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Wenn die Software Stift und Zettel in die Hand nimmt: das elektronische Fahrtenbuch

Einen Dienstwagen per Fahrtenbuch zu versteuern, lohnt sich für Therapiepraxen oft nicht. Viel zu groß wäre der Aufwand, sämtliche Fahrten in einem kleinen Büchlein festzuhalten. Eine Lösung versprechen elektronische Fahrtenbücher, die eine schnellere und bequemere Dokumentation erlauben. Praxisinhaber sollten allerdings klären, ob ihr Finanzamt die digitalen Aufzeichnen akzeptiert.
Elektronisches Fahrtenbuch Vimcar, App im Auto
© Vimcar GmbH

Ein Wagen in bestem Zustand, der nach Feierabend und am Wochenende auf dem Praxisparkplatz vor sich hin rostet – das klingt nach Verschwendung. Also nutzen die meisten Praxischefs ihren Dienstwagen auch privat oder lassen ihn einen ihrer Mitarbeiter nach Feierabend fahren. Selbst, wenn nicht: Solange Chefs dem Finanzamt nicht nachweisen können, dass das Dienstfahrzeug ausschließlich betrieblich genutzt wird, ist der Wagen ein geldwerter Vorteil, auf den Lohnsteuer anfällt. Ein solcher Nachweis ist meist kaum möglich.

Es gibt zwei Möglichkeiten, einen Dienstwagen zu versteuern: die Ein-Prozent-Regel und das Fahrtenbuch. Die Ein-Prozent-Regel ist die bequemere Variante. Das Finanzamt erhebt eine monatliche Lohnsteuer auf ein Prozent des Listenpreises des Wagens (oder des Fahrrads/E-Bikes). Hinzu kommen 0,03 Prozent des Listenpreises pro Kilometer Arbeitsweg, wenn Chef oder Mitarbeiter den Wagen nutzen, um zur Arbeit zu fahren. Ändert sich an Wohnort und Standort der Praxis nichts, besteuert das Finanzamt also Jahr für Jahr denselben pauschalen Betrag für den Wagen.

Fahrtenbuch: Lohnt sich das?

Ein Fahrtenbuch zu führen ist mehr Arbeit, reduziert dafür meist die Steuerlast. In diesem Fall dokumentieren Chefs und ihre Mitarbeiter sämtliche Fahrten mit dem Dienstwagen und kennzeichnen, ob sie privater oder geschäftlicher Natur waren. Lohnsteuer fällt dann nur auf private Fahrten an.

Die Faustregel: Praxen sparen umso mehr Steuern, je teurer der Dienstwagen war, je weiter der Arbeitsweg ist und je weniger Kilometer Chef und Mitarbeiter privat mit dem Fahrzeug zurücklegen. Sprich: Wohnt die Praxischefin direkt über der Praxis, hat als Dienstfahrzeug einen günstigen Kleinwagen angeschafft und nutzt ihn für alle privaten Fahrten inklusive Urlaub, fährt sie vermutlich besser mit der Ein-Prozent-Regel.

Tipp: Wie viel Steuern bei der jeweiligen Methode anfällt, können Praxisinhaber sich im Internet ausrechnen lassen. Einige Online-Rechner können auch die Steuerersparungen durch das Fahrtenbuch überschlagen – vorausgesetzt, Nutzer können einschätzen, wie viele Kilometer sie jährlich privat und dienstlich zurücklegen. Beispiele dafür:

Fahrtenbücher verursachen enormen Aufwand

Häufig sparen Praxen mit einem Fahrtenbuch relativ niedrige Beträge. Ob sich das lohnt, ist fraglich: Der Aufwand für alle Mitarbeiter ist groß, denn sie müssen die Fahrten genau dokumentieren, inklusive Datum, Kilometerstand, Reiseziel und Reisezweck. Das Finanzamt akzeptiert nur eine lückenlose Dokumentation – ansonsten gilt wieder die pauschale Ein-Prozent-Regel und der ganze Aufwand war umsonst. Außerdem müssen nachträgliche Änderungen ausgeschlossen sein. Excel-Tabellen fallen also weg, Stift und Papier waren lange das Mittel der Wahl und sind es auch heute oft noch.

Dokumentation per App, Satellit, Bordcomputer

Bequemer ist es, die gefahrenen Kilometer von einem elektronischen Fahrtenbuch aufzeichnen zu lassen. Nutzer müssen nach jeder Fahrt in der Regel lediglich angeben, ob sie beruflich oder privat unterwegs waren. Das System speichert dann die Daten und gibt am Ende ein (hoffentlich) nicht-manipulierbares Dokument für das Finanzamt aus. Moderne Lösungen erlauben zum Beispiel, das mit ein paar Fingertipps in der dazugehörigen Smartphone-App zu erledigen.

Grundsätzlich gibt es zwei technische Lösungen, die Strecken automatisch aufzeichnen:

  • Fahrtenbücher messen die Länge der Strecke per GPS, also per Satellitensignal. Einige der Angebote sind Apps, die dazu die GPS-Funktion von Smartphones nutzen.
  • Andere Systeme verbinden sich mit dem On-Board-Diagnose-System (OBD) und lesen daraus die Fahrtdaten aus. Das OBD ist quasi eine Schnittstelle zum Bordcomputer, über die die meisten nach 2004 gebauten PKW verfügen. Die meisten dieser Geräte arbeiten zusätzlich mit GPS.

Datenschutz oder Genauigkeit?

Beide Typen von Systemen haben Vor- und Nachteile. So weisen Hersteller und Vertreiber von GPS-basierten Fahrtenbüchern gerne darauf hin, dass das Anzapfen des OBD das Ausspähen von Daten wahrscheinlicher mache. Die Firma Twinline etwa bewirbt ein elektronisches Fahrtenbuch mit dem Schutz „wertvoller Kundendaten“ und warnt vor Fahrzeugdiebstahl über die OBD-Schnittstelle. Hersteller, deren Geräte ODB-Daten auslesen, sagen wiederum, die GPS-Geräte seien ungenau und ihre Ergebnisse würden häufiger vom Finanzamt beanstandet. Die Firma Vimcar gibt an, ihre „rechtssichere“ ODB-Lösung gemeinsam mit dem Deutschen Steuerberaterbund entwickelt zu haben.

Aufzeichnungs-Methode mit dem Finanzamt klären

Steuerberater sind deswegen sinnvolle Ansprechpartner, weil sie wissen, wie Finanzbehörden ticken – und weil diese die elektronischen Aufzeichnungen annehmen muss. Da es keine offizielle Zertifizierung für die Angebote gibt, entscheidet jedes Finanzamt im Einzelfall. Wirkliche Sicherheit besteht also bei keiner Lösung. Praxischefs fragen am besten bei ihrem Finanzamt nach, ob sie dort Erfahrungen mit bestimmten Systemen haben. Die sicherste Variante ist ein Testlauf: Einen Monat läuft die elektronische Lösung parallel zu Stift und Papier. Dann können die Finanzbeamten prüfen, ob sie die Ergebnisse auch in der elektronischen Form annehmen.


Zusammengefasst: Elektronisches Fahrtenbuch – was muss ich beachten?

  • Viele Angebote sind entweder Apps oder werden über Apps gesteuert. Prüfen Sie, ob Ihr Smartphone die Voraussetzungen dafür erfüllt.
  • Achten Sie darauf, ob das System ein ODB benötigt und, falls ja, ob Ihr Dienstwagen darüber verfügt. In der Regel haben Wagen ab Baujahr 2004 eine solche Schnittstelle.
  • Erkundigen Sie sich beim Finanzamt, ob sie das jeweilige Verfahren anerkennen und machen Sie im Zweifelsfall einen einmonatigen Testlauf.

Fahrtenbuch-Apps im Test

Die technisch einfachste und günstigste Lösung für ein elektronisches Fahrtenbuch ist eine Smartphone-App. Dabei müssen Nutzer die Angaben zu einer Fahrt meist zwar auch manuell eingeben. Sie können sich später aber eine Auswertung exportieren, in der die gefahrenen Kilometer bereits in private und geschäftliche Fahrten unterteilt sind. Auch hier muss natürlich das Finanzamt die Daten akzeptieren.

Die Steuerberatungsgesellschaft Felix1 hat im Jahr 2016 zehn Apps getestet. Sie schlägt auch konkrete Apps für bestimmte Anwendungsfälle vor. Den Test kann jeder kostenlos herunterladen, muss sich dafür aber beim E-Mail-Newsletter von Felix1 anmelden. Die Ergebnisse des Tests:

  • Acht der getesteten Anwendungen waren „finanzamtkonform“, lieferten also grundsätzlich zuverlässige Ergebnisse, die Nutzer nicht manipulieren können.
  • Die Studienautoren bemängeln, dass die meisten Apps nicht auf offensichtliche Fehler hinweisen. Die Apps schlucken es in der Regel ohne Kommentar, wenn Nutzer 100 Kilometer für eine Fahrt von drei Minuten eingeben. Wenn Smartphones per GPS Entfernungen ermitteln, wichen diese fast immer vom Kilometerstand ab und müsste von Hand korrigiert werden.
  • Schwierig wird es, wenn mehrere Menschen den Wagen fahren, weil zum Beispiel der Ehemann und die Tochter der Praxischefin ihn ebenfalls nutzen. Dafür seien laut Felix1 nur wenige Apps geeignet, in der Praxis bereite es immer wieder Probleme, die Daten mehrerer Nutzer zusammenzuführen. Eine Lösung wäre natürlich, sich für die Fahrten mit dem Dienstwagen ein Smartphone zu teilen.

 

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