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Gegen die Leere im Kopf

Wie Sie in 12 Schritten kreative Blockaden lösen
Normalerweise finden Sie an dieser Stelle einen Artikel zur Inspiration, in dem wir Ihnen neue Konzepte, Behandlungen oder Therapiewerkzeuge vorstellen, die Therapeuten entwickelt haben. Doch bis zu diesen fertigen „Endprodukten“ ist es oft ein langer Weg. Eines der größten Hindernisse beim Vorankommen sind oft wir selbst. Die Idee ist da, aber es fehlt ein entscheidendes Detail für die Umsetzung, das Design ist noch nicht perfekt oder der Name noch nicht ganz überzeugend. Ganz klar, eine kreative Blockade hält uns zurück. Der Flow-Fahrplan kann helfen, diese zu überwinden und eigene Ideen voranzubringen.
© iStock: Leylaynr

„Viele Tools zum Lösen von kreativen Blockaden, wie etwa das Brainstorming, zielen ausschließlich darauf ab, den Ideenfluss in Bewegung zu setzen“, erklärt die Diplompsychologin Lilo Endriss. „Aus Erfahrung weiß ich jedoch, dass das alleine oft nicht reicht, um kreative Blockaden dauerhaft zu überwinden. Denn auch persönliche Faktoren wie Gefühle, Motivation und das soziale Umfeld wirken sich auf unsere Kreativität aus und können der Grund für (wiederkehrende) Blockaden sein. Um diese ausfindig zu machen und zu überwinden, habe ich den Flow-Fahrplan entwickelt.“

Er ist eine logisch aufeinander aufgebaute Ablauforganisation, die wie eine Art Checkliste abgearbeitet wird. Zu jedem der zwölf Stationen finden sich Kreativitätstechniken, die dabei helfen können, bestimmte Blockaden zu überwinden. Der Fahrplan ist also keine Patentlösung, sondern vielmehr ein Pool aus verschiedenen verhaltensbezogenen Kreativitätstechniken, aus denen Sie die für Sie zutreffenden auswählen.

Beispiel Flow-Fahrplan

So könnte ein typischer Flow-Fahrplan für Praxisinhaber aussehen:

Station 1: Anreger von außen

Jeder Reiz und jeder Stimulus kann den kreativen Geist fördern oder hemmen. In Station 1 gilt es, diese störenden Faktoren zu erkennen und zu beseitigen.

Mögliche Blockade: Eingeschränkte Bewegungsfreiheit

Von der Praxis auf das Sofa, ins Bett und wieder in die Praxis – wie sollen da kreative Ideen entstehen? Bewegung ist eine altbewährte Methode, um die Gedanken in Schwung zu bringen. Besonders gut eignet sich gleichförmige Bewegungen, wie spazieren gehen oder das Abwaschen per Hand. Sie versetzen uns in eine Art leichten Trance, die uns hilft, leichter auf neue Ideen zu kommen.

Station 2: Wahrnehmung

Über unsere Sinnesorgane prasseln viele Außenreize auf uns ein, etwa Temperaturen, Geräusche oder Gerüche. Diese Reize können kreativitätsfördernd sein – oder aber auch nicht.

Mögliche Blockade: Ständige Ablenkung

Flüchtigkeitsfehler sprechen dafür, dass sie nicht bei der Sache waren, sondern äußere Reize Sie abgelenkt haben. Stehen kreative Aufgaben an, sorgen Sie daher für eine reizarme Umgebung, abgeschottet von Mitmenschen und lauten Geräuschen. Werden Sie doch mal abgelenkt, kann kurzes Meditieren helfen, sich wieder zu fokussieren.

Station 3: Erfassendes Denken

Interpretieren, Klassifizieren, Schlussfolgern oder Bewerten ­– in diesem Schritt geht es um die gedankliche Verarbeitung der Wahrnehmung. Durch Denkfehler, unlogische Folgerungen oder voreilige Entschlüsse können Kreativitätsblockaden entstehen.

Mögliche Blockade: Griff nach der erstbesten Idee

Wirklich gute Ideen entstehen oft erst, wenn wir uns nicht mit den erstbesten Einfällen zufrieden zu geben. Entwickeln Sie Geduld, manche Ideen müssen „reifen“. Und auch wenn Ihnen eine Idee als gut erscheint, versuchen Sie, weitere Alternativen zu finden. Vielleicht entpuppt sich eine davon als noch besser.

Station 4: Emotionen

Gefühle können unser Erleben und Handeln stark beeinflussen. Haben Sie einen guten Zugang zu den eigenen Emotionen, fällt es Ihnen leichter, diese einzuordnen und in Ihre Entscheidung einfließen zu lassen.

Mögliche Blockade: Risikoscheu

Einige Menschen sind extrem risikoscheu und verpassen dadurch vielleicht wertvolle Chancen. Finden auch Sie sich in diesem Verhalten wieder, kann folgende Übung helfen: Schreiben Sie alle negativen Befürchtungen auf. Prüfen Sie, was Sie jeweils brauchen, um sich sicherer zu fühlen, etwa weitere Informationen. Machen Sie sich zudem klar, dass es keine hundertprozentige Sicherheit im Leben gibt, Sie aber durchaus mit überlegtem Handeln dafür sorgen können, das Risiko negativer Folgen zu verringern.

Station 5: Sozialisation

Die Gesellschaft, der Erziehungsstil der Eltern oder die Lehrer – schon in jungen Jahren wird unsere Persönlichkeit, unser Handeln und unsere Grundeinstellung zu bestimmten Dingen geprägt. Das kann bei kreativen Prozessen hinderlich sein.

Mögliche Blockade: Mangel an Selbstvertrauen

Geringes Selbstvertrauen erschwert es, sich auf Neues einzulassen und kreativ zu werden. Wenn auch Sie schnell an sich zweifeln, hinterfragen Sie Ihre Einstellung zu Misserfolgen. Wurde Ihnen in der Kindheit etwa vermittelt, dass Sie nicht gut genug sind? Oder wurde jede schlechte Note auf die Goldwaage gelegt? Legen Sie solch alte Sichtweisen ab und treten Sie den Gegenbeweis an, indem Sie sich vor Augen führen, was Sie bisher alles geschafft haben.

Station 6: Personale Dispositionen

Jeder Mensch bringt bestimmte Begabungen und Potenziale mit, durch die er sich von anderen Menschen unterscheidet. Manchmal sind uns diese jedoch gar nicht bewusst, bzw. wir wurden nie darauf aufmerksam gemacht.

Mögliche Blockade: Missachtung hochsensible Persönlichkeit (HSP)

Einige Menschen empfangen viel mehr Informationen über die Augen, Ohren, Nase und Fingerspitzen, als andere. Sie fühlen sich jedoch oft auch schneller gestresst. Durch ihr feines Gespür haben sie eine wertvolle Gabe: Sie sind oft kreativer. Um diese Fähigkeit voll auskosten zu können, ist es wichtig, sich den Freiraum zu nehmen, sich zurückzuziehen. Achten Sie darauf – auch an stressigen Tagen.

Station 7: Gesellschaft und Kultur

Neben der Genetik sind es vor allen Dingen Erfahrungen und gesellschaftlich-kulturelle Einflüsse, die uns zu dem machen, wer wir sind. Eine Erziehung mit strengen moralischen Vorschriften oder stark gesellschaftlich geprägten Vorurteilen prägt uns zumeist für das ganze Leben – ein Aspekt, der kreatives Handeln hemmen kann.

Mögliche Blockade: Arbeit-Spiel-Dichotomie

Arbeit und Vergnügen zu trennen, ist hierzulande immer noch weit verbreitet. Wer sich davon löst und es schafft, mehr vergnügliche Leichtigkeit in den (Arbeits-)Alltag zu bringen, schult auch die Fähigkeit, kreativ zu denken – sei es das Lego oder eine Spielfigur auf dem Schreibtisch, eine Runde Mah Jong am PC oder eine Geschicklichkeitsübung auf dem Weg nach Hause in der Bahn.

Station 8: Motivation

Traue ich mir zu, etwas Neues auszuprobieren? Verfüge ich über die dazu nötigen Fertigkeiten? Und wenn ja, will ich das überhaupt? Auch die eigene Motivation kann kreatives Handeln fördern – oder blockieren.

Mögliche Blockade: Ungenügendes Durchhaltevermögen

Mit Elan stürzen Sie sich in neue Projekte, doch dann verlieren Sie die Lust, weiterzumachen? Rückschläge demotivieren Sie? Um das Durchhaltevermögen zu fördern, helfen Geduldsspiele, etwa solche, bei denen Sie kleine Kugeln mit Geschick in ein Ziel manövrieren müssen. Sie helfen, sich in Geduld zu üben, wenn Ergebnisse auf sich warten lassen und schärfen die Fähigkeit, bei einer Sache am Ball zu bleiben.

Station 9: Entwerfendes Denken

Bei dieser Station befinden wir uns an einer Stelle, an der wir planen, steuern, entscheiden und Probleme lösen können. Unsere Herangehensweise entscheidet, wie kreativ das Ergebnis ist.

Mögliche Blockade: Schnelles vs. langsames Denken

Für unsere Vorfahren war es wichtig, in Gefahrensituationen blitzschnell reagieren zu können. Diesen Instinkt besitzen wir auch heute noch. In der Entscheidungsfindung kann uns dieser jedoch hinderlich werden. Etwa wenn wir uns auf den erstbesten Einfall verlassen und sich dieser im Nachhinein als ungünstig herausstellt. Wenn auch Sie dazu neigen, voreilig Entschlüsse zu ziehen, versuchen Sie folgendes: Gehen Sie davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit einer kreativen Lösung wächst, je mehr Ideen Sie entwickeln. Ist eine Idee gewachsen, schlafen Sie eine Nacht darüber, um am nächsten Tag mit dem nötigen Abstand Ihre Überlegungen noch einfach zu überprüfen. Fällen Sie erst dann Entscheidungen.

Station 10: Ausdruck/Verhalten im engeren Sinn

Die Einfälle, die wir produziert haben, gilt es nun umzusetzen. Das ist jedoch manchmal leichter gesagt als getan. Denn auch hier lauern Blockaden, die uns daran hindern können, kreativ zu agieren.

Mögliche Blockade: Mangel an Spontanität

Spontanität und kreatives Verhalten begünstigen sich. Wer öfter einfach macht und nicht lange über Vor- und Nachteile des Handelns überlegt, ist oft auch freier im Entwickeln neuer Ideen. Die gute Nachricht: Spontanität kann man lernen, und zwar ganz einfach durch mehr Improvisation im Alltag. Bestellen Sie im Restaurant ein Gericht, dass Sie so nie nehmen würden, greifen Sie morgens einfach mal zum Fahrrad, um zur Arbeit zu fahren, oder sagen Sie ja zu kurzfristigen Verabredungen.

Station 11: Effekte/Handlungen

Damit aus einer Absicht und den Ideen zur Umsetzung eine aktive Handlung entsteht, benötigt es vor allen Dingen eines: Willen. Doch trotz bester Absichten gibt es Blockaden, die einen daran hindern können, aktiv zu werden.

Mögliche Blockade: Zeitmangel wegen Überbeanspruchung durch andere

Ihr Terminkalender ist voll und Sie kommen einfach zu gar nichts? Zerstückelte Zeit gehört zu einer der größten Sperren, wenn es darum geht, eine Idee in die Tat umzusetzen. Wichtig ist also, sich bewusst Zeit für die aktive Umsetzung zu nehmen. Lernen Sie, auch mal nein zu sagen, geben Sie Zuständigkeiten und Aufgaben ab und versuchen Sie, sich um Anliegen, die wirklich warten können, nicht sofort zu kümmern.

Station 12: Persönliches Umfeld

Freunde, Patienten, Partner, Mitarbeiter – es gibt viele Menschen, die die Kreativität ausbremsen können, sei es durch Ablehnung oder völliges Desinteresse. Auch Niederlagen können dazu führen, die Lust am kreativen Handeln zu verlieren. Sich zu sehr von außen regulieren zu lassen, kann blockierend wirken.

Mögliche Blockade: Zu viel Routine-Arbeiten

Der Alltag aber auch der Feierabend sind häufig mit wiederkehrenden Aufgaben getaktet, die wenig anspruchsvoll sind, aber eben erledigt werden müssen. Da bleibt wenig Spielraum, kreativ zu handeln. Was zunächst hilft ist, sich die Routine-Arbeiten bewusst zu machen und sie als solches zu akzeptieren. Versuchen Sie zudem, die Aufgaben mit angenehmen Dingen zu verbinden, etwa bei stupiden Büroarbeiten ein Podcast zu hören. Und: Wenden Sie nur so viel Energie und Zeit für die Erledigung auf, wie tatsächlich notwendig ist.

Fahrplan für den Flow

Kreative Blockaden analysieren und mit Coaching auflösen
Autoren: Endriss, Lilo
ISBN 978-3-658-25738-5
Softcover: 37,99€
(Stand: Januar 2020)

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