up|unternehmen praxis

#ZappelnLassen funktioniert

Therapeuten bewirken Fristverlängerung bei Rahmenverträgen
Während bei den Ergotherapeuten das Schiedsverfahren zum bundeseinheitlichen Rahmenvertrag weiterhin ausgesetzt ist, sind die Podologen und Logopäden schon einen Schritt weiter. Nicht nur gelten ihre Rahmenverträge, auch die ursprünglich angesetzten Anerkennungsfristen von sechs Monaten sind bereits abgelaufen. Sie lesen richtig, die ursprünglichen Fristen. Denn Sie, die Praxisinhaber, haben die GKV #ZappelnLassen, sodass die Fristen verlängert wurden.
© iStock: Kerrick

Blicken wir einmal zurück: Anfang 2021 trat der Rahmenvertrag der Podologen als erster bundeseinheitlicher Versorgungsvertrag in Kraft. Die Verhandlungen konnten ohne Schiedsstelle abgeschlossen werden, dennoch erfüllt der Vertrag längst nicht alle Erwartungen. In der Folge hatten kurz vor Ablauf der Anerkennungsfrist am 30. Juni 2021 noch so wenige Praxisinhaber den neuen Vertrag anerkannt, dass die Frist um weitere drei Monate verlängert wurde (up berichtete).

Ähnlich lief es bei den Logopäden. Hier kam der Vertrag Mitte März 2021 per Schiedsspruch zustande. Damit begann der Countdown für die Anerkennung. Doch auch die Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapeuten drückten ihre Enttäuschung und ihren Ärger über den neuen Versorgungsvertrag aus, indem sie die GKV zappeln ließen. Ende August sah sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dazu gezwungen, auch für die Logopäden eine Fristverlängerung zu empfehlen (up berichtete). Denn bis zum 25. August 2021 hatten erst 38 Prozent der Praxen die Anerkenntniserklärung bei den Zulassungsstellen eingereicht.

Fristverlängerung – die Zweite!

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Drei Wochen vor Ende der Anerkennungsfrist hatten noch nicht einmal vier von zehn Praxen, die die Versorgung von GKV-Patienten mit Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie sicherstellen, signalisiert, dass sie dies auch unter den Bedingungen des neuen Versorgungsvertrags weiter tun werden. Da fällt es schwer, nicht zu glauben, dass auch ein wenig Eigeninteresse mitschwingt, wenn das BMG sich – bezogen auf die Fristverlängerung für die Podologen – für eine Gleichbehandlung beider Heilmittelbereiche ausspricht und auch für den Bereich der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie „eine befristete Tolerierung verspäteter Anerkenntniserklärungen“ empfiehlt. Als neuer „Stichtag für die Annahme der Anerkenntniserklärung, ohne dass es zuvor zu einem Entzug von Zulassungen kommt“ gilt nun der 15. Dezember 2021.

Zeichen setzen nach der Wahl

Mittlerweile sind auch die Physiotherapeuten zur Gruppe der Heilmittelerbringer mit bundeseinheitlichem Versorgungsvertrag hinzugestoßen. Ihr Vertrag ist am 1. August 2021 in Kraft getreten. Wie bei den Podologen und Logopäden hat damit auch hier nun der sechsmonatige Countdown für die Anerkennung begonnen. Wenn sich auch die Physiotherapeuten dazu entscheiden, die GKV zappeln zu lassen, erwarten wir Mitte Januar wohl ein weiteres Schreiben des BMG zur Fristverlängerung.

Bis dahin wird sich in der politischen Landschaft einiges tun. Wenn die Anerkennungsfristen für Physiotherapeuten und Logopäden auslaufen, ist mit Sicherheit ein neuer Gesundheitsminister im Amt. Umso wichtiger ist es, gleich ein klares Zeichen gegen unfaire Verträge, unzumutbare Rahmenbedingungen und unverschämte Preise zu setzen.

Aktion #ZappelnLassen

Seit März 2021 rufen wir Therapeuten dazu auf, mit der Aktion #ZappelnLassen ein Zeichen zu setzen. Zum einen möchten wir damit darauf hinweisen, dass Praxisinhaber nicht so machtlos sind, wie es sich vielleicht anfühlt, wenn man sich die enttäuschenden Ergebnisse der Vertragsverhandlungen ansieht.

Zum anderen möchten wir eine Plattform bieten, die zeigt: Sie sind nicht allein. Wen interessiert es, wenn eine Praxis den neuen Vertrag erst zwei Tage vor Ablauf der Frist anerkennt? Vermutlich niemanden. Wenn dies aber die Hälfte aller Praxen tun, die GKV-Patienten behandeln, oder zwei Drittel oder am besten alle, hat das schon Symbolkraft.

Wenn sich alle (oder zumindest viele) Praxisinhaber weiterhin an der Aktion beteiligen, geht das auch an den Verhandlungspartnern nicht einfach so vorbei. Das Schreiben des BMG zeigt, dass man die Zahl der Praxen, die ihre Anerkenntniserklärung noch oder noch nicht eingereicht haben, durchaus im Blick hat.

Natürlich lassen sich auf diesem Weg die Verträge nicht mehr im Nachhinein so einfach ändern. Da muss man realistisch bleiben. Andererseits gibt es für Ergo- und Ernährungstherapeuten noch gar keine bundeseinheitlichen Rahmenverträge, die maßgeblichen Physio-Verbände haben im August Klage gegen den zweiten Schiedsspruch vom 13. Juli 2021 eingereicht, LOGO Deutschland hat bereits im April geklagt und der BED fordert die Abberufung einiger Schiedsstellenmitglieder. Bei so vielen laufenden Verfahren schadet es sich nicht, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die eigene Unzufriedenheit nach außen zu zeigen.

Außerdem interessant:

Versorgungsvertrag Logopädie: BMG spricht sich für längere Anerkennungsfrist aus

#ZappelnLassen – Signal gegen einseitige Versorgungsverträge setzen

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all Kommentare
0
Wir würden gerne erfahren, was Sie meinen. Schreiben Sie einen Kommentar.x