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Freiwillige Versicherungen

Müsste, sollte, könnte – was ist sinnvoll, was nicht unbedingt nötig?
Neben den verpflichtenden Versicherungen gibt es natürlich noch zahlreiche weitere, die im Notfall die Existenz der Praxis absichern, beispielsweise, wenn Alleinkämpfer erkranken und die Patienten nicht mehr behandeln können. Andere Versicherungen sind empfehlenswert, aber kein Muss und wieder andere eigentlich nicht unbedingt notwendig.
© iStock: fizkes

„Ich habe immer eine Prioritätenliste für Praxisinhaber: Was muss? Was kann? Was sollte?“, erklärt Herbert Fresenborg. Aber was gehört in welche Kategorie?

Das Muss:

Berufsunfähigkeitsversicherung

„In diese Kategorie gehört auf jeden Fall die Absicherung der Arbeitskraft, also die Berufsunfähigkeitsversicherung.“ Schließlich hängt von der Arbeitskraft des Praxisinhabers sowie der Mitarbeiter die Existenz der Praxis ab. So ist die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht nur für Sie, sondern auch für Ihre Angestellten eine Investition, die Sie unbedingt ins Auge fassen sollten. „Denn die Berufsunfähigkeit ist nicht mehr Teil der gesetzlichen Rentenversicherung“, berichtet der Versicherungsfachwirt. „Dabei wird jeder Vierte in Deutschland vor der Rente berufsunfähig. Hauptursache sind psychische, Herz-Kreislauferkrankungen sowie Probleme des Bewegungsapparats.“ Die Versicherung springt dann ein, wenn Sie aufgrund eines Unfalls oder einer Erkrankung Ihren Beruf nicht mehr ausüben können.

Private Zusätze bei gesetzlicher Krankenversicherung

Wer seine Beiträge an die GKV zahlt, kann privat noch etliche Zusatzversicherungen abschließen. „Hier ist eine Auslandskrankenversicherung zum Beispiel sinnvoll. Ich empfehle aber auch immer eine Zahnzusatz- sowie Krankenhauszusatzversicherung“, sagt der Experte. „Auf alle anderen Zusätze können Praxisinhaber jedoch verzichten.“ Zu beachten ist hier: „Die Beiträge für die Zusatzversicherungen kommen natürlich bei gesetzlich versicherten Praxisinhabern noch on top“, erklärt Fresenborg. „In dem PKV-Tarif sollten all diese Zusätze bereits enthalten sein. Von abgespeckten Versionen rate ich dringend ab.“

Verdienstausfall bei Krankheit

Wichtig ist auch eine Krankentagegeldversicherung. „Der Praxisinhaber erkrankt, kann nicht therapieren und hat keine Einnahmen. Seine Kosten laufen aber weiter“, berichtet der Versicherungsfachwirt. Dann springt diese Versicherung ein. „Die Krankentagegeldversicherung können Sie über die Krankenkassen abschließen. Davon rate ich aber ab. Denn sie ist ein Zusatzbaustein und kostet extra. Praxisinhaber sind aber nie so abgesichert, dass alle Kosten gedeckt sind. Deshalb ist es in diesem Fall besser, das Krankentagegeld auch als gesetzlich Versicherter privat abzuschließen. Dafür gibt es für Freiberufler spezielle Tarife.“ Die Vorteile sind vor allem, dass die Kosten geringer sind und Sie Ihr tatsächliches Einkommen absichern können. Aber: Einige Krankenkassen haben Kooperationen mit privaten Trägern, die genau diese Vorteile anbieten. Informieren Sie sich daher vorab genau bei Ihrer Krankenkasse, nach welchen Kriterien sich das Krankentagegeld berechnet.

„Ich empfehle außerdem, sich nicht zu früh abzusichern. Einige Tarife bieten Krankentagegeld ab dem 4. Krankheitstag an. Das ist Unsinn, da die Beiträge dann viel zu hoch sind“, sagt Fresenborg. „Besser ist es, für die ersten drei bis vier Wochen Rücklagen zu bilden und die Versicherung ab dem 22. oder 29. Tag einspringen zu lassen.“ Zu beachten ist außerdem: Die Krankentagegeldversicherung sichert nur die Praxisentnahme, also quasi das Gehalt des Praxisinhabers, ab, nicht die laufenden Kosten der Praxis.

Praxisausfallversicherung

Möchten Sie jedoch die anfallenden Kosten der Praxis absichern, benötigen Sie eine Praxisausfallversicherung. „Das ist für alle Praxisinhaber wichtig, aber natürlich gerade für Therapeuten, die allein arbeiten, also ohne Mitarbeiter“, erklärt Fresenborg. Die Versicherung übernimmt im Leistungsfall unter anderem Praxismiete, Finanzierungskosten, Kosten für den Steuerberater und Co. „Sie zahlt aber keine Gehälter, denn im Vergleich zu einer Arztpraxis können die Mitarbeiter einer Logopädiepraxis ja weiterarbeiten und Geld verdienen“, klärt der Experte auf. „Für Therapeuten, die allein arbeiten, empfiehlt sich dann wieder das Krankentagegeld.“

Praxisinhaltsversicherung

„In einer solchen Versicherung sollte immer eine Betriebsunterbrechungsversicherung inklusive sein. Zusätzlich ist es wichtig, dass auch Elementarschäden abgesichert sind“, sagt der Versicherungsfachwirt. Die Betriebsunterbrechungsversicherung deckt ab: Feuer-, Wasserleitungs-, Sturm- und Hagelschäden sowie Schäden, die durch Einbruch und Vandalismus entstehen. Ein Beispiel: „Wir hatten einmal eine Praxis, die noch vor der Eröffnung unter Wasser stand. Sie konnten nicht eröffnen, aber alle Kosten liefen natürlich weiter“, erzählt Fresenborg. „Hier wurde schließlich alles, was beschädigt war, von der Praxisinhaltsversicherung erstattet. Und zusätzlich hat die Betriebsunterbrechungsversicherung alle Kosten getragen, die in der Zeit weiterliefen, in der keine Umsätze erzielt werden konnten.“

Private Altersvorsorge

Wichtig ist, sich neben der gesetzlichen Rentenversicherung zusätzlich privat abzusichern, um sich vor Altersarmut zu schützen. Mehr dazu lesen Sie im Schwerpunkt der up-Ausgabe 6-2019  „Einem nackten Therapeuten in die Tasche greifen – Rechtzeitig vorsorgen schützt vor Altersarmut“.

Das sollte:

Rechtsschutzversicherung

Kommt es zu einer Abmahnung, Anklage oder sonstigen rechtlichen Streitigkeiten, ist eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll. „Wichtig an dieser Stelle ist, dass Praxisinhaber eine Versicherung mit Praxisvertragsrechtsschutz abschließen“, sagt der Experte. „Darin sind dann beispielsweise Mietrechtsschutz für die gewerblichen Räume enthalten, aber auch Situationen, wenn es Zwist mit den Angestellten, dem Finanzamt oder Privatpatienten gibt, die nicht zahlen wollen.“

Das kann:

Pflegezusatzversicherung

„Natürlich macht eine solche Versicherung Sinn, weil die gesetzliche nicht alle Kosten deckt. Die Pflegeheime sind heute ja wesentlich teurer, als die Raten, die die Versicherung zahlen“, sagt Fresenborg. „Ein Platz im Pflegeheim in Hamburg kostet heute rund 3.500 Euro. Je nach Pflegegrad müssen die Bewohner gerne 1.500 bis 2.000 Euro dazuzahlen.“ In der Regel müssen Pflegebedürftige dann erst ihr privates Vermögen aufbrauchen, bevor der Staat einspringt. Hier kann eine Pflegezusatzversicherung Erleichterung verschaffen. Da sich die gesetzlichen Regelungen in der Pflege ständig ändern, ist diese Versicherung nicht unbedingt notwendig. „Schließen Sie diese Versicherung nicht zu früh ab. Praxisgründern empfehle ich das nicht“, sagt der Experte.

Private Unfallversicherung

„Hier gilt im Gegensatz zur betrieblichen Unfallversicherung eine 24-Stunden-Deckung“, erklärt der Versicherungsfachwirt. „Diese Versicherung macht Sinn, wenn Praxisinhaber spezielle Hobbies haben, wie Reitsport oder Skifahren oder viel mit dem Auto unterwegs sind.“ Denn die gesetzliche Unfallversicherung deckt ausschließlich Arbeitsunfälle ab, die bei der Arbeit oder auf dem Weg von und zur Praxis beziehungsweise Hausbesuchen geschehen. Gehen Sie in der Mittagspause essen und stolpern im Restaurant über ein Stuhlbein, gilt dies nicht als Arbeitsunfall.

Generell gilt: „Warten Sie nach einer Praxisgründung oder Übernahme erst einmal ein halbes Jahr oder etwas länger ab und schauen Sie, wie die Praxis läuft. Erst dann macht es Sinn, sich mit vielen Versicherungen und auch der privaten Altersvorsorge auseinanderzusetzen und die entsprechenden Beiträge einschätzen zu können“, rät Fresenborg.

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