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Demonstration der Vereinten Therapeuten in Berlin

Stimmen zu Problemen und Wünschen der Heilmittelerbringer
Nicht zum ersten Mal, aber erstmals wieder seit Beginn der Corona-Pandemie versammelten sich Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen in Berlin, um für bessere Rahmenbedingungen zu demonstrieren. Am 5. Juni 2021 war es wieder soweit: Die Vereinten Therapeuten e. V. riefen dazu auf, sich für die eigenen Belange stark zu machen. Wir haben nachgefragt, was die Heilmittelerbringer bewegt und was sie von Politik und Krankenkassen fordern.
Demonstration Vereinte Therapeuten
© ihorzigor

Wofür demonstrieren Sie heute?

Thomas Etzmuß, Logopäde:

„Wir demonstrieren heute für bessere Rahmenbedingungen, für eine bessere Vergütung, Entbürokratisierung, Schulgeldfreiheit, eine Reformierung der Ausbildung und ein Mittbestimmungsrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss.“

Tina, Physiotherapeutin:

„Es geht darum, dass die Therapie dringend besser bezahlt werden muss. Wir haben einen akuten Nachwuchsmangel, wir haben einen akuten Therapeutenmangel, Patienten warten bis zu sechs, acht, zehn Wochen auf einen Termin. Das geht so nicht.“

Julia Pasek, Logopädin:

„Es kann einfach nicht sein, dass es diese Budgetierung immer noch gibt. Es ist nicht patientenwürdig, dass Patienten, die eigentlich eine Versorgung bräuchten, diese einfach nicht bekommen, weil der Arzt Angst hat, in den Regress genommen zu werden. Genauso kann es nicht sein, dass wir nicht im Gemeinsamen Bundesausschuss ein Mitspracherecht haben, wo über unsere Köpfe entschieden wird. Man kann sich nur anhören, was entschieden wird, wie unser Beruf gestaltet werden soll und das kann einfach nicht sein.“

Jörg Imbach, Physiotherapeut:

„Ich bin hier, weil ich mit den Rahmenbedingungen meines Berufes völlig unzufrieden bin. Im Prinzip habe ich den tollsten Beruf der Welt, aber leider kann ich da kaum von leben.“

Was ist Ihr Wunsch an die Politik und die Krankenkassen?

Modesta Kriebel, Physiotherapeutin:

„Mein Wunsch an die Politik ist, dass diese uns endlich einmal ernstnehmen, und dass sie einen Sitz im Gemeinsamen Bundesausschuss für uns haben, damit wir selbst über unsere Arbeitsbedingungen mitbestimmen können. Denn wir wissen, was sinnvoll ist an Therapie und was nicht.“

„Die Krankenkassen müssen ebenfalls sehen, dass sie so nicht mit uns umgehen können. Die Erhöhungen, die sie uns gegeben haben, bringen es nicht. Die Krankenkassen haben einen gesetzlichen Versorgungsauftrag. Den erfüllen sie mangelhaft im Moment.“

Thomas Etzmuß, Selbstständiger Logopäde:

„Mein Wunsch an die Krankenkassen ist, dass sie endlich ordentlich vergüten, und zwar so, wie es das Gesetz vorschreibt – §125. Das ist bis jetzt noch nicht erfolgt. Und von der Politik wünsche ich mir, dass sie sich endlich für die Schulgeldfreiheit einsetzt, und zwar bundesweit. Der Koalitionsvertrag besagt, dass die Schulgeldfreiheit noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden soll. Und das fordern wir.“

Anne, Logopädin:

„Ich möchte, dass die Heilmittelerbringer anerkannt werden. Es sollte eine bessere Vergütung geben, die Ideen der Therapeuten sollten einmal mit einbezogen werden. Sie sollten einfach mal gucken, dass die Leute, die wirklich vorne an der Basis arbeiten, auch mal mit einbezogen werden.“

Julia Pasek, Logopädin:

„Es soll die gesamte Situation verbessert werden, um wieder mehr Nachwuchs zu bekommen, um den Beruf wieder attraktiv zu machen, um eine Patientenversorgung sicherzustellen.“

„Wir haben einfach viel zu wenig Nachwuchs. Bei den Logopäden gibt es insgesamt etwa 12.000 offene Stellen in ganz Deutschland.“

Karin Bilak, Podologin:

„Wir wünschen uns eine bessere Vergütung und wir wünschen uns auch angemessene Zeit für den Patienten, eine Entbürokratisierung und Schulgeldfreiheit. Wir haben wirklich einen Fachkräftemangel. Es muss einfach besser werden. Wir müssen etwas erreichen und das können wir nur gemeinsam. Mit unseren Kollegen den Physios, denen ich ein großes Lob aussprechen möchte, weil sie sich sehr eingesetzt haben für alle Therapeuten.“

Arno Tillack, Physiotherapeut:

„Ich wünsche mir weniger Bürokratie und ich wünsche mir eine bessere Vergütung seitens der Krankenkassen, damit ich auch meine Angestellten besser bezahlen kann. Denn so haben wir keine Rente, so haben wir keine Ziele für die Zukunft, außer dass wir den Job lieben und trotzdem weitermachen.“

Jörg Imbach, Physiotherapeut:

„Mein Wunsch an die Politik ist, dass sie sich erstmal darum bemüht, ihre Vorgaben auch umzusetzen. Dass es der Krankenkasse nicht so leicht gemacht wird, einfach so weiterzumachen, während wir weiter in die Altersarmut und Bedeutungslosigkeit rutschen.“

„Die Politik sollte vielleicht mal ihre Aufsichtspflicht über die Krankenkassen wahrnehmen und durchsetzen, dass die Krankenkasse umsetzt, was die Politik verfügt hat.“

Würden Sie jungen Leuten empfehlen Heilmittelerbringer zu werden? Würden Sie etwas anderes machen wollen?

Thomas Etzmuß, Selbstständiger Logopäde:

„Jungen Leuten würde ich jederzeit wieder raten diesen tollen Beruf zu ergreifen. Physiotherapeut, Ergotherapeut, Logopäde – das sind tolle Berufe und damit die Attraktivität noch höher wird, darum sind wir hier. Wir haben einen langen Atem und werden das weiter durchziehen.“

Modesta Kriebel, Physiotherapeutin:

„Nein, auf gar keinen Fall würde ich etwas anderes machen. Das ist ja das Traurige. Wir sind alle gerne Therapeuten und deshalb funktioniert das System, während wir sehenden Auges auf die Altersarmut zulaufen. Das macht mich sauer, das macht mich wütend, dass ich meinen Praktikanten in der Praxis nicht raten kann: Macht es, das ist ein geiler Beruf.“

Ein Video zur Demonstration am 5. Juni finden Sie auf unserer Website.

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