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Telematikinfrastruktur: Darum geht‘s

Antworten auf die wichtigsten Fragen
Neben den umstrittenen digitalen Gesundheitsanwendungen spielen die Telematikinfrastruktur und deren Anwendung eine zentrale Rolle im Digitale Versorgung-Gesetz (DVG). Ärzte und Psychotherapeuten müssen seit dem 29. Juni 2019 an die TI angeschlossen sein. Für Physiotherapeuten ist eine freiwillige Anbindung an die TI für Juli 2021 geplant. Bis dahin bleibt Ihnen ausreichend Zeit, sich das nötige Wissen rund um das Thema TI anzueignen. Unsere FAQ bringen Sie auf den aktuellsten Stand der Dinge.
© iStock: ipopba

1.      Telematikinfrastruktur – was ist das eigentlich?

Die Telematikinfrastruktur ist ein digitales Kommunikationsnetz, das Akteure des Gesundheitswesens miteinander verbindet und ihnen ermöglichen soll, schneller und einfacher untereinander zu kommunizieren und medizinische Daten auszutauschen.

Der Begriff „Telematik“ setzt sich übrigens aus den Wörtern „Telekommunikation“ und „Informatik“ zusammen. Damit wird die Vernetzung verschiedener IT-Systeme bezeichnet, sowie die Verknüpfung von Informationen aus unterschiedlichen Quellen.

2.      Welche Services kann man nutzen?

Bis dato bringt die Anbindung zwei Funktion mit sich: das Versichertenstammdatenmanagement (siehe Kasten) und den Austausch elektronischer Arztbriefe. Wirklich neu ist der e-Arztbrief jedoch nicht. Ärzte konnten ihn schon vor Anbindung an die TI nutzen – und zwar direkt über KV-Connect, einem vom KV-System bereitgestellten Dienst. Nun ist diese Anwendung in die Telematikinfrastruktur eingebunden. Um sie nutzen zu können, benötigen Ärzte den elektronischen Heilberufsausweis (mehr dazu weiter unten).

Zu den weiteren geplanten Funktionen zählen der elektronische Medikationsplan, das Notfalldatenmanagement und der Zugang zur elektronischen Patientenakte (ePA). Bisher ist jedoch nur zur ePA festgelegt, wann diese etabliert werden soll: Bis 2021 müssen Krankenkassen ihren Mitgliedern diese anbieten. Um als Leistungserbringer dann auch Daten an die ePA übermitteln zu können, ist die Anbindung an die TI Pflicht.

Wann die weiteren Funktionen eingebunden werden, hängt davon ab, wie schnell die Industrie die notwendige Technik entwickelt und testet.

3.      Wer ist in die Telematikinfrastruktur eingebunden?

Seit dem 30.06.2019 sind niedergelassene Ärzte mit Arzt-Patienten-Kontakt, Psychotherapeuten und Zahnärzte dazu verpflichtet, sich an die TI anzuschließen. Bis zum 30. Juni 2020 müssen dann auch vertragsärztliche Praxen ohne Arzt-Patienten-Kontakt nachziehen, also beispielsweise Labore.

Für weitere Akteure stehen auch schon Starttermine fest. Apotheker müssen sich bis zum 30. September 2020 an die TI anbinden, die Frist für stationäre Krankenhäuser endet am 1. Januar 2021. Doch bis dahin müssen noch einige Unklarheiten geklärt werden, insbesondere in puncto praktischer Umsetzung. Wie geht man damit um, wenn beispielsweise nur Ärzte in stationären Krankenhäusern an die TI angebunden, die Pflege aber nicht?

4.      Gibt es auch für Heilmittelerbringer einen konkreten Starttermin?

Jein. Ab dem 1. Juli 2021 können sich Physiotherapiepraxen freiwillig an die TI anbinden, die Kosten sollen – wie bei der Pflichtanbindung auch – erstattet werden. Dann haben auch Therapiepraxen, die teilnehmen, unter anderem Zugriff auf die Daten der ePA. Von einer Anbindung von Logopädie-, Ergotherapie- und Podologiepraxen ist bis dato keine Rede. Doch auch ohne Anbindung an die TI können Therapeuten bereits jetzt schon bestimmte Services nutzen, etwa den eTherapiebericht der AOK-Plus.

5.      Was hat es mit dem elektronischen Heilberufeausweis auf sich?

Der elektronische Heilberufeausweis wird aktuell nicht für den Zugang zur Telematikinfrastruktur benötigt, zukünftig wohl aber für die Nutzung bestimmter geplanter Anwendungen wie das Notfalldatenmanagement. Schon heute dient der Ausweis zur Authentifizierung des Besitzers – also des Arztes oder des  Psychotherapeuten. Zudem benötigen sie ihn, um rechtssicher elektronische Dokumente zu unterschreiben – die qualifizierte elektronische Signaturen (QES). Dazu gehören etwa eArztbriefe, Verordnungen und Laborüberweisungen. Für das Versenden eines Berichts von Arzt A zu Arzt B ist die QES hingegen nicht notwendig.

6.      Welche Ausstattung benötigen die Praxen für die Anbindung an die TI?

  • Einen Konnektor, der die Praxis an die TI/VPN anbindet
  • Ein eHealth-Kartenterminal, um Online-Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte nutzen zu können – etwa für das Versichertenstammdatenmanagement
  • Ein mobiles Kartenterminal, sofern Hausbesuche durchgeführt werden
  • Einen Praxisausweis SMC-B, mit dem sich Praxen als medizinische Einrichtung registrieren und den sie benötigen, damit der Konnektor eine Verbindung zur TI aufbauen kann
  • Einen VPN-Zugangsdienst und Internetanschluss, um einen sicheren Datenverkehr zu ermöglichen
  • Ein Update des Praxisverwaltungssystem (PVS). Es ermöglicht die Verbindung zur TI, was notwendig ist, um Versichertendaten zu importieren

7.      Wer finanziert die Kosten – A: Für die Erstausstattung? B: Für die Betriebskosten?

Die Krankenkassen sind verpflichtet, die erforderlichen Kosten für die Erstausstattung der Praxen und den laufenden Betrieb zu übernehmen.

Aktuell liegt die Erstausstattungspauschale, die die Kosten für einen Konnektor und ein Kartenterminal zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur (TI) decken, bei 1.982 Euro. Ab 2020 reduziert sie sich auf 1.549 Euro – unter anderem fällt der bis dato gezahlte Komplexitätszuschlag bei der Benutzung mehrerer Kartenterminals weg.

8.      Wer ist verantwortlich für Aufbau, Betrieb und die Weiterentwicklung der TI?

Die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte, kurz gematik. Unter Berücksichtigung der Interessen aller beteiligten Organisationen (GKV-Spitzenverband, Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, Bundesärzte- und Bundeszahnärztekammer, Deutsche Krankenhausgesellschaft und Deutscher Apothekerverband) setzt sie die gesetzlichen Vorgaben um.

Glossar – das steckt hinter VPN, SMC-B und Co.

  • VPN-Zugang: VPN steht für Virtual Private Network. Nur mit einem VPN-Zugangsdienst kann mit dem Konnektor eine sichere Anbindung an die TI erfolgen.
  • SMC-B: Die Secure Module Card, Typ B, ist nichts anderes als ein Praxisausweis, mit dem sich Praxen als medizinische Einrichtungen registrieren. Das ist notwendig, damit der Konnektor eine Verbindung zur TI aufbauen kann.
  • QES: Dahinter verbirgt sich die qualifizierte elektronische Signatur (QES), eine rechtssichere elektronische Unterschrift. Um diese nutzen zu können, benötigen Ärzte und Psychotherapeuten den elektronischen Heilberufsausweis.
  • Versichertenstammdatenmanagement: Dabei geht es darum, bestimmte Daten der gesetzlich Krankenversicherten wie Name, Anschrift und Angaben zur Krankenversicherung, die auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert sind, aktuell zu halten. Zudem dient es dem Überprüfen des Versicherungsstatus. Alle Ärzte und Psychotherapeuten sind beim ersten Kontakt mit dem Patienten im Quartal verpflichtet, die Daten zu überprüfen – sofern persönlicher Kontakt besteht.

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