up|unternehmen praxis

ICF: Therapie

Das Gesundheitsproblem eines Menschen, das entwicklungsbedingt, akut, chronisch oder lebensbegrenzend sein kann, geht mit Veränderungen von Körperfunktionen und/oder -strukturen einher. Diese wiederum wirken sich auf die Aktivitäten und die Teilhabe aus. Inwieweit die Folgen des Gesundheitsproblems die Lebensqualität eines Menschen beeinflussen, hängt von der persönlichen Lebenssituation ab. Die ICF-Komponenten können dabei helfen, diese Komplexität systematisch zu erfassen. Werden diese Folgen für die Teilhabe des Menschen entsprechend dokumentiert, können sie die ärztliche Indikation für Logopädie zusätzlich stützen.
© schmolzeundkühn

Therapie im Therapieprozess

Die Therapie dient dem schrittweisen Erreichen der gemeinsam vereinbarten Therapieziele und erstreckt sich über die ärztlich verordneten Therapieeinheiten. Sie umfasst die zielgerichtete Durchführung Ihrer Maßnahmen und die kontinuierliche Bewertung derer, die Beratung des Patienten und seiner Angehörigen sowie die Dokumentation des Therapieverlaufs. Der individuelle Therapieplan (up_logo 05/2020), der auf den Angaben aus der Anamnese (up_logo 03/2020), den Ergebnissen Ihrer Diagnostik (up_logo 04/2020) und den Therapiezielen basiert, wird im Verlauf der Therapie entsprechend der Reaktionen des Patienten angepasst.

ICF in der Therapie

In der Therapie stehen, wie in allen Schritten des Therapieprozesses (siehe beigefügte Grafik), die Funktionsfähigkeit und die Lebensqualität Ihres Patienten im Mittelpunkt Ihrer gemeinsamen Arbeit. Von zentraler Bedeutung ist hier, was der Patient in seinem Alltag braucht, um bei der Durchführung von Handlungen und Aufgaben die Lücke zwischen seiner Leistungsfähigkeit unter optimalen Testbedingungen und seiner Leistung in seiner aktuellen Lebenssituation zu verringern. Der wiederkehrende Bezug zu Ihren vereinbarten Therapiezielen und der so wichtigen Teilhabe hilft Ihnen, den roten Faden in der Therapie beizubehalten, und dem Patienten, seine Motivation aufrechtzuerhalten. Zwei wichtige Bausteine für eine gemeinsame, zielgerichtete und am Ende erfolgreiche Therapie im Sinne des Patienten.

Durchführung logopädischer Maßnahmen

In Abhängigkeit von dem verordneten Heilmittel, der Anzahl der Therapieeinheiten, der wöchentlichen Frequenz und der Dauer pro Einheit führen Sie die Methoden und Übungen gemeinsam mit dem Patienten durch (z. B. im Rahmen der Sprachtherapie bei der Diagnosegruppe SP5). Sie beobachten in jeder Therapieeinheit, wie der Patient die an ihn gestellten Anforderungen meistert, geben Hilfestellungen und korrigieren, wenn nötig. Gleichzeitig können Sie abschätzen, welche Übungen der Patient zu Hause bis zum nächsten Termin bewältigen kann.

Kontinuierliche Beurteilung

Die Evaluation Ihrer Maßnahmen umfasst unterschiedliche Aspekte in der Therapie. Zum einen prüfen Sie jede Übung für sich. Entsprechen die Reaktionen Ihres Patienten der beabsichtigten Wirkung? Waren Ihre geplanten Hilfestellungen tatsächlich hilfreich? Gab es Unvorhergesehenes, was Sie zukünftig berücksichtigen sollten? Hinzu kommen im Therapieverlauf häufig die Fragen nach der Umsetzung der häuslichen Eigenübungen. Zu Beginn jeder Therapieeinheit berichtet der Patient davon, ob und wenn ja, wie häufig er die vereinbarten Übungen zuhause erledigt hat, welche Erfolge oder Schwierigkeiten es dabei gab und welche Aspekte mit Ihnen gemeinsam wiederholt bzw. angepasst werden sollten. Zum anderen überprüfen Sie anhand der Entwicklung Ihres Patienten über mehrere Stunden hinweg, inwiefern die Nah- und ggf. auch Fernziele Ihres Therapieplans sowie die damit einhergehenden Maßnahmen aktualisiert werden müssen. Dies ist insbesondere in Hinblick auf die Therapiefähigkeit, die Motivation, die Therapieprognose und die damit verbundene Frage nach notwendigen Folgeverordnungen wichtig. Deshalb ist es notwendig, sich vorab zu überlegen, welche Aufgabe o. Ä. Sie in regelmäßigen Abständen, z. B. zu jedem oder jedem zweiten Termin, erheben oder erfragen, um den Verlauf besser objektivieren zu können.

Beratung

Als Bestandteil der Therapie dient die Beratung dem Informationsaustausch mit dem Patienten und seinen Angehörigen, dem Abgleich der Eigen- und Fremdwahrnehmung sowie der Anleitung zum eigenverantwortlichen Verhalten durch z. B. häusliche Übungen. Aus ICF-Sicht geht es auch hier maßgeblich um die Aktivitäten und die Teilhabe des Patienten. Der Patient ist und bleibt aktiver Partner im Therapieprozess. Dies verstärkt im besten Falle seine Eigenverantwortung und Mitarbeit. Ergänzende Informationen von dem Ehepartner oder anderen Bezugspersonen geben einen wertvollen Einblick in den gemeinsamen Alltag. Sie erfahren, wie sich im Therapieverlauf der Stellenwert von z. B. einzelnen Funktionszielen oder Aktivitäten und der Einfluss von Kontextfaktoren verändern und können darauf reagieren.

Dokumentation

Laut Patientenrechtegesetz (§ 630f BGB) besteht eine zeitnahe Dokumentationspflicht in einer papiergestützten oder elektronischen Patientenakte. Die Rahmenempfehlung für den Bereich Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie enthält dazu weitere Details. Neben dieser gesetzlichen Verpflichtung gibt es inhaltliche Gründe, warum das Dokumentieren je Therapieeinheit sinnvoll ist. Sie gewährleisten damit Kontinuität in der Therapie. Dies gilt zum einen für Sie selbst. Zum anderen erleichtert es Ihren Kollegen die Fortsetzung der Therapie bei Vertretung. Eine schriftliche Verlaufsdokumentation ist deutlich verbindlicher und dient der Qualitätssicherung. Nutzen Sie sie als Grundlage für den ggf. angeforderten Therapiebericht an den Arzt. Je nach Therapieverlauf können Sie Ihre Dokumentation dem Arzt als zusätzliches Argument für Folgeverordnungen oder den Antrag auf einen langfristigen Heilmittelbedarf gegenüber dem Kostenträger zur Verfügung stellen.

Fazit

Auch die ICF-basierte Therapie besteht aus der Durchführung von Maßnahmen, der Beurteilung, der Beratung und der Dokumentation. Das ist nicht neu, wird aber erweitert durch den Fokus auf die Teilhabe und Lebensqualität des Patienten. Sie verfolgen in jeder Therapieeinheit gemeinsam die vereinbarten Therapieziele, um Sie nach und nach erreichen zu können. Sowohl Ihnen als auch Ihrem Patienten kann es dabei helfen, sich immer wieder klarzumachen, warum Sie welche Maßnahme in Hinblick auf welches Ihrer gemeinsamen Ziele durchführen. Der fortwährende Bezug zu seiner Funktionsfähigkeit und seinem persönlichen Bedingungsgefüge schafft Transparenz und Vertrauen für die Zusammenarbeit mit dem Patienten. So entsteht einmal mehr der rote Faden im Therapieprozess.

ICF in Ihrer Praxis

Soweit die Theorie. Wie können Sie all dies nun in Ihrer Praxis mit den personellen und zeitlichen Ressourcen umsetzen? Besprechen Sie in Ihrem Team eine für alle gleichermaßen verbindliche Dokumentationsstruktur. Wie in den vorangegangenen Schritten sollten Sie gemeinsam entscheiden, was wann in welcher Ausführlichkeit wo dokumentiert wird. Gleiches gilt für die Verwendung einheitlicher Abkürzungen. Das alles erfordert zu Beginn mehr Zeit und Aufwand, wird sich jedoch rasch, z. B. beim Blick in die Dokumentation Ihrer Kollegen bei der nächsten Vertretung bewähren. Mittelfristig erleichtert es die Arbeitsabläufe in Ihrer Praxis, schafft Kontinuität für alle Beteiligten und erhöht die Qualität. Wägen Sie Vor- und Nachteile der papiergestützten im Vergleich zur elektronischen Dokumentation ab und entscheiden Sie sich für ein einheitliches praxisweites Vorgehen.

Aus der Rahmenempfehlung Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie

Zu Ihren Aufgaben im Therapieverlauf gehören laut Leistungsbeschreibung Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie (Anlage 1 zur Rahmenempfehlung für den Bereich Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie) neben der Durchführung der therapeutischen Maßnahmen bei Bedarf auch die Wiederholung der Diagnostik, um Therapieziele zu überprüfen und/oder den Therapieplan anzupassen. Entsprechend der Rahmenempfehlung für den Bereich Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie ist das Therapieergebnis regelmäßig anhand der Therapieziele und der therapeutischen Diagnostik in Abgleich zu den verordneten und durchgeführten Leistungen zu überprüfen (§ 16).

Therapieplan

Auf der Basis des individuellen Therapieplans führen Sie Ihre therapeutische Maßnahme durch; stets orientiert an den Reaktionen des Patienten auf die Interventionen sowie die Dauer, Intensität und den Umfang der Therapie.

ICF

Die Anpassung des Therapieplatzes und der Therapiemittel an die individuelle Schädigung und Funktionsstörung des Patienten ist unerlässlich.

Doppelbehandlung

In Ausnahmefällen kann eine Doppelbehandlung in Abstimmung mit dem Arzt durchgeführt werden (§ 18).

Verlaufsdokumentation

Für jeden Patienten müssen Sie eine Verlaufsdokumentation führen (§ 15). Sie erfolgt je Therapieeinheit und umfasst den Namen des Therapeuten, die im Einzelnen erbrachten Leistungen, deren Wirkungen auf den Patienten sowie ggf. Besonderheiten bei der Durchführung.

Beratung und Eigenverantwortung

Mit Ihrer Beratung, Anleitung bzw. Schulung befähigen Sie den Patienten und seine Bezugspersonen dazu, die erarbeiteten Fähigkeiten in ihren Alltag zu transferieren. Der Patient soll durch aktive Mitwirkung an Therapiemaßnahmen dazu beitragen, Krankheiten zu verhindern und deren Verlauf und Folgen zu mildern.

Informationspflicht

Ergibt sich im Therapieverlauf, dass das Therapieziel vermutlich nicht mit dem verordneten Heilmittel erreicht werden kann oder dass der Patient anders als erwartet auf die Therapie reagiert, müssen Sie den Arzt unverzüglich darüber informieren und die Therapie unterbrechen (§ 18).

Außerdem interessant:

ICF: Grundlagen

ICF: Anamnese

ICF: Diagnostik

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all Kommentare
0
Wir würden gerne erfahren, was Sie meinen. Schreiben Sie einen Kommentar.x