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Kommentar

Die Sehnsucht der Therapeuten nach mehr Bürokratie

Die Krankenkassen haben vor über einem Jahr, nämlich am 15. Januar 2020 den verbindlichen Entwurf für das seit dem 1. Januar 2021 geltende Heilmittel-Verordnungsformular Muster 13 veröffentlicht. Seit diesem Zeitpunkt wissen also alle, dass es keine Taxfelder auf dem neuen Muster 13 gibt. Alle bedeutet: Softwarehersteller, Verbände, Abrechnungszentren und Praxisinhaber.
© iStock: MichaelNivelet

Warum gibt es keine Taxfelder mehr? Weil diese Informationen (z.B. Positionsnummern) ohnehin schon in der digital übermittelten Rechnung an die Krankenkasse enthalten sind. Füllt man die Taxfelder auf der Verordnung aus, dann überträgt man die digital gespeicherten Informationen manuell wieder zurück auf das Papier. Das ist so sinnlos, dass sogar die Krankenkassen auf diesen Rückschritt in das vorige Jahrhundert verzichtet haben.

Allerdings haben die Krankenkassen ihre Überlegungen ohne die Therapeuten gemacht. Denn plötzlich wird von vielen Therapeuten die Rückkehr der Taxfelder gefordert: Man wolle schließlich sehen, was man mit einer Verordnung einnehmen würde, so eine physiotherapeutische Kollegin. Jemand anders fragt sich, wo er denn die Zuzahlung und die Hausbesuchskilometer eintragen solle. Inzwischen gibt es sogar Heilmittelverbände die ernsthaft daran arbeiten, ein Taxierungs-Beiblatt zu entwerfen, um die Sehnsucht der Therapeuten nach mehr Bürokratie zu befriedigen!

Die ganze Unruhe wird auch durch aktuelle Post von den Abrechnungszentren an deren Praxiskunden befördert. Denn die Abrechnungsdienstleister hatten es über die Taxfelder bisher sehr einfach, die Rechnungen zu schreiben – das hatten die Praxen ja immer schon schön vorbereitet. Das fehlt jetzt und deswegen werden die Praxen aufgefordert, auch ohne Taxfelder zu taxieren, z. B. auf einem Beiblatt oder irgendwo auf der Verordnung. Oder aber einen Aufpreis zu zahlen.

Das ist schon erstaunlich: Seit über einem Jahr wissen sowohl Verbände als auch Abrechnungsdienstleister ganz genau, was auf sie zukommt, und trotz der vielen Zeit fällt ihnen nichts Besseres ein, als die alte überholte Taxierungsbürokratie wieder aus der Schublade zu holen. So groß kann die Sehnsucht der Therapeuten nach Bürokratie doch wirklich nicht sein, oder?

Der G-BA hat jedenfalls etwas gegen Bürokratie, nämlich seine Corona-Sonderregeln für Heilmittel, die gerade bis zum 31. März verlängert wurden. Hintergrund dieser Maßnahme ist sicherlich die Entscheidung von Bund und Ländern, den Lockdown bis zum 14. Februar zu verlängern. Für Praxen hat sich dabei relativ wenig geändert. Wer in Pflegeheimen behandelt, wird nicht nur noch konsequenter getestet, sondern wird künftig verpflichtet sein, eine FFP2-Maske zu tragen. Und als Praxisinhaber/Arbeitgeber wird man seinen Mitarbeitern zukünftig medizinische Masken zur Verfügung stellen müssen.

Der Wissensbedarf nach verlässlichen Informationen zur Neufassung der Heilmittel-Richtlinie und deren Umsetzung ist groß. Vielleicht werfen Sie einmal einen Blick in unsere up|Wissensdatenbank, die im Internet unter www.praxisfragen.de zu erreichen ist und viele Fragen beantwortet.

Allen Kollegen, die Kinder haben und jetzt noch länger die Herausforderung Homeschooling vor sich haben, wünsche ich gute Nerven. Spazierengehen hilft, aber aufpassen, heute werden sie nicht nur hier an der stürmischen Ostseeküste, sondern auch in weiten Teilen von Westdeutschland glatt weggeweht. Also standhaft bleiben!

Ihr

Ralf Buchner

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