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Kommentar zu verschobenen Rahmenverträgen

Lasst die ärztlichen Softwareanbieter zahlen!
Weil einige Arztsoftwareanbieter die Zertifizierung der Heilmittel-Verordnungs-Module nicht geschafft haben, hat der G-BA den Start der Neufassung der HeilM-RL auf den 1. Januar 2021 verschoben – und den der zahnärztlichen Heilmittel-Richtlinie gleich mit. Laut KBV sollen Heilmittelerbringer so vor einem erhöhten Prüfaufwand durch fehlerhaft ausgestellte Verordnungen bewahrt werden.
© Fotolia: jeremias münch

Warum das Bundeskabinett allerdings die Fristen für das Inkrafttreten der bundeseinheitlichen Rahmenverträge und der neuen Vergütungsvereinbarungen ebenfalls auf den 1. Januar 2021 verschoben hat, bleibt vollkommen unklar. Die ursprüngliche Prä-Corona Planung sah vor, dass neue Rahmenverträge und Preislisten am 1. Juli 2020, also genau ein Quartal vor dem ursprünglich geplanten Inkrafttreten der Neufassung der HeilM-RL am 1. Oktober 2020, fertig sein sollten. Warum muss es also jetzt eine Verschiebung geben? Das erklärt leider niemand, auch nicht die Pressestelle des BMG.

Stattdessen ist die Verschiebung, so wie sie in Berlin hinter den Kulissen gelaufen ist, intransparent und entbehrt jeder demokratischen Gepflogenheit. Im BMG hat es offenbar keine Anhörung zu dem Verfahren gegeben, stattdessen soll eine gemeinsame Videokonferenz mit allen Verbänden stattgefunden haben, auf der „alle der Verschiebung zugestimmt haben“, oder „vom BMG vor vollendete Tatsachen gestellt“ worden sind – kommt ganz darauf an, wen man fragt (mehr dazu in der Oktoberausgabe).

Eine Ausnahme ist da der SHV, der nach eigenen Angaben im engen Austausch mit dem BMG steht: „Wir hatten und haben dabei ausreichend Gelegenheit, unsere Kritik und Lösungsvorschläge vorzubringen,“ teilt dieser auf Nachfrage mit. Doch entweder ist der Austausch mit dem BMG nicht so gut, wie angenommen, oder die Lösungsvorschläge waren schlecht. Denn jetzt ist eine erneute Verschiebung der Rahmenverträge und Vergütungserhöhungen beschlossen worden, ohne vorab eine Gegenfinanzierung zu vereinbaren.

Letztlich führt die Schlamperei einiger ärztlicher Softwarefirmen zu einer Verschiebung, die die Heilmittelpraxen in Deutschland viel Geld kostet. Das jedenfalls steht im vom Bundeskabinett gerade verabschiedeten „Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege“ (GPVG). Wenn Vergütungserhöhungen um ein Quartal verschoben werden, so das Gesetz, dann sind das für jeden Prozentpunkt nicht erhöhte Preise 90 Millionen Euro entgangener Umsatz je Quartal. Ob das so stimmt, soll an dieser Stelle nicht hinterfragt werden. Aber auch wenn der Betrag vermutlich deutlich niedriger ist, reden wir über mehrere hundert Millionen Euro entgangener Umsatz.

Bleibt die (fiktive) Frage: Wer zahlt den Schaden? Und wer übernimmt die Verantwortung für die Verschiebung? Wie wäre es mit dem Verursacherprinzip: Alle ärztlichen Softwareanbieter, die nicht rechtzeitig für Heilmittel-VOen zertifiziert waren, übernehmen die durch die Verschiebung entstandenen Kosten?

Davon träumt

Ihr Ralf Buchner

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