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Ein Leuchtturm im Zugspitzgebiet

Nein, in Garmisch-Partenkirchen steht kein Leuchtturm. Aber es gibt die Leuchtturminitiative „Geriatronik – Assistenzrobotik für den Verbleib in den eigenen vier Wänden im Alter“. Sie ist Teil des LongLeif-Projektes, das ein selbstbestimmtes Leben im Alter fördert – und zwar für Senioren in Garmisch-Partenkirchen.
© Simone Stahl

Wie ist es dazu gekommen? Die Günter und Ingeborg Leifheit- Stiftung hat der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen 57 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Diese müssen nach Stiftungsangaben verwendet werden, persönliche Zuwendungen an Senioren sind nicht vorgesehen. Deshalb wurde im November 2016 die LongLeif GaPa gemeinnützige GmbH gegründet, deren Ziel es ist, die Lebensqualität von Senioren und pflegebedürftigen Menschen zu verbessern.

Neun Millionen Euro der Stiftungsgelder werden im Bereich der Geriatronik eingesetzt, die in Garmisch-Partenkirchen zur Assistenz-Robotik forscht. Das Forschungszentrum Geriatronik entstand im Herbst 2018 an der Technischen Universität München (TUM) mit dem Standort Garmisch-Partenkirchen, es wird zusätzlich mit Geldern des Bayerischen Wirtschaftsministeriums gefördert.

Geriatronik setzt sich aus Geriatrie und Mechatronik zusammen. Sie steht für die kombinierte Forschung im Bereich der Geriatrie, Mechatronik, Robotik sowie Informatik und hat das Ziel, die Lebensqualität und die gesundheitliche Versorgung von Senioren zu verbessern. Dabei geht es darum, dem demographischen Wandel entgegenzuwirken und Menschen mit kleineren Handicaps die Chance zu geben, so lange wie möglich in ihrem gewohnten häuslichen Umfeld bleiben zu können. Gleichzeitig sollen die Assistenzsysteme das Gesundheitswesen entlasten.

Ziel der Forschung in Garmisch-Partenkirchen ist es, intuitiv bedienbare Assistenzroboter zu entwickeln, die die Selbstständigkeit von Senioren so lange wie möglich erhalten und eine soziale Teilhabe am Leben, auch mit Handicaps, bewirken. Dabei entscheidet der Mensch, in welchen Bereichen der Roboter unterstützen soll und welche Systeme er für sich nutzen möchte.

Neben dem Einsatz im privaten Umfeld soll der Roboter in der Pflege sowie bei Reha- und Therapiemaßnahmen Aufgaben übernehmen, um das Fachpersonal zu entlasten. Auf dem geplanten LongLeif Campus sollen entwickelte Innovationen auf kurzem Weg von Wissenschaftlern, Senioren und Fachkräften getestet und optimiert werden. Die Forschungszone Living Lab verbindet die Alltagsbedingungen von Senioren, Medizinern und (Pflege-)Fachkräften. Sie ermöglicht es, Innovationen in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten realitätsnah zu entwerfen Inspiration und auszuprobieren. Dabei geht es auch darum festzustellen, ob die entwickelten Funktionen akzeptiert und genutzt werden.

Die Assistenzroboter sollen alltägliche Aufgaben übernehmen: Unterstützung beim Aufstehen, Erinnerung an die Medikamenteneinnahme, Öffnen der Tür und Alarmgeben bei einem Sturz. Dabei muss nicht immer der Roboter im Haus anwesend sein. Es gibt schon jetzt verschiedene Sensorsysteme, die ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Sie sorgen im Notfall automatisch für einen Alarm und informieren damit Hilfspersonen oder lösen einen Notruf aus. Das gibt den Angehörigen und den Pflegekräften ein sicheres Gefühl.

In der Therapie können die telemedizinischen Systeme so genutzt werden, dass der Therapeut nicht immer vor Ort sein muss. Die Therapeuten lernen den Roboter so an, dass wiederkehrende und kraftraubende passive Mobilisationen, aber auch aktive Hausaufgabenprogramme jederzeit und an jedem Ort mit dem Assistenzroboter durchgeführt werden können. Dieser ist mittels künstlicher Intelligenz so feinfühlig programmiert, dass er den Patienten nicht verletzen kann. So kann die Intensität der Therapiemaßnahmen gesteigert werden und der Patient bekommt ein individuelles Rehabilitationsprogramm. Am Ende übernimmt der Assistenzroboter sogar die Dokumentation für die Therapieeinheit.

Die Assistenzsysteme sind als intelligente Hilfsmittel für ein selbstständiges und möglichst unabhängiges Leben für Personen mit Handicaps gedacht. Sie können und sollen die menschliche Pflege und Therapie nicht ersetzen. Sie lassen sich aber einsetzen, um die unterbesetzten Einrichtungen und zu wenigen Fachkräfte zu unterstützen, damit diese mehr Zeit für Gespräche und Zuwendung in der Pflege und Therapie haben.

Das Geld der Stiftung kommt weiteren langfristigen Projekten zugute:

  • Altersgerechte Wohn-und Pflegeangebote, die bezahlbaren Wohnraum für einkommensschwache ältere Menschen und Tagespflegeangebote beinhalten
  • Praktische Hilfen für Senioren, beispielsweise ein Seniorentreffpunkt, die LongLeif Wohnberatung und die Service-Plattform „mia – Miteinander im Alter“
  • Ein Bildungszentrum für Gesundheitsberufe, zu dem auch ein Kompetenzzentrum gehört, in dem eine enge Zusammenarbeit von Pflege, Gerontologie, Sozialwissenschaften und Forschung in der Geriatronik entstehen soll

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In der up_tm stellen wir Ihnen in diesem Monat Garmi vor. Erfahren Sie welche Funktionen der Assistenzroboter schon heute hat und wie er in der Zukunft Senioren und Pflegende unterstützen soll. Garmi soll wie ein Hilfsmittel ständig im häuslichen Umfeld der Senioren sein. In weiteren Ausgaben der up_tm geht es um Parti, diese Teleoperationszentrale ermöglicht Ärzten mithilfe von Garmi Untersuchungen aus der Ferne und Mucki, der humanoide Avatar unterstützt Ärzte und auch Therapeuten bei der Durchführung von Rehamaßnahmen.

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