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Schüchterne Kinder werden mutig mit Til Tiger

Ergotherapeutin bietet seit acht Jahren ein erfolgreiches Training an
Welches Kind träumt nicht davon, mutig wie ein Tiger zu sein. Doch oftmals ist das Gegenteil der Fall: Viele sind unsicher und schüchtern. Gerade mit dem Eintritt in die Schule beginnt für Kinder ein neuer Lebensabschnitt, der viel Mut erfordert. Hier setzt das verhaltenstherapeutische Trainingsprogramm Mutig werden mit Til Tigeran. Die Ergotherapeutin Anke Müller bietet es bereits seit acht Jahren erfolgreich in ihrer Praxis für Ergotherapie und Prävention in Langenhagen an.
© Anke Müller

Das Problem war der Praxisinhaberin schon lange bekannt: „Wir behandeln viele Kinder mit sehr geringem Selbstwertgefühl, und so lag es nahe, dass wir zu diesem Thema einen Präventionskurs anbieten.“ Spezielle Voraussetzungen waren nicht erforderlich, erinnert sich die 41jährige Therapeutin. „Mir war es nur wichtig, dass eine ergotherapeutische Fachkraft den Kurs begleitet, um den Kindern und Eltern eine qualitativ gute Leistung anzubieten, die unsere ganze ergotherapeutische Kompetenz widerspiegelt.“

Interesse einer Mitarbeiterin

Für Anke Müller ist das Feedback ihrer Mitarbeiter wichtig. Und so gibt es regelmäßige Personalgespräche. Bei einer dieser Gesprächsrunden zeigte eine Mitarbeiterin Interesse an einem Präventionskurs mit schüchternen Kindern. Grundlage für die Vorbereitung des Kurses war unter anderem der Ratgeber „Mutig werden mit Til Tiger!“ der beiden Psychotherapeutinnen Dr. Sabine Ahrens-Eipper und Katrin Nelius aus Halle. Mit diesem Buch sowie weiterer Fachliteratur arbeitete sich die Mitarbeiterin in die Thematik ein und erstellte ein entsprechendes Konzept, das sich in den Praxisablauf gut einfügte. „Die Vorbereitungen dauerten etwa 10 bis 15 Stunden“, so die Praxisinhaberin, „und verteilten sich auf rund zwei Monate inklusive der Materialvorbereitung sowie einer Marktanalyse, die ein weiterer Kollege durchführte.“

Eigene Faltblätter und Plakate

Wie für andere Präventionskurse entwickelte die Therapeutin mit ihrem Team ein Faltblatt mit dem Titel „Mutig werden mit Til Tiger! – Selbstbewusstsein leicht gemacht“. Sie verschickten sie gezielt an Patienten, von denen sie glaubten, dass ein Bedarf an einem solchen Kurs bestehe, aber auch an Kollegen, Kindergärten, Schulen und Arztpraxen. Gleichzeitig warb ein Plakat in ihren eigenen Praxisräumen für den neuen Kurs. Weitere Investitionen: Entsprechende Fachliteratur und Material für die Durchführung, unter anderem eine Handpuppe sowie Mappen mit weiterführenden Informationen für die Eltern.

Checkliste zur Kursvorbereitung

Der Kurs wurde ein Erfolg: Vor acht Jahren starteten sie ihr erstes elfwöchiges Trainingsprogramm. Und seither findet meist zwei Mal pro Jahr ein Til Tiger-Kurs mit maximal fünf Kindern statt – einmal pro Woche für 60 Minuten inklusive Elternberatung. Kurskosten: 181,50 Euro einschließlich gemeinsamen Abschlussfest mit Übergabe einer Urkunde und allen weiteren benötigten Materialien. „Inzwischen haben wir Routine bei der Vorbereitung“, freut sich die Praxisinhaberin. „Wir haken die Aufgaben auf unserer Checkliste ab und starten sechs Wochen vor Kursbeginn unser Marketing.“

Lernen am Modell

Anke Müller ist von Til Tiger überzeugt: „Er macht die Kinder mutig für den Alltag.“ Auch der kleine Tiger ist anfangs ängstlich, wird aber im Verlauf des Kurses immer mutiger. Er erleichtert den Zugang zu den Kindern, er ist es auch, der mit ihnen spricht und sie ermuntert, von ihren Sorgen zu erzählen. Mithilfe von Rollenspielen üben die Kinder, andere Kinder beim Sprechen anzusehen, Nein zu sagen, sich gegen Hänseleien zu wehren und berechtigte Forderungen zu stellen, etwa wenn jemand ihnen etwas wegnimmt.

Gemeinsam mit den Kindern nimmt er sich vor, sich zu trauen und etwas Neues auszuprobieren. Dazu passen die wöchentlichen Hausaufgaben, zum Beispiel allein beim Bäcker einzukaufen oder einen Freund zum Spielen nach Hause einzuladen. Der Kurs orientiert sich am sogenannten „Lernen am Modell“, eine von Albert Bandura eingeführte Bezeichnung für einen kognitiven Lernprozess, bei dem ein Individuum als Folge der Beobachtung des Verhaltens anderer Individuen sowie der darauffolgenden Konsequenzen sich neue Verhaltensweisen aneignet oder schon bestehende Verhaltensmuster weitgehend verändert.

Große Nachfrage nach Präventionskursen

Die Nachfrage nach ihren Kursen sei definitiv da. Und Anke Müller glaubt auch, dass uns die Thematik in Zukunft vielleicht sogar noch stärker begleiten werde. „Ein Großteil  der Kinder zeigt ein geringes Selbstwertgefühl“, sagt sie und formuliert damit ihr Bauchgefühl. „Kinder müssen in unserer heutigen Gesellschaft funktionieren, und viele sind damit überfordert.“ Anfangs waren es hauptsächlich Patienten, die die Kurse buchten. Mittlerweile kommen auch Teilnehmer in die Praxis, die über Empfehlungen Dritter oder die über die Werbung darauf aufmerksam geworden sind. Es gebe auch Kinder, die im Anschluss auf Anraten der Therapeuten an den Kurs weiterführende Leistungen in Anspruch nehmen – entweder als Kassenleistung oder auf Selbstzahlerbasis.

Größere Unabhängigkeit von den Kassen

Ihre Präventionskurse bescheren Anke Müller eine weitere Einnahmequelle – und machen sie damit auch unabhängiger von den Krankenkassen. „Dabei ist mir besonders wichtig, den Patienten zu zeigen, was eine Kassen- und was eine Zusatzleistung ist. Ich schaue mir den Heilmittelkatalog an und frage mich: Wo kann ich mit meinen ergotherapeutischen Fähigkeiten mehr bieten?“ Und dieses Mehr bietet sie in ihren Präventionskursen für Kinder und Erwachsene an.

Es müsse eine klare Trennung geben zwischen Kassen- und Zusatzleistung. „Es ist fatal, wenn Eltern glauben, sie bekommen in den Präventionskursen die gleichen Leistungen wie auf dem Rezept! Dann sehen sie nicht ein, warum sie dieses Angebot aus eigener Tasche zahlen müssen.“ Dies müsse auch allen Kollegen immer wieder deutlich gemacht und im Praxisablauf umgesetzt werden – beispielsweise mit Materialordnern, die mit einem roten Punkt für reine Selbstzahlerleistungen markiert sind.

Präventionsbereich kein Selbstläufer

Der Präventionsbereich stellt inzwischen ein festes Standbein in ihrer Praxis dar, „aber er funktioniert noch immer nicht als Selbstläufer. Es erfordert viel Aufklärung und auch ein Maß an kaufmännischem Know-how, Kunden bzw. Patienten gezielt zu beraten und davon zu überzeugen, dass therapeutische Leistungen und auch die Inhalte der Kurse viel im Leben positiv bewirken können“.

Gerade das Erlernen des kaufmännischen Know-hows ist kein Bestandteil der Therapeutenausbildung und daher  bringe leider nicht jeder Therapeut dieses Wissen mit. Es erfordert die Schulung durch den Praxisinhaber. Als Tochter eines Unternehmers habe sie die kaufmännischen Aspekte der Selbständigkeit schon in ihrer Kindheit erlebt. Und dies versuche sie auch in ihrer Praxis mit 19 Angestellten (darunter zehn Vollzeitkräfte) umzusetzen: Eine Mitarbeiterin kümmert sich ausschließlich um Abrechnungen, ein anderer um das Controlling.

Wünscht sich mehr Akzeptanz

Ihr Fazit: „Es gibt drei Dinge, die mir wichtig sind: Die Zufriedenheit meiner Patienten, die Zufriedenheit meiner Mitarbeiter, und der Umsatz muss stimmen!“ Und: „Ich wünsche mir, dass die Akzeptanz für unsere therapeutischen Leistungen zunimmt – Therapie bzw. das, was Therapeuten leisten, ist nicht umsonst!“

 

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