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Hilfsmittel-Spezial: Geriatronik

Garmi

Leuchtturminitiative Geriatronik – Assistenzrobotik für den Verbleib in den eigenen vier Wänden
Das Forschungszentrum Geriatronik der Technischen Universität (TU) München hat die Leuchtturminitiative ins Leben gerufen. Geriatronik setzt sich aus den Begriffen „Geriatrie“ und „Mechatronik“ zusammen und hat zum Ziel, die Lebensqualität und die gesundheitliche Versorgung von Senioren zu verbessern. [Anm. der Redaktion: In up_unternehmen praxis 12/21 finden Sie einen ausführlichen Bericht über das Projekt.] Das Forschungszentrum arbeitet in Garmisch-Partenkirchen an dem Assistenzroboter Garmi, der das Leben im Alter erleichtern soll.
© Alexa Dillmann

Garmi soll als Hilfsmittel viele Funktionen in sich vereinen, die es heute schon im Smart Home-Bereich gibt, etwa in Form von Apps oder als Sensoren und Aktoren in der Wohnung. Er soll keinesfalls die komplette Pflege oder Betreuung von Senioren übernehmen, aber er kann da unterstützen, wo alltägliche Aufgaben schwerfallen. Davon werden nicht nur Senioren profitieren, sondern auch alle, die sich um sie kümmern, also Angehörige, Pflegepersonal, Ärzte und Therapeuten.

Vielseitige Einsatzbereiche

Garmi hat einen multimodalen Kopf und zwei Softrobotik-Arme, die ihm das Greifen von Gegenständen ermöglichen. So sind zum Beispiel heruntergefallene Dinge nicht erst dann wieder erreichbar, wenn Angehörige oder das Pflegepersonal in die Wohnung kommen. Garmi kann sofort helfen und alles wieder an den richtigen Platz bringen. Das wird auch bei den Mahlzeiten funktionieren: Garmi soll den Tisch decken und benutztes Geschirr in die Spülmaschine räumen können. Mit seinen Armen kann er schon jetzt ein Tablett tragen. Essensreste müssen nach einer Mahlzeit nicht mehr wackelig auf dem Rollator transportiert werden oder stehen bleiben, bis jemand zum Aufräumen kommt. Beabsichtigt ist, dass Garmi in Zukunft professionell für Ordnung sorgt.

Außerdem kann der Assistenzroboter beim Zähneputzen und Rasieren helfen. Und wenn ein Spaziergang angesagt ist, bringt Garmi – entsprechend programmiert – Schuhe, Jacke und Schal. Klingelt es an der Haustür, muss keine Panik mehr entstehen, weil der Transfer aus dem Sessel und der Weg zur Haustür in Bestzeit zu absolvieren sind. Denn Garmi ist in der Lage, die Haustür auf Anweisung zu öffnen und Gäste zu begrüßen.

Das alles macht Garmi natürlich nur, wenn er die dazu eingeübten Befehle bekommt! Der Assistenzroboter lernt seine Fähigkeiten mithilfe von künstlicher Intelligenz. Da er mit Menschen mit Handicap arbeitet, ist es besonders wichtig, dass er feinfühlig agiert und die Person nicht verletzt. Dafür hat er menschenähnliche Hände mit einer feinmotorischen Tastfunktion. In einem Versuch mit Luftballon und Nadel führt Garmi die Nadel so vorsichtig an den Luftballon heran, dass dieser nicht platzt. Vorsichtiges Bewegen ist in Therapie und Pflege genauso wichtig wie alle Bewegungen zu stoppen, wenn etwas im Weg liegt.

Neben den motorischen Fähigkeiten hat Garmi eine Erinnerungsfunktion: Er erinnert an Termine und an die Medikamenteneinnahme. Darüber hinaus kann er den aktuellen Wetterbericht und Nachrichten vorlesen.

Garmi soll ein belastbarer Assistent in Pflege, Haushalt und Therapie sein. Er kann automatisierte Aufgaben übernehmen. Eine Mensch-zu-Mensch-Beziehung wird er nicht ersetzen, sondern nur an manchen Stellen ergänzen. Den Entwicklern ist es ein Anliegen, den Roboter nicht als komplizierte, unnahbare Maschine zu entwickeln; auch Laien sollen ihn anlernen, bestimmte Bewegungen auszuführen. Das nützt der Therapie und dem dazugehörigen Hausaufgabenprogramm: Garmi kann zum einen daran erinnern, wenn es Zeit für die Übungen ist, zum anderen kann er über den künstlichen Tastsinn einen Händedruck geben. Schon heute ist er in der Lage, Reha-Maßnahmen und Übungen zusammen mit dem Patienten auszuführen, nachdem er das Übungsprogramm gemeinsam mit Patient und Therapeut gelernt hat.

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