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Erklärung zum Dashboard | Direktzugang für Therapeuten

Modellprojekt, neues Heilberufegesetz, Überarbeitung der Berufsgesetze
Der Direktzugang für Heilmittelerbringer ist schon lange eine Forderung an die Politik. Denn die Patientenversorgung immer durch das Nadelöhr Arzt laufen zu lassen, ist schon längst nicht mehr zeitgemäß. Im Prinzip gibt es den Direktzugang schon längst – über den sektoralen Heilpraktiker. Nur hängt er da nicht an einer Qualifikation, sondern an der ganz niedrigen Anforderung, dass jemand zeigen konnte, dass er keinen Schaden anrichtet. Das geht besser.
© Kühn & Schmolze


Die Ampelkoalition hat dem in ihrem Koalitionsvertrag Rechnung getragen und ein Modellprojekt zum Direktzugang vorgesehen, das in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden soll. Eng damit verbunden sind ein allgemeines Heilberufegesetz und eine Überarbeitung der völlig veralteten Berufsgesetze.

Aus dem Koalitionsvertrag, Seite 82: „Wir bringen ein allgemeines Heilberufegesetz auf den Weg und entwickeln das elektronische Gesundheitsberuferegister weiter. Wir machen Schmerzmittel im Betäubungsmittelgesetz für Gesundheitsberufe delegationsfähig. Wir bringen ein Modellprojekt zum Direktzugang für therapeutische Berufe auf den Weg.“

Reform der Berufsgesetze

Mit der Reform der Berufsgesetze haben wir uns zuletzt im Sommer 2021, damals noch unter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, auseinandergesetzt. Denn er hatte ein Konsultationsverfahren zur Vorbereitung eines späteren Referentenentwurfs über die Berufe in der Physiotherapie angestoßen und u. a. die Verbände zu Stellungnahmen aufgefordert. Ein erster Schritt in die richtige Richtung – keine Frage. Was ist eigentlich daraus geworden? Und wie geht es jetzt weiter?

Abbildung im Dashboard
Wenn die Berufsgesetze der Ergo- und Physiotherapeuten, Logopäden und Podologen überarbeitet und aktualisiert wurden, sind 40 Prozent auf dem Weg zum Direktzugang erreicht. Diese 40 Prozent setzen sich ganz einfach aus jeweils zehn Prozent für jede Berufsgruppe zusammen.

Warum nehmen die Berufsgesetze einen so großen Teil ein?
Die Berufsgesetze bilden die Voraussetzung für den Direktzugang, denn sie legen die Rahmenbedingungen fest. Wer kann als Therapeut mit Direktzugang arbeiten? Welche Qualifikationen setzt das voraus? Wie sieht die Ausbildung aus? Ist eine Akademisierung/Teilakademisierung nötig? Welche Zugangsvoraussetzung gibt es? Wie wird die Ausbildung finanziert? Gibt es eine Ausbildungsvergütung? Welche Kompetenzen werden vermittelt? Das sind nur einige der Fragen, die es dabei zu beantworten gilt. Sie sehen, hier müssen die Weichen gestellt werden für Zukunft der Berufe. Ohne die entsprechenden Grundlagen an dieser Stelle, ist ein Direktzugang gar nicht möglich.

Bisherige Umsetzung: 5 Prozent

Anteil am Gesamtziel 40 Prozent

Ein „allgemeines Heilberufegesetz“

Die Berufsgesetze legen die Rahmenbedingungen für jede einzelne Berufsgruppe fest. Sie beschreiben, wer als Ergotherapeut, Logopäde, Physiotherapeut oder Podologe arbeiten darf. Das bildet die Grundlage für den nächsten Schritt. Denn damit Therapeuten tatsächlich im Direktzugang Patienten behandeln dürfen, brauchen wir ein allgemeines Heilberufegesetz, dass die Beziehungen zwischen den Heilberufen untereinander und zu den Patienten regelt.

Ein solches Gesetz gibt es derzeit nicht. Es gilt aktuell, dass Heilkunde nur ausüben darf, wer approbiert ist oder als Heilpraktiker arbeitet. Viele Therapeuten haben darum den Weg des sektoralen Heilpraktikers gewählt, um somit den Direktzugang für Selbstzahler zu ermöglichen. Doch das kann nicht das Ziel sein. Es muss ein allgemeines Heilberufegesetz geben, das regelt, welche Berufsgruppen eigenverantwortlich Heilkunde ausüben dürfen und welche Qualifikationen dafür erforderlich sind.

Abbildung im Dashboard

Diese 10 Prozent auf dem Weg zum Direktzugang sind erreicht, wenn ein allgemeines Heilberufegesetz verabschiedet ist, das vorsieht, dass auch Therapeuten Heilkunde ausüben dürfen.

Bisherige Umsetzung: 0 Prozent

Anteil am Gesamtziel 10 Prozent

Hintergrund: Heilpraktikergesetz

Das Problem mit dem Heilpraktikergesetz ist u. a., dass es die Ausübung der Heilkunde erlaubt, aber nicht geprüft wird, ob und wenn ja über welche medizinischen Fachkenntnisse ein Heilpraktiker verfügt. Die „Erlaubnis zur Ausübung von Heilkunde erhält vielmehr jede Person, die in einer Überprüfung vor dem Gesundheitsamt oder der nach Landesrecht zuständigen Stelle nachweist, dass von ihr keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die sie aufsuchenden Patientinnen und Patienten ausgeht“, heißt es dazu auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums. Zudem ist das Heilpraktikergesetz in seiner jetzigen Form verfassungswidrig, wie ein vom BMG in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten behauptet. Eine Reform des Heilpraktikerrechts ist also ohnehin überfällig. Warum nicht direkt in einem allgemeinen Heilberufegesetz festlegen, wer Heilkunde ausüben darf und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen?

Weiterentwicklung des elektronischen Gesundheitsberuferegisters (10 Prozent)

Das Gesundheitsberuferegister bietet die Möglichkeit, Therapeuten eindeutig identifizieren zu können. Bei den Ärzten ist die Approbation an den einzelnen Arzt gebunden und es gibt ein Arztregister. Bei den Therapeuten ist das nicht der Fall. Hier kennen wir die Praxen mit ihrer Zulassung, nicht aber die einzelnen Therapeuten mit ihren jeweiligen Qualifikationen. Um den Direktzugang umzusetzen, ist die eindeutige Identifizierung aber nötig. Das Gesundheitsberuferegister bietet damit eine Struktur, die für den Direktzugang notwendig ist und die bislang fehlt. Es ist also wichtig, es weiterzuentwickeln und für alle Heilmittelerbringer zugänglich zu machen.

Bisherige Umsetzung: 20 Prozent

Anteil am Gesamtziel 10 Prozent

Der elektronische Heilberufeausweis

Über das elektronische Gesundheitsberuferegister (eGBR) erhalten Leistungserbringer, die nicht über eine eigene Körperschaft zur Ausgabe der Ausweise verfügen, den elektronischen Heilberufsausweise (eHBA). Dazu gehören neben Hebammen und Pflegekräften auch die Heilmittelerbringer. Der eHBA ermöglicht die Teilnahme an der Telematikinfrastruktur.

Seit Januar 2022 läuft der Pilotbetrieb zur Ausgabe elektronischer Heilberufeausweise. Physiotherapeuten, die ihre Berufserlaubnis in Nordrhein-Westfalen erhalten haben, können den eHBA nun beantragen. Es ist vorgesehen, dass im Laufe des ersten Quartals 2022 auch die Physiotherapeuten aus den anderen Bundesländern nach und nach Zugang zum eGBR erhalten, wie die Bezirksregierung Münster Mitte Januar 2022 mitteilte. Über den Zeitplan für Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen ist bislang nichts bekannt.

Schaffung eines Modellprojekts für den Direktzugang (40 Prozent)

Wie die vorherigen Punkte gezeigt haben, muss für den Direktzugang für Therapeuten noch an vielen Stellschrauben gedreht werden. Das Thema ist komplex und lässt sich nicht nur an einer Stelle lösen. Für ein Modellprojekt ist es jedoch gar nicht nötig, darauf zu warten, dass die Berufsgesetze reformiert, das Beruferegister für alle Heilmittelerbringer zugänglich und ein allgemeines Heilberufegesetz verabschiedet ist. Es gäbe auch die Möglichkeit, für Modellprojekte Ausnahmeregelungen zu schaffen, um eben Wege des Direktzugangs in der Praxis zu testen. Welchen Weg die Ampelkoalition hier verfolgt, wissen wir nicht. Aber Modellprojekte dringend nötig, um herauszufinden, wie sich der Direktzugang in der Praxis umsetzen lässt.

Abbildung im Dashboard

Dieser Teil ist erfolgreich umgesetzt, wenn es für jede Berufsgruppe ein Modellprojekt für den Direktzugang gibt – je zehn Prozent also für Ergotherapeuten, Logopäden, Physiotherapeuten und Podologen.

Bisherige Umsetzung: 0 Prozent

Anteil am Gesamtziel 40 Prozent

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