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Eine Wohnung voller Problemlösungen

Wie Hilfsmittel die therapeutische Arbeit ergänzen
Während unserer Arbeit erfahren wir Therapeuten viel über die Lebensaspekte unserer Patienten. Wir erhalten einen Einblick in ihr Leben, in Nöte und Barrieren, in Dinge, die den Alltag erschweren. Gerade im Wohnumfeld lauern bereits kleinste Hindernisse. Hier können Wohnberatungen eine große Hilfe sein und Inspirationen für die Neugestaltung des Wohnraumes geben. Denn es gibt tolle Lösungen, die alltägliche Betätigungen erleichtern. Lassen Sie sich mitnehmen auf einen Rundgang durch eine Musterwohnung.
© Alexa Dillmann

Wohnzimmer

Alles sieht auf den ersten Blick wie in jedem Wohnzimmer aus. Kein Hinweis auf Handicap oder Hilfsmittel. Doch das täuscht. Hier hat nicht nur der Sessel eine Aufstehhilfe, sondern auch das Sofa. Ein alter geliebter Sessel wurde auf kleine Holzklötzchen gestellt, das erleichtert das Hinsetzen und Aufstehen. Sogar die Lampe gehört zu den Hilfsmitteln. Sie soll dementen Patienten per Zeitschaltuhr und verschiedenen Helligkeitsstufen helfen, im richtigen Tag-Nacht-Rhythmus zu bleiben.

Alle Möbel und Teppiche sind in bunten Farben gehalten. Hm, dabei denken wir nicht gleich an ein Hilfsmittel. Jedoch spielen Farben bei der Wohngestaltung eine Rolle, denn zum Beispiel nehmen demente Patienten ihre Umwelt anders wahr. Dunkle Teppiche wirken für sie wie ein schwarzes Loch, und sie sehen die weiße Tür in der weißen Wand nicht mehr – genauso wenig übrigens den stylischen weißen Stuhl vor der weißen Wand im Wartezimmer unserer Praxis.

Küche

Der Küchentisch mit dem Handlauf wirkt wie ein Design-Möbelstück. Doch den Handlauf hat der örtliche Tischler nachträglich angebaut. Die Stühle sehen leichter aus, als sie sind. Ihr Gewicht sorgt für Stabilität. Auch sie verfügen über eine Griffmulde zum Festhalten. Ein Stuhl lässt sich mit seitlichen Hebeln drehen, so muss er zum Aufstehen nicht nach hinten geschoben werden.

Über dem Herd ist ein Herdwächter montiert, der den Herd ausschaltet, wenn der Koch zu lange abwesend ist. In den Schränken sind Innenschränke, die bis auf die Arbeitsfläche elektrisch absenkbar sind. So sind die Hochschränke für Rollstuhlfahrer und sturzgefährdete Menschen nutzbar. Klar, dass in den Schränken spezielles Besteck und Geschirr aufbewahrt werden, die die Nahrungsaufnahme erleichtern. Arbeitsplatte und Spüle sind ebenfalls absenkbar. Und der Hebel für den Wasserhahn befindet sich nicht an der Armatur, sondern ist vorne an der Spüle montiert. Es muss sich also niemand strecken, um ihn zu bedienen.

Schlafzimmer

Ein Doppelbett, ein Schrank, eine schicke Lampe – die Einrichtung lässt keine Behinderung und kein Handicap vermuten. Doch die Möbel haben es in sich: Das Bett hat eine Aufstehfunktion. Patienten, die Probleme damit haben, die Beine selbständig ins Bett zu heben, können eigenständig ins Bett gelangen und wieder aufstehen.

Die Matratze lässt sich per Knopfdruck bewegen und zu einer Art an der Bettkante befindlichen Sessel umfunktionieren. Der Schrank verfügt über mechanisch oder elektrisch absenkbare Kleiderstangen, und die Lampe hat die gleiche Tag-Nacht-Einstellung wie die Wohnzimmerlampe. Sie scheint am Tag hell und dimmt das Licht am Abend.

Badezimmer

Ins Bad gelangt der Bewohner durch eine Falttür. Sie hat in der Mitte ein Scharnier und ragt im geöffneten Zustand kaum in den Raum. Das ist praktisch bei kleinen Badezimmern, aber vor allem hilfreich, wenn jemand im Bad kollabiert und die Tür nicht weit geöffnet werden kann.

Die Toilette lässt sich elektrisch rauf- und runterfahren und hat eine Bidetfunktion. So können körperlich eingeschränkte Menschen den Toilettengang selbständig erledigen. Waschbecken und Spiegel sind eine Einheit, die elektrisch in die richtige Position gebracht werden kann. Die Duschwand hat eine besondere Funktion: Sie ist mobil, und die Duschsäule ist integriert. Beim Duschen wird die Duschwand so weit geöffnet, dass Patient und Pfleger ausreichend Platz haben. Nach dem Duschen wird die Wand einfach zurückgeschoben, damit ein bequemes Abtrocknen und Anziehen möglich ist.

Hilfsmittel erleichtern den Alltag – ein Fazit

Das war ein kleiner Einblick in eine Wohnung, in der viele Hilfsmittel zum Einsatz kommen. Es ist faszinierend, wie einfach Lösungen für scheinbar unlösbare Alltagsprobleme sein können.

Meistens bleiben Therapeuten weder Sorgen noch Einschränkungen ihrer Patienten verborgen. Nicht an jeder Schraube können sie drehen, aber sie können manchmal Erleichterung verschaffen. Und wo sie nicht selbst helfen können, können es Hilfsmittel. Der Fundus an nützlichen Gegenständen ist riesig – und vollkommen unüberschaubar. Es ist genauso wie in der beschriebenen Musterwohnung: Vieles ist möglich, Therapeuten müssen es nur wissen. Deshalb bringen wir ein wenig Licht in die Sache und stellen Ihnen demnächst Hilfsmittel vor, die die therapeutische Behandlung ergänzen und dem Patienten bei alltäglichen Betätigungen assistieren. Freuen Sie sich auf Fensteröffner, Schlüsselgriffe, Notrufsensoren, einen Löffel, der Zittern ausgleicht und vieles mehr.

Kleiner Hinweis: Wohnberatungsanbieter sind froh über Kontakte zu Therapeuten, die ihnen ein Gespräch mit Menschen mit Handicap vermitteln. Viele Patienten haben noch nie von Wohnberatungen gehört oder trauen sich nicht zur Kontaktaufnahme.

 

Wir danken der LongLeif Wohnberatung in Garmisch-Partenkirchen für die Besichtigungstour durch die Musterwohnung sowie die vielen interessanten und hilfreichen Informationen.

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