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„Die Ausbildungsvergütung und die kostenfreie Ausbildung sind da zwei Bausteine, die unseren Beruf zukunftsfähiger machen“ – Interview mit Andrea Rädlein

Auf der Bundesdelegiertenkonferenz von PHYSIO DEUTSCHLAND haben sich die knapp 100 Vertreter kürzlich einstimmig dafür ausgesprochen, eine Ausbildungsvergütung für angehende Physiotherapeuten zu fordern. In einem Interview äußert sich die Vorsitzende des Deutschen Verbandes für Physiotherapie (ZVK), Andrea Rädlein, gegenüber up|unternehmen praxis.
© Andreas Köhring

Frau Rädlein, wie begründen Sie Ihre Forderung nach einer Ausbildungsvergütung?

RÄDLEIN: Schon heute gibt es laut Bundesanstalt für Arbeit in 10 von 16 Bundesländern nachweislich einen Fachkräftemangel. In fünf weiteren Bundesländern gilt die Physiotherapie als Engpassberuf. Unser Beruf muss attraktiver werden. Die Politik muss heute die Weichen für morgen stellen, um die Patientenversorgung zu sichern. Zwei Maßnahmen steigern die Attraktivität und damit die Wahrscheinlichkeit, sich für eine Ausbildung zum Physiotherapeuten zu entscheiden: erstens eine kostenfreie Ausbildung und zweitens die Tatsache, dass junge Menschen schon während ihrer Ausbildung eine Vergütung erhalten.

Die Forderung nach einer Ausbildungsvergütung ist aber nur ein Punkt auf unserer Forderungsliste. Auch die Aussichten nach der Ausbildung oder dem Studium müssen sich für Physiotherapeuten weiter verbessern. Neben einer höheren Vergütung geht es uns deshalb auch um eine eigenständigere Berufsausübung und eine Entbürokratisierung unseres Tätigkeitsfelds. Mir persönlich ist es sehr wichtig, dass gerade unsere Kritiker sehen, an wie vielen Stellen wir gegenüber der Politik und den Entscheidern aktiv und auch hartnäckig in der Sache sind. Die Ausbildungsvergütung und die kostenfreie Ausbildung sind da zwei Bausteine, die unseren Beruf zukunftsfähiger machen.

Welche positiven Effekte wird eine Ausbildungsvergütung Ihrer Ansicht nach haben?

RÄDLEIN: Eines steht fest: Idealismus alleine reicht heutzutage nicht mehr aus, um sich für einen Beruf zu entscheiden. Die harten Fakten und die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Das Bundesministerium für Gesundheit bestätigt übrigens in einem Schreiben vom 30. August 2017 die positiven Auswirkungen unserer Forderung: „Die Attraktivität der Berufe im Gesundheitswesen wird bei der Entscheidung für eine Ausbildung auch davon geprägt, ob eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird.“

Wie sehen Sie die Chancen für die bundesweite Einführung einer Ausbildungsvergütung und wann rechnen Sie mit einer Umsetzung?

RÄDLEIN: Die Chancen sind so gut wie noch nie. Denn: Die Kanzlerin hat die Ausbildungsvergütung für Gesundheitsberufe sogar in ihrer Regierungserklärung zu einem Thema gemacht. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Politik die Umsetzung nicht auf die lange Bank schiebt, sondern in dieser Legislaturperiode die Verbesserung unserer Rahmenbedingungen auf den Weg bringt.

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Pategewsky
24.12.2018 14:57

Gilt die Ausbildungsvergütung für alle Auszubildenden in ganz Deutschland ?… Weiterlesen »

Vittorio
06.05.2018 0:35

Wenn die Wahre der Markt überschwemmt wird sie biliger zu… Weiterlesen »

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