up|unternehmen praxis

Therapeutenausfall nervt – 7 Ideen, die im Ernstfall den Druck nehmen

Alles läuft: Ärzte verordnen, Patienten wollen behandelt werden, Kassen zahlen endlich vernünftige Honorare, aber dann wird ein Kollege krank. Und schon geht das Theater los: Termine umlegen, mit erbosten Patienten telefonieren und Verordnungen auf Fristüberschreitungen überprüfen. Gut, wenn man für solche Fälle vorgesorgt hat und weiß, wie man Diskussionen mit Patienten verhindern kann.
© iStock: Schulz Christian

Gerade in der Grippezeit trifft es Heilmittelpraxen immer wieder, Therapeuten werden krank und stehen ein paar Tage nicht für Behandlungen zur Verfügung. Bei ohnehin knappen Personalressourcen haben viele Praxen keine Möglichkeit „Ersatztermine“ zu vergeben. Dann heißt es telefonieren und Patient für Patient absagen. Das muss auch noch quasi nebenbei erledigt werden, denn der normale Behandlungsalltag der Praxis läuft schließlich einfach weiter.

Viele Mitarbeiter reagieren auf den zusätzlichen Druck durch den Therapeutenausfall mit Stress. Hektische und manchmal chaotische Organisation sind dann die Folge. Diese Anspannung ist auch nicht gerade hilfreich bei der Absage von anstehenden Behandlungsterminen. Entschuldigungen und Rechtfertigungen am Telefon produzieren Unzufriedenheit bei den Patienten und erhöhen zusätzlich den Stresslevel für die Praxismitarbeiter.

1. Verbindliche Absprachen treffen

Therapeutenausfälle gehören zwangsläufig zu den Standardsituationen in Therapiepraxen. Deswegen ist es ausgesprochen sinnvoll, bzw. zwingend notwendig, die Abläufe bei kurzfristigen Therapeutenausfällen zu standardisieren, um im Krankheitsfall systematisch, gemeinsam und zielgerichtet agieren zu können. Das lässt sich prima im Team besprechen und vorbereiten. Ziel solcher Gespräche ist es, dass jedem Therapeuten klar ist, was eine Krankmeldung bedeutet und zwar sowohl für den der krank wird, als auch für die, die in der Praxis die Ausfälle kompensieren müssen.

Für den Fall, dass ein Therapeut kurzfristig ausfällt, müssen alle Abläufe exakt festgelegt und mit jedem Mitarbeiter so besprochen sein, dass wirklich jeder weiß, was zu tun ist! Verbindlichkeit ist hier oberstes Gebot und schriftlich dokumentierte Abläufe helfen jenen Mitarbeitern, die vor lauter Hektik über die Absage des Kollegen ganz vergessen haben, in welcher Reihenfolge jetzt vorgegangen werden soll. Eine Therapeuten-Ausfall-Checkliste ist ein perfektes Instrument, um sicherzustellen, dass die wichtigsten Schritte vollständig und in der richtigen Reihenfolge durchgeführt werden. Nichts ist peinlicher, als ein Patient, der versehentlich nicht über den Ausfall benachrichtigt wurde und nun wütend in der Praxis steht.

Checkliste nutzen

Checklisten sind super praktisch, um sicherzustellen, dass in bestimmten Situationen (hier: Therapeutenausfall) alle notwendigen Maßnahmen in der richtigen Reihenfolge ergriffen werden. Welche das sind, hängt von den Abläufen in der Praxis ab. Hier ein Beispiel:

  1. Die Termine der ersten Stunde sofort absagen und als erledigt kennzeichnen.
  2. Anschließend den Terminkalender des Therapeuten mit „Krank“ markieren/sperren.
  3. Die nächsten Termine überprüfen:
    • Verschiebung zu Lücken anderer Mitarbeiter möglich (möglicherweise Pausen nutzen)?
    • Verschiebung in die Bereitschaftszeit eines anderen Mitarbeiters möglich?
    • Verschiebungen als erledigt kennzeichnen
  4. Termine, die nicht verschoben werden konnten, absagen und als erledigt kennzeichnen.
  5. Wiedervorlage für alle Patienten, die nicht erreicht wurden.
  6. Klären, wie lange der Therapeut krankheitsbedingt abwesend sein wird. Müssen Termine für die kommenden Tage abgesagt werden?

In verschiedenen Praxen mit unterschiedlichen Abläufen sehen solche Checklisten selbstverständlich anders aus. Tipp: Manchmal kann man aus elektronischen Terminplanern solche Checklisten vorbereiten und bei Bedarf schnell ausdrucken (siehe Beispiel Starke Termine).

Vorteile:

  • Die Mitarbeiter behalten den Überblick, welche Patienten bereits informiert wurden und welche nicht.
  • Eine Checkliste mit den Telefonnummern der Patienten ermöglicht es, die Absagen von der Rezeption weg zu verlagern, um den laufenden Betrieb der Rezeption nicht zu stören

2. Ausfälle mit Bereitschaftszeiten kompensieren

Es ist möglich, in den Mitarbeiterverträgen sogenannte Bereitschaftszeiten zu vereinbaren. Das können zum Beispiel zweimal zwei Stunden pro Woche sein, die Mitarbeiter sich direkt vor oder nach ihrer Arbeitszeit freihalten, um im Bedarfsfall die Patienten eines erkrankten Kollegen zu übernehmen. Bereitschaftszeiten werden dann bezahlt oder mit der regulären Arbeitszeit verrechnet, wenn tatsächlich Patienten zu behandeln waren. Den Mitarbeitern helfen die Bereitschaftszeiten besser zu planen, und wenn alle Kollegen der Praxis mitmachen, lassen sich Therapeutenausfälle so sehr effektiv kompensieren.

Problem im Team lösen

Therapeutenausfall ist ein Problem, das man am besten im Team bespricht. So können die Mitarbeiter gemeinsam vereinbaren wie man mit dem Ausfall einzelner Teammitglieder umgeht, beispielsweise

  • Vereinbarung über Ablauf der Krankmeldung: Chef oder Rezeptionsmitarbeiter dürfen/müssen auch am Sonntagabend angerufen werden.
  • Vereinbarung über Absagen: Kranke Mitarbeiter können von zu Hause auf den elektronischen Terminplaner zugreifen und Patienten selbst absagen. (Anmerkung: Solche Vereinbarung kann man natürlich nur auf freiwilliger Basis vereinbaren, arbeitsrechtlich lässt sich das nicht durchsetzen, aber wenn der Therapeut dazu bereit ist, darf er natürlich seine Patienten informieren.)
  • Vereinbarung von Bereitschaftszeiten: Einspringen für kranke Kollegen direkt vor oder direkt nach der regulären Arbeitszeit an vereinbarten Tagen in der Woche. (Anmerkung: So etwas lässt sogar verbindlich im Arbeitsvertrag regeln, funktioniert aber oft auch nach loser Absprache)
  • Vereinbarung über Unterstützung: Bei Therapeutenausfall erhalten die Rezeptionsmitarbeiter für die Absage Unterstützung durch die anderen Therapeuten.

Diese oder ähnliche Vereinbarungen verpflichten alle Beteiligten zu gegenseitiger Unterstützung und Hilfe – und sorgen im Krankheitsfall dafür, dass die Fähigkeit und Bereitschaft zur gegenseitigen Hilfestellung größer sind.

3. Die richtige Patientenansprache

Patienten anzurufen, um kurzfristig Termine abzusagen, ist unangenehm. Vielfaches Entschuldigen und ein Fokus auf die Probleme, die durch den Terminausfall für den Patienten entstehen, bringen Praxismitarbeiter schnell in die Defensive und kosten Gesprächszeit. Besser ist es, den Fokus auf das zu setzen, was der Patient trotz des Therapieausfalls in der Zwischenzeit tun kann, etwa Eigenübungen durchführen. Solche Gespräche müssen vorbereitet und geübt werden, damit sich Praxismitarbeiter wohlfühlen, und um sicherzustellen, dass die Patienten zum nächsten Termin auf jeden Fall wiederkommen.

Kommunikation überprüfen

Wer mit schlechtem Gewissen und endlosen Entschuldigungen bei einem Patienten anruft, um die „schlechte Nachricht“ des Behandlungsausfalls zu überbringen, der muss nicht wundern wenn Patienten darauf genervt reagieren und möglicherweise Diskussionen über Therapiequalität, Verlässlichkeit und Ausfallgebühren anfangen. Viel reden ist in solchen Fällen kontraproduktiv. Wer sich rechtfertigt, also Erklärung abgibt, nach denen niemand gefragt hat, muss sich nicht wundern, wenn Patienten das als Einladung verstehen, ihrem Unmut Luft zu machen.

Eine bessere Kommunikationsstrategie besteht darin, in der Offensive zu bleiben und den Therapieausfall so gut es geht zu „verkaufen“. Es gibt nicht wenige Menschen, die sich darüber freuen, wenn sie plötzlich „frei“ haben oder eine „Therapiepause“ gelassen hinnehmen. Und wenn man als Patient dann noch Grüße seines kranken Therapeuten übermittelt bekommt, mit der Bitte das vereinbarte Übungsprogramm auf jeden Fall fortzuführen, wird es für den Patienten viel schwerer über die Absage sauer zu sein. Das Gespräch wird abgerundet mit dem Hinweis auf den nächsten anstehenden Termin, damit wird der Fokus weg vom aktuellen Problem hin zum nächsten Behandlungstermin gerichtet.

4. Rechtssicherheit schaffen

Gerade für die souveräne Kommunikation mit Patienten ist es für die Mitarbeiter der Praxis wichtig, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen bei Therapeutenausfall im Klaren zu sein. Denn wie soll ein Mitarbeiter reagieren, wenn der Patient möglicherweise einen Schaden reklamiert. Oder wenn Patienten mit Verweis auf die Ausfallgebühr jetzt anfragen, was dann die Praxis für Therapeutenausfälle bezahlt. Natürlich sind solche Vergleiche unsinnig, können Mitarbeiter allerdings verunsichern und müssen deswegen vorher besprochen werden.

Kein Schadensersatz für Patienten

Kommuniziert man falsch, ärgern sich Patienten und dann fällt schon mal das Stichwort Schadensersatz. Aber kann ein Patient Schadensersatz verlangen, wenn seine Therapie ausfällt? Die Antwort gibt das BGB: Schadenersatz setzt voraus, dass der Patient einen möglichen Schaden beweisen und genau beziffern kann und der Therapeut/die Praxis den Schaden zu vertreten hat. Den Schaden zu vertreten hat eine Praxis jedoch nur, wenn es durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit zum Schadensereignis gekommen ist (§ 276 Abs. 1 BGB). Bei Krankheiten des Therapeuten liegt aber weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vor.

Reagiert eine Praxis auf die Krankheit eines Therapeuten nicht und lässt die Patienten in der Praxis erscheinen, obwohl man noch die Chance gehabt hätte, den Patienten darüber zu informieren, dann muss sich die Praxis dieses Verhalten zuschreiben lassen und könnte genau dafür schadensersatzpflichtig gemacht werden.

5. Probleme antizipieren

Egal wie gut organisiert eine Praxis bei Therapeutenausfällen ist, irgendwann steht trotzdem ein Patient an der Anmeldung, für den kein Therapeut zur Verfügung steht. Dann hilft es den Mitarbeitern an der Anmeldung, wenn vorher feststeht, wie man in einem solchen Fall vorgeht. Manche Physiotherapiepraxen bieten den Patienten wenigstens Leistungen ohne Therapeuten an, zum Beispiel Fango/Warmpackungen oder ermöglichen andere Angebote, je nach Leistungsumfang der Praxis. Das sollte vorab geklärt sein, so dass die Mitarbeiter im jeweiligen Fall schnell und eigenständig reagieren können.

6. Therapeutisch entscheiden

Einige Praxen behandeln Patient mit Indikation, bei denen ein Behandlungsausfall fachlich nicht akzeptabel erscheint. In solchen Fällen werden nicht einfach alle Patienten des kranken Therapeuten abgesagt, sondern sortiert: Dabei werden alle Patienten – die des Erkrankten und die der anderen Therapeuten – danach beurteilt, ob sie unbedingt Therapie brauchen oder mit einem Ausfall leben können.  Entsprechend werden Termine abgesagt und weiter geplant.

Nach fachlichen Kriterien sortieren

Manchmal ist die Behandlung für Patienten so wichtig, dass man nicht pauschal allen Patienten eines kranken Therapeuten absagen will. In einem solchen Fall sortiert man alle Patienten der Praxis nach der Dringlichkeit ihrer Behandlung. Dann wird den Patienten abgesagt, denen ein Ausfall am wenigsten schadet. In die dadurch entstehenden Lücken werden die behandlungsbedürftigen Patienten des kranken Therapeuten eingeplant. Das liest sich komplizierter als es in Wirklichkeit ist, einzige Voraussetzung für ein systematisches Vorgehen ist eine Markierung der Patienten. Die Mitarbeiter müssen, auch ohne den Patienten zu kennen, sofort sehen können, ob er die Therapie an diesem Tag unbedingt braucht oder nicht.

Einen anderen Weg Patienten vor einem Behandlungsausfall zu bewahren, beschreiten Praxen, die im Falle eines Therapeutenausfalls einfach alle Patienten nur mit der Mindestbehandlungszeit versorgen. Durch die Kürzung des Zeittaktes entstehen freie Zeiten, die für die Therapie der Patienten des ausgefallenen Therapeuten dienen können. Sowas klappt natürlich nur in Physiotherapiepraxen, die länger als die Mindestbehandlungsdauer behandeln.

Mehr Termine durch kürzere Takte

Gar nicht so selten behandeln zum Beispiel Physiotherapeuten ihre Patienten länger, als es in den Leistungsbeschreibungen festgelegt ist. Fällt ein Therapeut aus, kann man sich das zunutze machen, um mehr Termine pro Behandler zu schaffen. Werden Patienten normalerweise im 20-Minuten-Takt behandelt, könnte man im Krankheitsfalle eines Kollegen die Zeit auf 15 Minuten reduzieren und würde damit pro Stunde einen zusätzlichen Behandlungstakt schaffen, den man dann dazu nutzen kann die Patienten des Kollegen zu übernehmen. Zugegeben das erfordert Flexibilität von allen und man braucht mindestens drei aktive Behandler, um den Wegfall eines Kollegen zu kompensieren.

7. Technik richtig nutzen

Therapeutenausfälle lassen sich zwar durch Technik nicht verhindern, aber elektronische Terminplaner können gute Unterstützung bieten, wenn alle Informationen (zum Beispiel über Bereitschaftszeiten der Mitarbeiter) in der Terminplanung hinterlegt sind: Vorschläge für Terminverschiebungen, Terminabsage per SMS oder der Ausdruck einer Absageliste mit den jeweiligen Telefonnummern der Patienten. Haben Mitarbeiter von zuhause Zugriff auf die Daten ihrer Patienten, kann man sogar als kranker Mitarbeiter selbst den ersten Patienten absagen.

Themen, die zu diesem Artikel passen:
0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all Kommentare
0
Wir würden gerne erfahren, was Sie meinen. Schreiben Sie einen Kommentar.x