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Anleitung zur extrabudgetären Heilmittelverordnung – Indikation Schlaganfall

Die Angst mancher Ärzte vor Regressen ist so groß, dass selbst dann, wenn Heilmittelkatalog und SGB V Möglichkeiten zur extrabudgetären Verordnung bieten, die Patienten trotzdem nicht besser versorgt werden. Das lässt sich ändern - mit dieser Anleitung zur extrabudgetären Heilmittelverordnung, hier bei der Indikation Schlaganfall.
© iStock: svetikd

Die ambulante Heilmitteltherapie für Schlaganfallpatienten ist in der Regel umfangreich und intensiv. Eine interdisziplinäre Versorgung wird in den aktuellen Leitlinien[1] ebenso empfohlen, wie eine hohe Behandlungsfrequenz. Der niedergelassene Arzt hat dabei notwendigerweise auch die Implikationen für sein Heilmittelbudget vor Augen. Insofern ist es notwendig, sich mit den formalen Eckdaten solcher Verordnungen auseinanderzusetzen und darauf zu achten, dass diese sicher extrabudgetär sind und bleiben.

Formale Rahmenbedingungen

Zur Indikation Hirninfarkt/Schlaganfall finden sich in der Diagnosenliste der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für den langfristigen Heilmittelbedarf/besonderen Verordnungsbedarf[2] alle einschlägigen Diagnosen, die in der niedergelassenen Praxis bei Schlaganfallpatienten dokumentiert werden. Die Diagnosen für akute Schlaganfälle (I63.0 ff, I64.0) erlauben die Heilmittelverordnung sowohl für Physiotherapie als auch Ergotherapie und Logopädie. Allerdings wird der Zeitraum, in dem extrabudgetär verordnet werden kann, auf ein Jahr nach Akutereignis festgelegt.

Ist die Akut- bzw. Subakutphase abgeschlossen (nach spätestens einem Jahr) und der Patient bedarf trotzdem weiterer Heilmitteltherapie, so finden sich in der Diagnosenliste entsprechende Diagnoseschlüssel bei denen die Verordnung von Physiotherapie und Ergotherapie auch über das erste Jahr hinaus extrabudgetär möglich ist (G 81.0, G 81.1). Bei den Diagnosen Hemiparese und Hemiplegie gibt es keine zeitlichen Einschränkungen für extrabudgetäre Verordnungen.

Im Heilmittelkatalog erhält der Arzt als Hilfestellung zur Verordnung eine Frequenzempfehlung. Diese  legt durchgängig in allen Diagnosengruppen jedoch nur Untergrenzen fest. So wird in der Diagnosengruppe ZN2 (Physiotherapie) als Behandlungsfrequenz empfohlen: „mindestens einmal wöchentlich“. Eine Obergrenze findet sich im gesamten Heilmittelkatalog jedoch nicht. Damit lassen sich auch im ambulanten Bereich gültige Verordnungen ausstellen, die eine Intensivtherapie – bezogen auf die Frequenz – ermöglichen. Ebenso möglich sind Doppelbehandlungen, d.h. dass zwei Behandlungseinheiten hintereinander am gleichen Tag verordnet werden können, wenn die Schädigungen des Patienten das notwendig machen.[3]

Verordnung in akuten und subakuten Fällen

Damit die Verordnung sicher extrabudgetär ist, sollte der Arzt dabei auf folgende Punkte achten:

  • Diagnose auf der Verordnung ist als ICD-10-Code auf der Diagnosenliste der KBV vermerkt (siehe Seite 7: I63.0 bis I63.9, I64, I69.0 bis I69.8)
  • Die verordnete Diagnosengruppe stimmt ebenfalls mit den Vorgaben aus der Diagnosenliste der KBV überein.
  • Im Diagnosefeld ist das Datum des Akutereignisses dokumentiert (Schlaganfall am 1.5.2017).
  • Verordnung beginnt noch innerhalb des ersten Jahres nach Akutereignis
  • Der Regelfall (EV, FV usw.) muss durchlaufen worden sein, bevor Verordnungen außerhalb des Regelfalls ausgestellt werden können.

Beachtet der Arzt diese Vorgaben bei der Verordnung und hält sich sonst an die formalen Rahmenbedingungen der Heilmittelrichtlinie ist die Verordnung gültig und innerhalb des ersten Jahres nach dem Akutereignis sicher extrabudgetär. Und zwar auch dann, wenn er medizinisch sinnvoll und notwendig hochfrequent (z. B. sechs Mal pro Woche) verordnet.

Verordnung bei Folgezuständen

Damit die Verordnung auch im chronischen Stadium sicher extrabudgetär ist, sollte der Arzt bei der Verordnung in solchen Fällen auf folgende Punkte achten:

  • Diagnose auf der Verordnung ist als ICD-10-Code auf der Diagnosenliste der KBV vermerkt (siehe Seite 5: G81.0, G81.1).
  • Die verordnete Diagnosengruppe stimmt ebenfalls mit den Vorgaben aus der Diagnosenliste der KBV überein.
  • Im Diagnosefeld ist die Seite der Schädigung (links/rechts) und das Datum des Akutereignisses dokumentiert (Schlaganfall am 1.5.2017).
  • Der Regelfall (EV, FV usw.) muss durchlaufen worden sein, bevor Verordnungen außerhalb des Regelfalls ausgestellt werden können.

Beachtet der Arzt diese Vorgaben bei der Verordnung und hält sich sonst an die formalen Rahmenbedingungen der Heilmittelrichtlinie ist die Verordnung gültig und sicher extrabudgetär.

Langfristiger Heilmittelbedarf

Bei welchen Erkrankungen vom Vorliegen eines langfristigen Heilmittelbedarfs auszugehen ist, definiert der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) unter anderem in einer Diagnosenliste. Bei diesen Diagnosen ist ein Antrags- und Genehmigungsverfahren bei der Krankenkasse nicht mehr erforderlich. Verordnungen im Rahmen des langfristigen Heilmittelbedarfs unterliegen nicht den Wirtschaftlichkeitsprüfungen.

Quelle: www.kbv.de

Besonderer Verordnungsbedarf

Die KBV und der GKV-Spitzenverband vereinbaren in einer gesonderten Diagnosenliste, bei welchen Erkrankungen Patienten oftmals mehr Heilmittel benötigen und daher einen „besonderen Verordnungsbedarf“ haben. Die Kosten für diese Verordnungen werden bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen aus dem Verordnungsvolumen des Vertragsarztes herausgerechnet.

Quelle: www.kbv.de


[1] S2e-Leitlinie Rehabilitation der Mobilität nach Schlaganfall (ReMoS) abgerufen auf www.awmf.org

[2] Diagnoseliste langfristiger Heilmittelbedarf / besonderer Verordnungsbedarf (Stand: 01.01.2018) – www.kbv.de/html/22246.php

[3] Konsentierter Fragen-/Antwortenkatalog KBV (Stand 22.11.2005) https://www.kbv.de/html/heilmittel.php

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