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„Beginnen Sie rechtzeitig mit der Planung, bereiten Sie sich vor und suchen Sie sich Hilfe“

Interview mit Dr. Birgit Schröder, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht aus Hamburg

Nach Jahrzehnten im Beruf, tausenden Patienten und zahlreichen Fortbildungen kommt für jeden Praxisinhaber der Moment des verdienten Ruhestandes. Dann stellt sich die Frage: Wer übernimmt meine Praxis? Dr. Birgit Schröder erklärt, welches die ersten Schritte beim Praxisverkauf sind und was es alles zu beachten gibt.
© Beata Lange

Frau Dr. Schröder, Sie kennen sich mit dem Thema bestens aus und geben Seminare zum Thema. Angenommen ich möchte meine Praxis in fünf Jahren verkaufen. Wann sollte ich das Projekt starten?

Dr. Schröder: Je früher, desto besser. Wenn Sie ein halbes Jahr vor Ihrem geplanten Ruhestand anfangen, kann das schon sehr eng werden. Denn mit Zeitdruck verkauft es sich schlecht. Dann erzielen die Verkäufer oft etwa ein Drittel weniger.

Wer sich hingegen Zeit lassen kann, den stört es nicht, vielleicht noch ein Jahr auf einen Käufer zu warten, der den passenden Preis zahlt. Ich würde jedem raten, etwa zwei bis drei Jahre vorher mit der Suche nach einem Käufer zu beginnen. In ländlichen Regionen vielleicht noch früher. Denn hier ist die Situation für verkaufswillige Praxisinhaber mitunter sehr schwierig.

Worüber sollte ich mir im Vorfeld Gedanken machen?

Dr. Schröder: Stellen Sie sich die Frage, ob Sie sich selbst um den Verkauf kümmern möchten oder einen Makler engagieren. Das kennen wir zwar bisher meist nur aus der Ärzteschaft und ein Makler kostet natürlich viel Geld, aber dieser Weg kann beispielsweise für Therapeuten interessant sein, die ihre Praxis im ländlichen Raum haben. Denn diese haben oft große Schwierigkeiten, überhaupt einen Nachfolger zu finden.

Was sind die ersten Schritte eines Verkaufs?

Dr. Schröder: Nachdem Sie sich gründlich vorbereitet haben, schalten Sie eine Anzeige. Interessenten melden sich, Sie telefonieren, dann vereinbaren Sie meist schnell einen Besichtigungstermin. Die potenziellen Käufer schauen sich die Räumlichkeiten an und fragen dann auch nach den Zahlen: Wie hoch sind die Umsätze und wie hoch ist der Preis für die Praxis?

Wenn man einen Käufer gefunden hat, schließt man einen Praxisübernahmevertrag. Was gehört rein? Gibt es Musterverträge?

Dr. Schröder: Ja, Musterverträge gibt es. Diese können auch eine gute Grundlage sein. Käufer und Verkäufer sollten sie aber nicht unreflektiert einfach übernehmen. Es gibt immer wieder Fälle, wo beide Parteien Geld sparen wollen, einen Mustervertrag aus dem Internet verwenden und dann passt der gar nicht richtig. Solange alle sich einig sind, ist das auch kein Problem. Tauchen aber Streitigkeiten auf, dann wird das ganze Projekt viel teurer, als es geworden wäre, wenn man gleich einen ordentlichen Vertrag aufgesetzt hätte.

Wo können Probleme lauern?

Dr. Schröder: Ich kenne einen Fall, da haben Käufer und Verkäufer nur einen mündlichen Vertrag geschlossen und streiten sich nun vor Gericht, was von dem Inventar nun alles mitverkauft wurde. Hätten sie ein ausführliches Inventarverzeichnis, wäre die Sache eindeutig. Ein anderer Fall: Eine Praxis wurde auch nur mit einem mündlichen Vertrag verkauft. Der alte Inhaber hat fünf Straßen weiter eine neue Praxis eröffnet und die alten Patienten mitgenommen. Hier wurde kein Wettbewerbsverbot festgehalten.

Selbstverständlich geht ein Verkauf ohne Vertrag nicht immer schief. Wir Anwälte sehen natürlich immer nur die Fälle, in denen es Streitigkeiten gibt.

Wie können sich Verkäufer beim Vertrag rechtliche Hilfe holen und mit welchen Kosten müssen sie rechnen?

Dr. Schröder: Sprechen Sie mit Ihrem Anwalt. Manche Verkäufer bereiten Verträge vor und schreiben auf, welche Punkte ihnen wichtig sind. Andere kommen in die Kanzlei und ich frage die wichtigen Details ab. Einige Anwälte rechnen dann nach Gebührenordnung ab, andere nach Aufwand.

Am Ende geht der Vertrag vor der Unterzeichnung noch einmal zum Steuerberater. Dieser schaut ihn sich auf steuerliche Besonderheit an und gibt eventuell Änderungen durch.

Was passiert mit den Patientendaten in Bezug auf den Datenschutz?                 

Dr. Schröder: Wenn die Patientenkartei in Papierform existiert, kommen alle Patientenstammdaten in einen extra Schrank. Das ist das sogenannte Zwei-Schrank-Modell. Es gibt dann einen Verwahrungsvertrag mit dem Käufer. Kommt ein Patient in die Praxis, dann darf der neue Inhaber die Karteikarte aus dem Schrank entnehmen und in seinen neuen Patientenbestand aufnehmen. Wenn Patienten nicht kommen, müssen die Daten verwahrt und dürfen nicht verwendet werden. Bei einer elektronischen Dokumentation läuft das über einen passwortgeschützten Bereich. Darum kümmern sich die Dienstleister der Praxissoftware.

Was empfehlen Sie Praxisinhabern, die ihre Praxis verkaufen möchten?

Dr. Schröder: Beginnen Sie rechtzeitig mit der Planung, bereiten Sie sich vor und suchen Sie sich Hilfe. Aber verzichten Sie auf überteuerte Gutachten. Am Ende bestimmt nicht ein Gutachter den Preis, sondern ob Sie einen Käufer finden, der bereit ist, ihn zu bezahlen. Besser ist es darum, sich selbst in Kursen zu informieren, worauf es beim Verkauf der Praxis ankommt, um sich dann gezielt die passende Unterstützung zu holen.

 

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