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Stimmt das?

Freie Therapeuten sind rentenversicherungspflichtig?
Bevor ein Freelancer in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, prüft die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mithilfe eines Statusfeststellungsverfahren, ob die freien Kräfte rentenversicherungspflichtig sind oder nicht. Denn viele Selbstständige müssen, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen, nicht in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Bei freien Physiotherapeuten gibt es dabei aktuell jedoch immer wieder Probleme.
© fizkes

„Ein Problem, dass wir immer wieder haben, ist dass die Deutsche Rentenversicherung uns freie Therapeuten ohne eigene Praxis immer wieder als nicht selbstständig ansieht“, erklärt Alexandra Walz. „Damit hatten wir in der Vergangenheit einen riesigen Ärger. Wir haben die Statusfeststellungsverfahren so gemacht, wie wir sie machen mussten und es kam von der Deutschen Rentenversicherung immer die Antwort, wir seien scheinselbstständig.“ Die DRV habe dabei gar nicht auf die Kriterien der Selbstständigkeit geschaut, die sie sehr wohl alle erfüllt habe.

„Als ich damals mit meiner Selbstständigkeit angefangen habe, war das alles noch kein Problem. Die DRV hat sich die Argumentation angesehen, geschaut, wie ich arbeite und dann war für sie klar, dass ich selbstständig bin und nicht gesetzlich rentenversicherungspflichtig“, sagt die Therapeutin. „Das hat sich alles 2014 mit einem Beschluss aus Bayern geändert, in dem es hieß, dass alle Physiotherapeuten der Rentenversicherungspflicht unterliegen. Seitdem lehnt die DRV Anträge immer sofort ab.“

Deutsche Rentenversicherung bleibt trotz verschiedener Urteile stur

Den Beschluss, den Alexandra Walz meint, ist der des Bayerischen Landessozialgericht vom 13. Februar 2014 (Az. L 5 R 1180/13 B ER). Seitdem sieht die Deutsche Rentenversicherung (DRV) freie Physiotherapeuten ohne eigene Praxis gerne generell als Angestellte und somit Versicherungspflichtige an – obwohl es bereits mehrere Urteile gibt, die zu einem anderen Ergebnis kommen. Auch das Bundessozialgericht hat unter anderem in einem Urteil aus dem Jahr 2016 entschieden, dass Therapeuten auch ohne eigene Praxis selbstständig sein können (Az.: 12 KR 20/14 R). „Wir mussten in allen Fällen vor Gericht ziehen und haben alle gewonnen – teilweise sogar in zweiter Instanz, weil die DRV dann noch in Berufung gegangen ist.“ Die Richter erkannten: Die mobilen physios haben mehrere Auftraggeber, einen eigenen Internetauftritt, treten also selbst am Markt auf, eigenes Briefpapier und Visitenkarten, sie machen eigene Werbung, haben einen eigenen Terminkalender usw. Somit sei keine Scheinselbstständigkeit erkennbar. Trotzdem müssen viele freie Therapeuten weiterhin vor Gericht ziehen, weil sie als scheinselbstständig und rentenversicherungspflichtig eingestuft werden.

Praxisinhaber empört über das Handeln der Versicherung

Auch Oliver Spiwokz kennt den Ärger mit der DRV. „Ich habe damals bei meiner Zusammenarbeit mit Ulrich Walz von der DRV ein ganzes Pamphlet an Formularen erhalten, die ich ausfüllen sollte. Das habe ich dann gemeinsam mit dem freien Therapeuten sehr gewissenhaft getan“, berichtet Spiwokz. „Ende Juni habe ich dann den Umschlag mit den Formularen in den Briefkasten gesteckt und am nächsten Tag hatte ich bereits die Antwort, also die Ablehnung, von der DRV im Postkasten. Wie das gehen soll, ist mir ein Rätsel. Die haben mir eine Ablehnung geschickt, ohne unsere Unterlagen anzusehen. Das ist eine Frechheit.“

Im Zweifel vor Gericht ziehen

Sollte die DRV also in einem Statusfeststellungsverfahren die Selbstständigkeit eines freien Therapeuten in Frage stellen, hilft es nur, dagegen zu klagen. Bisher scheint die Aussicht auf Erfolg sehr gut, natürlich nur, wenn die Kriterien der Selbstständigkeit auch wirklich Bestand haben.

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