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Schutzschilde ausfahren

So prallen Verbalangriffe einfach an Ihnen ab
Ein Mitarbeiter ist krank, die Kollegen geben zickige Antworten, weil sie dessen Termine übernehmen müssen, und die Patienten beklagen sich wortstark über die so entstandenen Wartezeiten. Als Sie dann noch ein neuer Patient anschreit, weil er mehr als nur die Behandlung erhalten möchte, die ihm sein Arzt verordnet hat, setzt das dem Ganzen die Krone auf. Als Chef und Direktor des heutigen Affenzirkus sind Sie kurz davor, zum verbalen Rundumschlag anzusetzen. Doch das ist keine gute Idee. Besser: Entziehen Sie sich den Wortgefechten und lassen Sie die Angriffe einfach an sich abprallen.
© iStock: Alexandr Makarov

Jede Aktion erzeugt eine gleichgroße Reaktion, die auf den Verursacher zurückwirkt. Das ist ein physikalisches Gesetz. Kommunikation läuft häufig ähnlich ab. Kommt jemand freundlich auf seinen Gesprächspartner zu, reagiert auch dieser meist nett. Wird man hingegen von seinem Gegenüber beschimpft, möchte man ebenfalls mit bösen Worten reagieren. Für kurze Zeit vermittelt das eine gewisse Genugtuung. Erreichen lässt sich mit diesem Vorgehen jedoch nichts. Ganz im Gegenteil, die Situation droht nur noch weiter zu eskalieren. Um das zu verhindern, ist es am besten, einen solchen Kreislauf gar nicht erst entstehen zu lassen.

Schimpftiraden unterbrechen

Ein Mitarbeiter kommt völlig aufregt in Ihr Büro. Er baut sich vor Ihnen auf und verkündet „Jetzt ist Schluss!“ und „So geht es nicht weiter!“ Es folgt eine minutenlange Schimpftirade. Je mehr Ihr Gegenüber redet, desto ärgerlicher wird er. Wenn Sie merken, dass er sich immer mehr in Rage redet, wenig Aussagekräftiges von sich gibt und beginnt, sich zu wiederholen, dann ist es Zeit, ihn zu unterbrechen. Sonst eskaliert die Situation nur noch mehr.

Um das zu erreichen, können Sie ihm ein Glas Wasser anbieten. Oder Sie sagen etwas wie: „Warte kurz. Nur damit ich dich richtig verstehe…“ Dann wiederholen Sie seine Aussagen nochmal. So hat ihr Gegenüber die Chance, kurz durchzuatmen und aus dem Angriffsmodus zu kommen.

Angriffe nicht persönlich nehmen

Es kommt vor, dass Mitarbeiter oder Patienten Sie persönlich angreifen, indem Sie etwa ihre Fähigkeiten als Praxischef oder Therapeut in Frage stellen. Auch wenn ein solches Verhalten natürlich nicht in Ordnung ist, ist die akute Situation nicht der beste Zeitpunkt, um Umgangsformen zu besprechen. Nun ist es an Ihnen, das innere „Ommmmmmm“ einzuschalten und wieder für Ruhe zu sorgen. Gehen Sie auf keinen Fall auf die Angriffe ein oder rechtfertigen Sie sich. Für ein Gespräch über Inhalte ist dies wirklich nicht der Rahmen.

Stattdessen lassen Sie die Verbalattacke einfach abprallen, wie Regen vom Schirm oder ein Vogel von der großen Fensterfront. Indem Sie sich so distanzieren, behalten Sie einen neutralen Blick. Sobald sich Ihr Gegenüber wieder beruhigt hat, versuchen Sie den wahren Grund für diesen Ausbruch zu finden.

Anfängerfehler: „Beruhigen Sie sich“

Steht ein Patient vor Ihnen, der sich furchtbar darüber aufregt, dass Sie ihn angeblich trotz Verordnung nicht behandeln wollen, ist die Versuchung groß zu sagen: „Bitte beruhigen Sie sich doch!“ Solche Sätze erreichen in dieser Situation aber nur das Gegenteil. Der Patient regt sich noch mehr auf, weil er den Eindruck hat, Sie nehmen seinen Ärger nicht ernst. Aus seiner Sicht hat er jedes Recht sich aufzuregen. Schließlich wird er gerade ungerecht behandelt.

Besser: Ärger kontrolliert rauslassen

Manchmal kann auch die Feuerwehr nichts anderes mehr tun, als ein Feuer kontrolliert ausbrennen zu lassen. Das ist auch bei wütenden Menschen manchmal so. Nehmen Sie den Patienten also am besten mit in Ihr Büro oder in ein leeres Behandlungszimmer und geben Sie ihm die Gelegenheit, Ihnen zu erklären, was ihn denn nun genau stört. Sobald er sich den Frust von der Seele geredet hat, werden Sie ihn auch wieder mit rationalen Argumenten erreichen können. Erklären Sie ihm dann, dass die Krankenkasse die Kosten für seine Behandlung nicht übernehmen wird, weil diese nicht innerhalb der vorgegebenen Frist begonnen hat. Eine Änderung müssen Sie aber erst mit dem verordnenden Arzt besprechen.

Ego auch mal abschalten

„Woher soll ich das denn bitte wissen? Bin ich seine Mutter?“, fährt eine Mitarbeiterin Sie an. Dabei haben Sie doch nur gefragt, ob sie ihren Kollegen gesehen hat. Den suchen Sie nämlich schon seit zehn Minuten. Aber mit der Dame ist heute wohl nicht gut Kirschen essen. Statt einer unfreundlichen Antwort oder einer Rüge, was sie sich wohl denke, so mit ihrem Chef zu sprechen, zu kontern, bleiben Sie ganz ruhig – und klopfen sich in Gedanken auf die Schulter, denn Sie haben der Verlockung widerstanden, sich auf ein Wortgefecht einzulassen.

Noch besser: Signale richtig deuten

Sie können nun einfach gehen und hoffen, dass sich die Kollegin schnell von allein wieder beruhigt. Oder Sie fragen nach, was los ist. Schließlich kennen Sie sie schon seit Jahren und wissen, dass das eigentlich nicht ihre Art ist. In diesem Fall kann eine verbale Entgleisung auch ein indirekter Hilferuf sein. Vielleicht ist die Therapeutin überfordert oder hat private Probleme. Dann sollten Sie dem als Chef natürlich nachgehen.

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