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Selbsthilfevereinigung für Lippen-Gaumen-Fehlbildungen

Kindern einen optimalen Start ermöglichen
In Deutschland werden jährlich etwa 1.400 Kinder mit einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel-Fehlbildung (LKGS-Fehlbildung) geboren. Die Fehlbildungen treten im äußeren und inneren Mund-, Nasen- und Rachenraum auf, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung – beispielsweise nur an der Oberlippe oder an Lippe, Kiefer, hartem und weichem Gaumen. Gemäß der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) wird von einer Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalte gesprochen. Derzeit sind rund 120.000 Menschen bundesweit betroffen.
© JegesVarga

Die Fehlbildung beeinträchtigt die Betroffenen. So ist das Stillen eines Säuglings erschwert, weil er durch den offenen Gaumen keinen Unterdruck im Mundraum herstellen und somit die Brustwarze nicht oder kaum ansaugen kann. Häufig wird das Mittelohr zu wenig belüftet, und das Hörvermögen ist gestört. Auch das Sprechen ist schwerer, da es von den Druckverhältnissen im Mund-Nasen-Rachenraum abhängt und der harte und weiche Gaumen (Gaumensegel) verschlossen sein und funktionieren müssen. Darüber hinaus wirkt sich eine Lippenfehlbildung auf die Mimik aus.

Mit einer frühzeitigen Diagnose und einem umfassenden Therapie- und Behandlungsplan können die physiologischen Verhältnisse im Mund- und Rachenraum aber korrigiert bzw. annähernd normalisiert werden.

Betroffene, Eltern und Geschwisterkinder stärken

Die Selbsthilfevereinigung für Lippen-Gaumen-Fehlbildungen – Wolfgang Rosenthal Gesellschaft (WRG) unterstützt Menschen mit einer Lippen-Gaumen-Fehlbildung und Menschen mit Pierre-Robin-Sequenz sowie deren Angehörige. Sie wurde 1981 von Eltern gegründet und möchte Ansprechpartner für die gesamte Familie sein. Sie sieht sich als Interessensvertretung und leistet Antidiskriminierungsarbeit.

Namensgeber ist der Kieferchirurg Professor Dr. Dr. Wolfgang Rosenthal (1882 – 1971). Der Experte für Patienten mit LKGS-Fehlbildung forderte bereits in den 1920er Jahren eine interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Behandlung. Die Selbsthilfevereinigung hat sich von Beginn an dafür engagiert. Ihr weiterer Verdienst ist die Anerkennung des Grades der Behinderung (GdB), den sie gemeinsam mit Ärzten durchgesetzt hat.

Die WRG wünscht sich für die Betroffenen im medizinischen und psychosozialen Bereich die Versorgung, die ihnen eine optimale körperliche, seelische und soziale Entwicklung ermöglicht.

Information und Beratung

Die Vereinigung erklärt auf ihrer Website den Grad der Behinderung (GdB) und veröffentlicht umfassendes Informationsmaterial, darunter Broschüren zu Prävention, Behandlung, medizinischen Korrekturen, Babyernährung und zu sozialen Hilfen. Erstbestellungen sind für Eltern und Betroffene kostenfrei. Fachpersonal erhält das Material gegen Auslagenersatz, beispielsweise die Informationsschrift für Pädagogen oder den Ratgeber rund um die Geburt für Hebammen.

Dreimal im Jahr erscheint die Zeitschrift „Gesichter“ mit Fachbeiträgen und Erfahrungsberichten. Nützlich ist außerdem das Malbuch für betroffene Kinder und Geschwisterkinder, das auf spielerische Weise Verständnis für die Fehlbildung und die komplexe Behandlung erzeugt.

Die Vereinigung berät Betroffene, Eltern und Personen, die beruflich mit Lippen-Gaumen-Fehlbildungen zu tun haben. Vorträge, Seminare und Fortbildungen gehören genauso zum Angebot wie Wochenend-Workshops. Teilnahme, Unterbringung und Verpflegung sind kostenlos.

Probleme nicht allein schultern

Bei den Eltern-Seminaren geht es um Themen wie Behandlungsmethoden, Geschwisterkinder oder „wie mache ich mein Kind stark?“. Parallel wird ein separates Kinderprogramm angeboten, bei dem sich betroffene Kinder begegnen. Die Wochenend-Workshops fördern den Erfahrungsaustausch und die gegenseitige Unterstützung.

Für Jugendliche ab zwölf Jahren mit LKGS-Fehlbildung finden speziell auf sie zugeschnittene Veranstaltungen nebst Freizeitangebot ohne Eltern statt. Sie lernen andere Betroffene kennen und beschäftigen sich zum Beispiel mit Selbstbewusstsein oder Operationen. In Seminaren für betroffene junge Erwachsene zwischen 18 und 28 Jahren werden Themen wie Berufseinstieg, Partnerschaft und Familienplanung behandelt. Erwachsene können Schulungen über Selbstsicherheit, Patientenstärkung und Aussprache besuchen.

Die WRG vermittelt regionale Kontakte zu Betroffenen und zu Eltern, die andere mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen unterstützen. Nach einer kostenlosen Registrierung können sie auf der Website der Vereinigung abgerufen werden. Darüber hinaus treffen sich in einigen Regionen Gruppen vor Ort für regelmäßige Gespräche, beispielsweise über die rechtliche Situation, gesellschaftliche Anerkennung oder Alltagsthemen. Hier besteht die Möglichkeit, sich im geschützten Rahmen gegenseitig zu stärken.

Beantragung eines Pflegegrades

Die Ernährung und Pflege eines Kindes mit einer LKGS-Fehlbildung erfordert Kraft und Zeit. Zum Beispiel können häufigere Mahlzeiten, mehr Körperpflege wie das Säubern der Gaumenplatte, Lagerungsmaßnahmen und ärztliche Untersuchungen nötig sein. Betroffene Eltern können dafür bei der Krankenkasse Pflegegeld beantragen. Für die Bewilligung wird ein zusätzlicher Hilfebedarf vorausgesetzt, der einen höheren altersbedingten Pflegeaufwand erfordert und länger als sechs Monate andauert. Nach Einreichung des Antrags erfolgt ein Hausbesuch (pandemiebedingt derzeit online oder telefonisch) durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse. Dieser spricht eine Empfehlung aus.
Wissenswert: Wird ein Pflegegrad bewilligt, gilt er ab dem Tag der Beantragung. Er kann nicht rückwirkend bewilligt werden.

Seit 1. Juli 2021 gelten folgende Pflegegeldbeträge: 331 Euro beim Pflegegrad 2, 572 Euro beim Pflegegrad 3.

Quelle: Selbsthilfevereinigung für Lippen-Gaumen-Fehlbildungen e. V.

Selbsthilfevereinigung für Lippen-Gaumen-Fehlbildungen e. V.
Wolfgang Rosenthal Gesellschaft
Hauser Gasse 16

35578 Wetzlar

Telefon 06441 897 32 85

www.lkg-selbsthilfe.de

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Deutscher Kinderschutzbund

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