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Verordnungsbereitschaft erhöhen

Wie Sie mit aussagekräftigen Berichten die Begründung für den Therapiebedarf liefern
Ärzte müssen den langfristigen Heilmittelbedarf (LHB) medizinisch begründen, sofern die Diagnose nicht in Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie gelistet ist und die Patienten einen Antrag bei ihrer Krankenkasse auf LHB stellen müssen (§ 8 Abs. 5 der Heilmittel-Richtlinie). Die wenigsten Ärzte haben die Zeit und Lust, eine ausführliche medizinische Begründung zu schreiben, einigen fehlen auch wichtige Informationen. Überlassen Sie also nichts dem Zufall und liefern Sie dem Arzt mit Ihrem Bericht die Begründung für den Therapiebedarf. Ärzte dürfen dafür nämlich auf Fremdbefunde zurückgreifen (§§ 6a, Abs. 1 und 2 HeilM-RL). Wie Sie dabei am besten vorgehen, zeigen wir Ihnen kompakt zusammengefasst.
© schmolzeundkühn

Punkt 1: Therapiebedarf definieren

Der Therapiebedarf wird in § 3 Abs. 2 der Heilmittel-Richtlinie wie folgt definiert:

„Heilmittel können zulasten der Krankenkassen nur verordnet werden, wenn sie notwendig sind, um

– eine Krankheit zu heilen,

– ihre Verschlimmerung zu verhüten,

– Krankheitsbeschwerden zu lindern,

– eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,

– einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,

– oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden

– oder zu mindern.“

Für Sie bedeutet das: Nutzen Sie diese sieben Indikations-Korridore, um in Ihren Therapieberichten zu begründen, warum es wichtig ist, Heilmitteltherapie zu verordnen. Sie sollten Standard und Basis eines jeden Therapieberichts sein.

Exkurs: Begutachtungsanleitung Heilmittel

Die Grundstruktur der medizinischen Begründung umfasst den Therapiebedarf sowie die Therapiefähigkeit, -prognose und das -ziel (§8 Abs. 5 HeilM-RL). Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDK) definiert in der Begutachtungsanleitung Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes nach § 282 SGB V „Ärztlich verordnete Heilmittel“ die Inhalte. Die Begutachtungsanleitung können Sie hier herunterladen.

Punkt 2: Zustand der Patienten ermitteln

„Die Verordnung von Heilmitteln kann nur erfolgen, wenn sich die Verordnerin oder der Verordner von dem Zustand der oder des Versicherten überzeugt, diesen dokumentiert und sich erforderlichenfalls bei der oder dem Versicherten über die persönlichen Lebensumstände (Kontextfaktoren) sowie über bisherige Heilmittelverordnungen informiert hat oder wenn ihr oder ihm diese aus der laufenden Behandlung bekannt sind“, so steht es in § 3 Abs. 3 der Heilmittel-Richtlinie.

Für Sie bedeutet das: Unterstützen Sie die verordnenden Ärzte dabei, indem Sie den Zustand des Patienten selbst ermitteln und im Therapiebericht aufnehmen.

Punkt 3: Indikation konkretisieren

Laut § 3 Abs. 5 der Heilmittel-Richtlinie ist die alleinige Diagnose keine Begründung für die Verordnung von Heilmitteln. Sie ergibt sich vielmehr „aus der Gesamtbetrachtung der funktionellen oder strukturellen Schädigungen und der Beeinträchtigung der Aktivitäten einschließlich der person- und umweltbezogenen Kontextfaktoren.“

Für Sie bedeutet das: Unterstützen Sie die Ärzte mit zusätzlichen Informationen, indem Sie die Notwendigkeit der Therapie mithilfe der Indikationsbeschreibung begründen. Dafür eignet sich etwa das bio-psycho-soziale Modell der ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health). Diese vercodet die Lebensqualität – ein Aspekt, der in der Heilmittel-Richtlinie von immer größerer Bedeutung ist – und zeigt die Wechselwirkungen zwischen den Komponenten der ICF auf. Diese umfassen: Gesundheitsproblem, Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten, Partizipation (Teilhabe), Umweltfaktoren, personenbezogene Faktoren.

Tipp: Die HMK.APP bietet die Möglichkeit, für die einzelnen Diagnosegruppen ICF-Befundbögen zu erstellen. Klicken Sie in dem Reiter dafür rechts auf das Feld ICF. Dann öffnet sich eine Maske mit Auswahlmöglichkeiten zum Alter des Patienten, zu Beruf/Schule/Ausbildung, zur Körperregion und zu den infrage kommenden ICF-Klassifikationen. Den Befundbogen können Sie dann als Grundlage für den Bericht nutzen. Sie können über die App auch einen Patientenfragebogen ausdrucken, den der Patient dann selbst ausfüllt. Zum einen können Sie so Ihre Therapieplanung darauf abstimmen und zum anderen kann der Patient den Bogen direkt seinem Arzt als Befund mitgeben.

Tipps für den „perfekten“ Therapiebericht

  • Machen Sie sich als allererstes bewusst, was Sie dem Arzt in dem ausführlichen Therapiebericht inhaltlich liefern müssen, damit er weiter verordnet. Denn genau das ist das Ziel, das Sie mit dem Therapiebericht verfolgen.
  • Legen Sie dann fest, wie der Bericht sprachlich und optisch aufbereitet sein muss. Fragen Sie auch den Arzt ruhig, wie der Bericht aussehen muss, damit er für ihn einen Mehrwert hat und stimmen sie sich über die Form, den Umfang und die Übermittlung ab.
  • In einen Therapiebericht gehört zudem immer auch eine prognostische Einschätzung von Ihnen. Verwechseln Sie eine solche Prognose aber nicht mit einer Empfehlung. Diese ist hier nicht angebracht.

 

Tipp: Wenn Sie mit den Ärzten in Kontakt treten, dann verdeutlichen Sie, welche Vorteile Ihr Therapiebericht hat: Er dient als Beleg für die ärztliche Dokumentation, als Nachweis für Regressverfahren und gibt Aufschluss über den aktuellen Befund, z. B. über ICF. Das wirkt sich positiv auf die Zusammenarbeit mit dem Arzt aus. Weitere Tipps für die Kommunikation mit Ärzten lesen Sie hier.

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