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Kommentar

Hygienepauschale – Offenbarungseid zum Jahresanfang

Das neue Jahr fängt gleich mit einem kleinen Offenbarungseid an: Das Bundesministerium für Gesundheit hat jetzt bestätigt, dass die Hygienepauschale in Höhe von € 1,50 je Verordnung (!) noch bis zum 31.03.2021 anwendbar ist. Das soll in der kommenden Woche im Bundeanzeiger veröffentlicht werden und gilt dann rückwirkend zum 1. Januar 2021.

Was zunächst wie eine verspätete Reaktion des BMG aussieht, ist in Wirklichkeit jedoch eine bittere Ohrfeige für die Verhandlungskünste der Heilmittellobby. Im Herbst vergangenen Jahres hatten die Mitglieder des Gesundheitsausschusses extra verhindert, dass es zu einer automatischen gesetzlichen Verlängerung der Hygienepauschale kommen würde. Denn wenn es ab 1. Januar 2021 keine Hygienepauschale mehr gäbe, so die Überlegung, dann würden die Verbände endlich die wahren, deutlich höheren Hygienekosten durchsetzen können.

Tja, es passierte leider – nichts! Also ist das BMG erneut den „armen Heilmittelerbringern“ beigesprungen und hat die Hygienepauschale wieder eingeführt. Selbst die tatsächlichen Zusatzbelastungen der Corona-Pandemie für Hygiene auszuhandeln, scheint aktuell nicht zu funktionieren. Das ist, wie oben schon geschrieben, ein kleiner Offenbarungseid für die Vertreter der Branche.

Im Ergebnis klappt das bei anderen Berufen auch nicht immer besser. Die Ärzte haben gerade die Verhandlungen mit den Kassen zu diesem Thema als gescheitert erklärt. Aber die Fronten und Verhandler sind deutlich klarer: „Die Ärzte mit den Kosten allein zu lassen, ist unverschämt“, fast KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen zusammen und sorgt für öffentlichen Druck.

Bei den Heilmittelerbringern weiß man vielfach noch nicht einmal, worüber eigentlich Dissens mit der GKV besteht. Und sich vorzustellen, dass ein Vertreter eines großen Heilmittelverbands den Kassen öffentlich Unverschämtheit vorwirft, bleibt wohl eine Utopie. Wie schade!

So freuen wir uns eben angemessen über die Brotkrumen, die die Kassen je Verordnung für uns haben. Und denken hoffentlich daran, wenigstens bei Privatpatienten die € 1,50 je Behandlungseinheit abzurechnen.

Ansonsten empfiehlt sich für die nächsten zwei Wochen: Geduld haben! Einige Ärzte haben angeblich noch keine neuen Verordnungsmuster (zu spät bestellt), einige Arztsoftwaresysteme haben noch kleine Bugs (Update soll schon auf dem Weg sein), ein Abrechnungsdienstleister hat eine so falsche Verordnungsprüfung ins Netz gestellt, dass die KBV sich sogar offiziell darüber beschwert hat, und auch bei unserer Softwaretochter Starke Praxis gibt es gerade viele Rückfragen zu den durch die Neufassung doch zahlreichen Änderungen.

Wie gesagt, jetzt müssen sich erst einmal alle Beteiligten zurechtfinden, Sicherheit gewinnen und geduldig miteinander umgehen. In zwei, drei Wochen ist das Schlimmste zum Thema Neufassung der HeilM-RL überstanden, dann sind alle Formulare verteilt, Updates durch, Rückfragen geklärt und alle freuen sich dann über die doch deutlich vereinfachten Abläufe.

Hoffentlich haben Sie noch lange genug Geduld für die widrigen Umstände der Corona-Pandemie, die Reibungsverluste beim Umsetzen der Neufassung der HeilM-RL und für die absurd niedrige Hygienepauschale, mit der sie jetzt drei Monate lang wieder beweisen können, dass Praxisinhabern die Hygiene in den Praxen sehr viel mehr Wert ist, als die Kassen bereit sind, dafür zu zahlen.

Ihr

Ralf Buchner

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Herzlich willkommen in 2021 – das wird ein gutes Jahr!

 

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