunkt der up-Ausgabe 6-2019 „Einem nackten Therapeuten in die Tasche greifen – Rechtzeitig vorsorgen schützt vor Altersarmut“.

Privat oder gesetzlich? Praxisinhaber haben die Wahl

Generell gilt in Deutschland die Krankenversicherungspflicht. „Praxisinhaber haben jedoch die freie Wahl, ob sie sich gesetzlich oder privat versichern möchten, denn sie wären freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Versicherung“, erklärt Fresenborg. „Hier ist es so: Die GKV lockt am Anfang mit einem sehr günstigen Beitrag von 190 Euro. Aber: Sie orientiert sich am Gewinn der Praxisinhaber, da es sich um einkommensabhängige Beiträge handelt.“ Die GKV möchte zur Beitragsfestsetzung dann die Gewinn-und-Verlust-Rechnung sehen – für jedes Jahr. „Neu seit diesem Jahr ist, dass gesetzlich Versicherte nachzahlen müssen, wenn ihr zunächst angegebenes Einkommen am Ende höher ausfällt“, berichtet der Experte.

Wenn also ein Praxisinhaber in einem Jahr 190 Euro an Beiträgen pro Monat zahlt und dann wider Erwarten in dem betreffenden Jahr höhere Gewinne erzielt, muss er die zu wenig gezahlten Beitrage begleichen. „Selbst wenn man also anfänglich günstig eingestuft wurde, kann eine Nachzahlung drohen“, sagt Fresenborg. „Der Höchstbeitrag für die gesetzliche Krankenversicherung liegt dann bei über 800 Euro im Monat. Mit den neuen Preisen im Heilmittelbereich kann es also schon passieren, dass einige Praxisinhaber im kommenden Jahr Krankenkassenbeiträge nachzahlen müssen.“

PKV vs. GKV

Die privaten Versicherungen hingegen sind nicht einkommensabhängig. „Hier entscheiden eher Eintrittsalter und Wahl der Tarife über den Beitrag“, erläutert der Versicherungsfachwirt. „Die Versicherung kann zudem keine vereinbarten Leistungen einfach verändern – die GKV schon, wenn man an Zahnersatz, Brillen und Co. denkt.“ Aber: „Einmal im Jahr prüft ein Aktuar bei den privaten Versicherungen, ob die zugesagten Leistungen noch gezahlt werden können. Wenn nicht, müssen die Versicherungen die Beiträge anpassen.“ Deshalb steigen auch bei den PKVen die Beitragskosten im Laufe der Jahre eher an. „Sie können das aber nicht selbst bestimmen, sondern sind abhängig von den Berichten der Aktuare“, erklärt Fresenborg.

„Auch in der Zeit der Rente interessiert die PKVen das Einkommen nicht. Wenn ein Praxisinhaber in der GKV beispielsweise den Höchstsatz von 800 Euro zahlen würde und in der privaten nur 400 Euro, sollte er die 400 Euro Differenz am besten in die Altersvorsorge stecken, damit er im Alter auch keine Probleme mit den privaten Krankenversicherungsbeiträgen hat.“ Die PKVen müssen zudem nicht jeden aufnehmen, wenn ein möglicher Versicherter beispielsweise schwere Erkrankungen hat, die natürlich sehr kostenintensiv sind. Außerdem kann es sein, dass Praxisinhaberinnen auch während des Mutterschutzes und der Elternzeit weiter Beiträge zahlen müssen, häufig gibt es keine Familienversicherung und für Kinder müssen Sie entsprechend extra Beiträge zahlen. Und: Wer einmal privat versichert war, kann nicht immer ohne Probleme in die GKV zurückwechseln.

Große Unterschiede bei den Krankenversicherungen

„Welche Versicherung für wen geeignet ist, lässt sich pauschal nicht sagen“, erklärt Fresenborg. „Zu behaupten, die PKVen seien besser, weil sie eine Art Vollkaskoversicherung darstellen, ist heutzutage auch nicht mehr richtig. Sie zahlen bei weitem nicht mehr alles.“ Aber auch unter den Krankenkassen gibt es Unterschiede. „Nicht alle GKVen übernehmen die gleichen Kosten. Hier gilt es ebenfalls zu gucken, welche Kasse für welchen Praxisinhaber die besten Konditionen bietet“, sagt der Experte. „Zudem gibt es natürlich immer die Möglichkeit, private Zusatzversicherungen abzuschließen, wie für Zahnersatz oder Brillen.“

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