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Therapie-Sternstunde

Es war schon ein kleines Wunder: Eine Sternstunde von Laura Dana Wude
Eigentlich ist meine Geschichte eine Sternstunde aller Berufsgruppen in der Heilmitteltherapie. Als Podologin habe ich einen kleinen Teil dazu beigetragen. Ich kann mich genau an das Telefonat erinnern, mit dem meine persönliche therapeutische Sternstunde begann: „Meine Schwester lag fast drei Jahre im Wachkoma, in dieser Zeit hat sich niemand wirklich um die Pflege ihrer Füße gekümmert. Können Sie bald zu uns kommen und ihr helfen?“, fragte mich der Anrufer. „Aber klar!“, war meine Antwort.

Etwas nervös fuhr ich zu dem Termin. Man muss keine ausgebildete Podologin sein, um eine Idee von einem Behandlungsaufwand nach drei Jahren Pflegemangel zu bekommen – oder um sich vorzustellen, wie es der Patientin und ihrer Familie ergangen war.

Vor Ort traf ich zuerst auf den Bruder der Patientin. Er erzählte mir, dass sie bei einem Autounfall massive Hirnschäden erlitten hatte und darum mit nur 28 Jahren ins künstliche Koma versetzt worden war. Zweieinhalb Jahre blieb sie im Wachkoma. Als sie plötzlich wieder Reaktionen zeigte, ergriff die Klinik sofort intensive Rehabilitationsmaßnahmen. „Damit haben wir nicht gerechnet, selbst für die Ärzte war das fast ein Wunder!“, beschrieb der Mann die damalige Situation. Er richtete gleich ein Zimmer ein, um seine Schwester für die weitere Pflege und Therapie zu sich zu holen.

Ich traf meine neue Patientin schlapp und müde in ihrem Pflegebett an. Während meiner Behandlung beobachtete sie das Geschehen ganz genau. Als ich fertig war, strahlte der Bruder über beide Ohren. Die Reaktion meiner Patientin aber hat mich „umgehauen“: Sie weinte leise im Arm ihres Bruders, der mir erzählte, dass sie früher immer viel Wert auf ihre Körperpflege gelegt hatte. Ihr Zustand musste ihr schon lange sehr unangenehm gewesen sein.

Diese Art von Hilfe leisten zu dürfen, erfüllt mein Therapeutenherz sehr!

Die danach folgenden Monate waren es, die diese Geschichte für mich zu einer Sternstunde der Heilmitteltherapie machen. Ich besuchte die Patientin alle fünf Wochen zuhause. In der Zwischenzeit wurde sie intensiv von Logopäden, Ernährungs-, Physio- und Ergotherapeuten behandelt. Ihre positive Entwicklung von Termin zu Termin beeindruckt mich noch heute.

Zunächst lernte sie, wieder selbstständig zu essen. Parallel dazu verbesserten sich ihre Beweglichkeit und der Muskelaufbau zunehmend. Nach vier Monaten begrüßte sie mich mit einem sanften „Hallo“ und verabschiedete mich mit einem leisen „Danke“. Nach sechs Monaten half sie mir aktiv dabei, ihre Beine zu lagern. Nach einem Jahr führten wir angeregte Gespräche, und die Patientin konnte sich für unsere Behandlung aufrecht in einen Stuhl setzen. Nach 16 Monaten ging es ihr gesundheitlich so gut, dass sie sich bereit fühlte, ihr Leben wieder eigenständiger zu bewältigen: Sie zog in eine betreute Wohngemeinschaft.

Ich durfte miterleben, wie die junge Frau wieder Hoffnung schöpfte und aufblühte.

Sie schreibt noch heute ihren Therapeuten aus dieser Zeit Briefe – per Hand. Mittlerweile arbeitet sie wieder in ihrem alten Beruf in der Tierpflege und zieht daraus unglaublich viel Kraft, um mit den verbliebenen Defiziten zurechtzukommen. „All das wäre ohne meine Familie und meine engagierten Therapeuten nicht möglich gewesen“, äußert sie oft.

Diese Geschichte ist meine Sternstunde, weil sich mich bis heute bestärkt und mir beweist, dass eine liebevolle Betreuung und intensive Therapie unvorstellbar viel erreichen können!

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