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Freie Mitarbeiter – selbstständig oder angestellt? Mehr als Krankenkassenzulassung entscheidend für den Status

Immer wieder wird diskutiert, ob freie Mitarbeiter in Heilmittelpraxen überhaupt noch zulässig sind und wann ein freier Mitarbeiter tatsächlich ein solcher ist. Insbesondere die Urteile der Landessozialgerichte Niedersachsen-Bremen (Az. L 1 KR 351/12) und Bayern (Az. L 5 R 1180/13 B ER) sorgten für Verunsicherung. Das Bundessozialgericht hat diese jedoch relativiert.
Physiotherapeut steht an Behandlungsliege
© iStock: Wavebreakmedia

Die Landessozialgerichte kamen zu dem Ergebnis, dass Therapeuten, die nicht selbst über eine Kassenzulassung verfügen, sondern ihre Heilmittelverordnungen über eine zugelassene Praxis abrechnen lassen, nicht der Status eines freien Mitarbeiters zugeschrieben werden könne. Grund sei die per Rahmenempfehlungen und -verträge auferlegte Verantwortung der abrechnenden Praxen für die therapeutischen Leistungen. Dadurch habe die zugelassene Praxis die Weisungs- und Entscheidungsgewalt und für sie tätige Mitarbeiter könnten nicht selbstständig sein.

BSG für Einzelfallprüfung

Diese Rechtsauffassung wurde später durch das Bundessozialgericht (BSG) ein wenig eingeschränkt (Az.: 12 KR 20/14 R). Es stellte fest, dass allein die Verantwortlichkeit der zugelassenen Praxis gegenüber der Krankenkasse noch nicht den Schluss zulasse, dass ein weisungsgebundenes Angestelltenverhältnis bestünde. Die Angestellteneigenschaft eines Mitarbeiters in der Therapiepraxis dürfe nicht allein auf das Leistungserbringerrecht der GKV gestützt werden. Vielmehr seien die konkreten Umstände des Einzelfalles heranzuziehen und der Prüfung zu unterziehen, ob in der Gesamtschau eher die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses oder die Merkmale einer Selbstständigkeit überwiegen.

Merkmale für Selbstständigkeit

Maßgebend ist das Vertragsverhältnis zwischen Praxis und Mitarbeiter wie es sich aus den geschlossenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus dem tatsächlich gelebten Praxisalltag erschließen lässt. Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit sind dabei insbesondere die persönliche Unabhängigkeit, die weisungsungebundene Gestaltung der Arbeitstätigkeit, das unternehmerische Risiko des Mitarbeiters, der Einsatz eigenen Kapitals, die Ausübung der Tätigkeit auf gewisse Dauer und im Wesentlichen nicht nur für einen Arbeitgeber und dass die Tätigkeit nicht gemeinsam mit festangestellten Arbeitnehmern ausgeübt wird (weder jetzt noch früher). Zusätzlicher Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit ist das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte.

Kriterien für abhängige Beschäftigung

Ist der Therapeut dagegen in den Betrieb des Praxisinhabers eingegliedert und dabei einem Weisungsrecht hinsichtlich Ort, Zeit, Art und Dauer der Arbeitsausführung unterworfen, spricht dies eher für ein Angestelltenverhältnis. Wenn dem Mitarbeiter dann auch noch die Arbeitsgeräte und Materialien durch den Praxisinhaber gestellt werden, er nur für eine Praxis arbeitet und kein „Eigengewerbe“ mit eigener Rechnungsstellung betreibt, können bei der Gesamtwürdigung die Kriterien der abhängigen Beschäftigung überwiegen.

Die sorgfältige Vorbereitung und Gestaltung der Verträge ist daher das A und O. Die Praxis sollte freie Mitarbeiter zudem gesondert ausweisen. Der Patient muss stets unterscheiden können, ob es sich um einen freien Mitarbeiter oder einen Angestellten handelt. Weiter ist die Vereinbarung einer Mietzahlung für die Benutzung von Behandlungsräumen sowie für ggf. über die Praxis abgewickelte Terminvereinbarungen und Raumbelegungen sinnvoll. Der freie Mitarbeiter sollte über eine eigene Haftpflichtversicherung und eigene Vertretungsregelungen verfügen.

Tipp: Status durch Rentenversicherung bestätigen lassen

Hilfreich ist ein vorab bei der Rentenversicherung durchgeführtes Statusfeststellungsverfahren. Durch dieses erhält der Praxisinhaber eine verbindliche Einordnung der Tätigkeit. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die „freie Mitarbeit“ von der Rentenversicherung nachträglich als abhängiges Beschäftigungsverhältnis eingestuft wird. In diesem Falle drohen Beitragsnachzahlungen für die vergangenen vier Jahre.

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