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Indikation Myasthenia gravis

Ausfüllhilfe für extrabudgetäre Verordnung
Myasthenia gravis bezeichnet eine schwere, belastungsabhängige Schwäche der quergestreiften Muskulatur und beruht auf einer Autoimmunerkrankung mit Störung der neuromuskulären Erregungsübertragung. Frauen erkranken früher und häufiger als Männer, mit rund 10 Prozent sind laut der bis 2019 gültigen Leitlinie Kinder unter 16 Jahren davon betroffen. Zu Beginn treten ein- oder beidseitige Doppelbilder bzw. hängende Augenlider auf. Hinzu können Einschränkungen des Sprechens, Kauens und Schluckens, der Mimik sowie eine Ermüdung der Nacken- und Extremitätenmuskulatur kommen. Die Symptome verstärken sich i. d. R. im Tagesverlauf. Die myasthene Krise muss als neurologischer Notfall intensivmedizinisch behandelt werden. Noch immer wird die Erkrankung häufig nicht früh genug diagnostiziert und behandelt.
© schmolzeundkühn

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband haben die Myasthenia gravis als Diagnose mit besonderem Verordnungsbedarf (BVB) für Heilmittel in ihre bundesweit geltende Diagnoseliste langfristiger Heilmittelbedarf/besonderer Verordnungsbedarf aufgenommen. Dadurch gelten Verordnungen (VO) mit dem vereinbarten ICD-10-Code ab der ersten VO als extrabudgetär.

Wichtig: Voraussetzung ist die Angabe des ICD-10-Codes der Diagnoseliste (hier G70.0) und einer der vereinbarten Diagnosegruppen (hier ZN2). Nur dann werden bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen die Kosten aus dem ärztlichen Verordnungsvolumen herausgerechnet.

1. Verordnung im Regelfall

  • Erst-VO: bis zu 10x/VO, Folge-VO: bis zu 10x/VO
  • Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls: bis zu 30 Einheiten = z. B. 1 Erst-VO + bis zu 2 Folge-VO

Wichtig: Bei dem BVB (hier G70.0) wird erst der Regelfall gemäß Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL) durchlaufen, bevor eine VO außerhalb des Regelfalls (VO a.d.R.) ausgestellt werden kann. Die Behandlung gilt so ab der ersten VO als extrabudgetär.

2. Medizinische Begründung, ggf. Therapiebericht

Die Begründung in Bezug auf Therapiebedarf, Therapiefähigkeit, Therapieziele und Therapieprognose sollte bei VO a.d.R. ausgefüllt werden (vgl. Begutachtungsanleitung Ärztlich verordnete Heilmittel des GKV-Spitzenverbandes).

Tipp: Fremdbefunde, wie z. B. physiotherapeutische Berichte, dürfen und sollten berücksichtigt werden (§ 26 Abs. 2 Satz 2 HeilM-RL). Sie enthalten eine Einschätzung zur Erreichung des Therapieziels sowie evtl. aus dem bisherigen Verlauf resultierende Vorschläge, den Therapieplan zu ändern.

3. Indikationsschlüssel = Diagnosegruppe + Leitsymptomatik

Laut Diagnoseliste kann Physiotherapie bei Patienten mit Myasthenia gravis (hier G70.0) für die Diagnosegruppe ZN2 (siehe Beispiel) bzw. ZN1 extrabudgetär verordnet werden.

Wichtig: Der Indikationsschlüssel setzt sich aus Diagnosegruppe (hier ZN2) und Leitsymptomatik (hier b) nach Maßgabe des HMK zusammen.

4. ICD-10-Code/Diagnose mit Leitsymptomatik

Wichtig: Nur mit dem vereinbarten ICD-10-Code der Diagnoseliste wird die VO als extrabudgetär anerkannt (Rahmenvorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen), hier also G70.0.

Da der Indikationsschlüssel die Leitsymptomatik bereits enthält (hier b), ist die zusätzliche Angabe in Textform nicht erforderlich, im Einzelfall jedoch ggf. sinnvoll.

5. Heilmittel

Für ZN2b gibt es zwei vorrangige (KG-ZNS oder KG) und ein ergänzendes Heilmittel (Wärme-/Kältetherapie).

Wichtig: Die Verordnung von KG-ZNS ist sinnvoll. Allerdings handelt es sich um eine Zertifikatsposition, die nur mit nachgewiesener Weiterbildung des Physiotherapeuten abgerechnet werden darf. Dies könnte im häufig unterversorgten ländlichen Raum zum Nachteil des Patienten werden, wenn kein Therapeut mit dieser Qualifikation vorhanden ist. In solchen Fällen können Sie stattdessen KG verordnen.

6. Verordnungsmenge

Sie richtet sich nach dem medizinischen Erfordernis des Einzelfalls. Der HMK bestimmt die Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls. Bei VO a.d.R. wird die Menge abhängig von der Frequenz so berechnet, dass mindestens eine ärztliche Untersuchung innerhalb von 12 Wochen nach der VO erfolgen kann, z. B.: 24 (Menge) / 2 (Frequenz) ≤ 12.

Vorteil: Außerhalb des Regelfalls sind mehr Einheiten pro VO möglich.

7. Therapiefrequenz

Der HMK empfiehlt lediglich eine Untergrenze für die wöchentliche Frequenz innerhalb des Regelfalls – im Falle von ZN2 mind. 2x/Woche. Beschränkungen i. S. e. Obergrenze gibt es nicht.

Wichtig: Auf der VO wird die exakte Frequenz angegeben.

Hinweis: Bei Patienten, die mehr als eine Heilmitteltherapie erhalten, sollte die individuelle Belastbarkeit bedacht werden.

Fazit

Durch die Anerkennung der Myasthenia gravis als Diagnose mit BVB für Heilmittel nach § 106b Abs. 2 Satz 4 SBG V gelten alle VO für Patienten mit dem ICD-10-Code G70.0 und einer der vereinbarten Diagnosegruppen der Physiotherapie – ZN2 oder ZN1 – ab der ersten VO als extrabudgetär. So können Sie Ihre Patienten mit ambulanter Physiotherapie versorgen, ohne Ihr Heilmittelbudget zu belasten. Gleiches gilt für die vereinbarten Diagnosegruppen der Logopädie und Ergotherapie.

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