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Fachkräfte sichern und Unternehmensberatung wahrnehmen – mit Geld aus Fördertöpfen

Bund, Länder, EU, Handelskammern – das sind nur einige der Stellen, die zu bestimmten Zwecken Fördergelder für Unternehmen locker machen. Zusammen mit einem Berater aus der Fachkräftesicherung stellen wir drei Bereiche vor, in denen Therapiepraxen von solchen Zuschüssen profitieren können.
© iStock, izusek

Fachkräfte fehlen in allen Therapiebranchen, und den meisten Praxen ist daran gelegen, neue Mitarbeiter zu finden und alte zu halten. So weit, so bekannt. Unterstützung erhalten Praxischefs zum Beispiel vom Beratungsnetz Fachkräftesicherung in Schleswig-Holstein. Es wurde im Jahr 2015 ins Leben gerufen, mit Geldern aus dem Landesprogramm Arbeit und dem europäischen Sozialfonds. Vergleichbare Anlaufstellen gibt es in allen Bundesländern, oft sind sie bei einer IHK, Wirtschaftsförderungsgesellschaft oder Gewerkschaft angesiedelt.

„Es geht bei der für Unternehmen kostenlosen Beratung um Mitarbeiterbindung, Personalentwicklung, Arbeitgeberattraktivität, Bewerbermarketing und neue Zielgruppen, die man identifizieren kann, wenn man Mitarbeiter sucht“, erklärt Fiete Mikschl, Berater des Netzwerks in Neumünster. Zu seinen Kunden gehören auch physiotherapeutische Praxen, die häufig vom Fachkräftemangel betroffen seien.

Kommt ein Praxisinhaber in die Beratung, schaut Mikschl erst einmal, was die Praxis für Mitarbeiter attraktiv machen könnte. Häufige Themen sind die Organisation der Arbeit, das Führungsverhalten, das Betriebsklima und auch die Gesundheit der Mitarbeiter. „Wenn ich merke, die Praxis ist in einem Bereich gut aufgestellt oder auch nicht, dann überlege ich, wie wir das weiterentwickeln können und ob es Förderprogramme gibt“, so Mikschl.

Tipp 1: Mitarbeiter binden durch Weiterbildungen

„Arbeitnehmern sind Betriebsklima und Weiterentwicklungsmöglichkeiten teilweise wichtiger als das Gehalt“, berichtet der Berater. Gerade in fortbildungsintensiven Branchen wie der Heilmitteltherapie könnten Praxisinhaber punkten, wenn sie ihre Mitarbeiter, auch finanziell, bei Weiterbildungen unterstützen. Das sehen auch Bund und Länder gerne – und haben Förderprogramme geschaffen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer dabei entlasten.

Die Programme sind meist auf Landesebene angesiedelt und heißen überall anders: in Schleswig-Holstein und Hamburg „Weiterbildungsbonus“, in Nordrhein-Westfalen „Bildungsscheck“, in Sachsen „Weiterbildungsscheck“, in Bayern „Qualifizierungen für Erwerbstätige“ und so weiter. Durch sie lassen sich klassische Weiterbildungen bezuschussen, also etwa Zertifikatsweiterbildungen der Physiotherapeuten und vertiefende Fortbildungen zu bestimmten Sprach- und Sprechstörungen für Logopäden.

Beispiel: Weiterbildungsbonus und Bildungsprämie

Fiete Mikschl erklärt den Weiterbildungsbonus in Schleswig-Holstein: „Den Antrag für die Förderung stellen Praxischefs bei der Investitionsbank in Schleswig-Holstein. Der Arbeitgeber trägt dann 50 Prozent der Kosten, das Land die anderen 50 Prozent.“ Die Förderung gilt für Maßnahmen ab 1.000 Euro und beläuft sich auf bis zu 2.000 Euro. Kostet eine Weiterbildung also 4.000 Euro, bekommt die Praxis 2.000 Euro vom Land, die anderen 2.000 übernimmt die Praxis und der Arbeitnehmer zahlt nichts. In vergleichbaren Programmen der meisten anderen Bundesländer fallen die Höchstbeträge für die Förderung niedriger aus.

Eine weitere Möglichkeit: Geht es um eine Fortbildung, die weniger als 1.000 Euro kostet, und der Beschäftigte ist Geringverdiener, kann er über die Bildungsprämie des Bundes bis zu 500 Euro erhalten. Geringverdiener heißt in diesem Fall, dass Beschäftigte mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten und höchstens 20.000 Euro brutto pro Jahr verdienen.

Aufstiegs-BAföG fürs Bachelorstudium

Für Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden, die eine Fachausbildung haben, aber noch keinen Hochschulabschluss, kann das Aufstiegs-BAföG interessant sein. Früher hieß diese Maßnahme „Meister-BAföG“, mittlerweile ist sie auch für Lehrgänge über die Meisterprüfung hinaus geöffnet, unter anderem für Bachelor-Studiengänge. Voraussetzung ist, dass Studierende bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung haben.

Sie erhalten bis zu 15.000 Euro für Lehrgangs- und Prüfungsgebühren. Davon sind 40 Prozent Zuschuss und 60 Prozent Darlehen, das zurückgezahlt werden muss. Die Rückzahlung des Darlehens wird nochmal um 40 Prozent gekürzt, wenn Teilnehmer das Studium erfolgreich abschließen. Wer ein Vollzeitstudium absolviert, bekommt außerdem einen monatlichen Betrag zum Lebensunterhalt dazu, der sich ebenfalls in Zuschuss und Kredit aufteilt.

Praxisinhaber können Mitarbeiter bei einer solchen Aufstiegs-Maßnahme unterstützen, indem sie sie etwa für ein Teilzeitstudium teilweise freistellen und gegebenenfalls sogar einen Teil des Darlehens mittragen. Natürlich kann das Programm auch für Praxischefs, die noch einmal studieren möchten, interessant sein.

Attraktivität als Arbeitgeber vermarkten

Wichtig für die Fachkräftesicherung ist, dass bestehende und zukünftige Mitarbeiter auch mitbekommen, dass die Praxis sich an Förderprogrammen etwa für Weiterbildungen beteiligt. Fiete Mikschl rät, das vor allem auf der Website der Praxis deutlich zu machen. „Viele Unternehmen stellen auf ihrer Webseite nur ihre Produkte und Dienstleistungen dar“, sagt er. „Aber die Website ist auch gegenüber Bewerbern die Visitenkarte des Unternehmens.“ Er empfiehlt, eine Unterseite zu „Karriere“ oder „Wir über uns“ anzulegen. Hier können Praxischefs dann Weiterbildungsförderungen, professionelle Arbeitsorganisation und das gute Betriebsklima präsentieren.


Tipp 2: Unterstützung bei der Mitarbeitersuche

Bei der Mitarbeitersuche helfen zum Beispiel Vermittlungsstellen, die häufig Quereinsteiger und Arbeitgeber zusammenbringen – in erster Linie die Arbeitsagenturen, die oft auch die Kosten für Umschulungen übernehmen. Praxisinhaber können Quereinsteiger auch selbst finanziell bei der Ausbildung unterstützen – wenn diese sich im Gegenzug vertraglich dazu verpflichten, danach eine Zeitlang in der Praxis zu arbeiten. Großes Potenzial schlummert Mikschl zufolge bei Studienabbrechern sowie bei Frauen, die nach der Elternzeit einen Wiedereinstieg ins Berufsleben suchen.

Unter bestimmten Umständen erhalten Betriebe auch Fördergelder, wenn sie neue Mitarbeiter einstellen. „Eingliederungszuschüsse der Arbeitsagenturen etwa gibt es für Zielgruppen, die es schwieriger haben, in den Arbeitsmarkt einzusteigen, zum Beispiel Langzeitarbeitslose und Menschen mit Behinderung“, erklärt Mikschl, „wobei Behinderung ein relativ weit gefasster Begriff ist.“ Teilweise gebe es in diesem Rahmen bis zu 70 Prozent Zuschüsse zum Lohn über 24 Monate.

Der Berater empfiehlt außerdem, neben Online-Börsen auch direkte Kontakte zu nutzen, um Nachwuchs zu finden. „Ich rate Praxisinhabern immer: Gehen Sie frühzeitig auf Schüler zu, werben Sie für Ihren Beruf, stellen Sie an Berufsschulen Ihre Praxis vor, schicken Sie junge Mitarbeiter dort hin, damit sie möglichst auf Augenhöhe von Ihrem Job erzählen“, so Mikschl.


Tipp 3: Unternehmensberatung in Anspruch nehmen

Manchmal bemerkt Mikschl auch, dass in Unternehmen tiefergehender Beratungsbedarf besteht. Einige haben etwa Probleme mit ihrem Betriebsklima oder der Kommunikation unter den Mitarbeitern. „Solche Schwierigkeiten schleichen sich oft über Jahre hinweg ein. Chefs haben in kleineren Unternehmen häufig einfach keine Zeit, sich um Personalthemen zu kümmern“, so der Berater.

Eine Beratung sei da wie ein Bremsklotz, den der Chef in die Räder wirft, damit der Zug nicht in die falsche Richtung fährt. „Praxen können dann eine Pause machen und nachdenken: Was können wir im Unternehmen verbessern? Laufen einige Dinge schon immer schief, wir hatten aber nie die Zeit, sie anzugehen?“

Unternehmensberatung „unternehmensWert:Mensch“

Mikschl vermittelt dann zum Beispiel das Bundesprogramm unternehmensWert:Mensch, eine bis zu zehntägige Unternehmensberatung. Hinter dem Programm steht die Initiative Neue Qualität der Arbeit des Bundesarbeitsministeriums. Voraussetzung ist, dass ein Unternehmen weniger als 250 Mitarbeiter hat und Umsatz sowie Bilanzsumme  jeweils die Grenze von fünf Millionen nicht übersteigen – was auf die allermeisten Therapiepraxen zutreffen dürfte. Bei zehn bis 249 Beschäftigten steuert der Staat 50 Prozent zu, bei weniger als zehn Mitarbeitern sogar 80 Prozent. Die Beratung kann 1.000 Euro pro Tag kosten, das Maximum wären bei zehn Tagen also 8.000 Euro Zuschuss.

In der Beratung arbeitet die Praxis an einem oder mehreren dieser Themen: Personalführung, Chancengleichheit, Gesundheit und Wissen und Kompetenz. Es geht also immer um Personalthemen. „Im Gegensatz zu anderen Unternehmensberatungen müssen deswegen auch die Mitarbeiter in die Beratung miteinbezogen werden, zum Beispiel in Arbeitsgruppen oder einem Coaching“, erzählt Mikschl. „Die Veranstalter gehen davon aus, dass die Angestellten Probleme oft besser ansprechen können.“

Wer am Programm teilnehmen möchte, kann über die Plattform www.unternehmens-wert-mensch.de/ eine Erstberatungsstelle in seiner Region suchen. Diese Stellen gibt es in jedem Bundesland. „Wir Erstberater stellen im Gespräch fest, in welchem Handlungsfeld Bedarf besteht“, erklärt Mikschl. Mit dieser Diagnose überweisen sie dann an einen Prozessberater, der aus einem Pool von bundesweit über 1.000 autorisierten Beratern stammt. Die Praxis hat dann neun Monate Zeit, die zehn Beratungstage durchzuführen.

Am Ende der Beratung folgt ein wenig Papierkram: Der Praxisinhaber stellt den Antrag auf die Förderung und erhält den Zuschuss vom Bund. „Da müssen Sie einige Sachen über Ihr Unternehmen preisgeben – wie viele Mitarbeiter, welchen Jahresumsatz, ob Sie schon einmal gefördert wurden“, erklärt Mikschl. Das sei aber normal, wenn man Geld vom Staat wolle.

Fünf Tage „Förderung unternehmerischen Know-hows“

Mit der „Förderung unternehmerischen Know-hows“ bietet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ein weiteres bundesweites Programm an. Berater, die vom BAFA geförderte Beratungen durchführen, müssen sich dafür zunächst autorisieren lassen. Die buchner consulting GmbH gehört zu den für das Programm zugelassenen Anbietern. Möglich sind dann fünf Beratertage, bei den Themen steht eine größere Bandbreite zur Verfügung, die auch wirtschaftliche und finanzielle Aspekte einschließt.

Junge Unternehmen, die nicht länger als zwei Jahre am Markt sind, können vom BAFA Unternehmensberatungen fördern lassen, die bis zu 4.000 Euro kosten, Unternehmen ab dem dritten Jahr nach der Gründung Beratungen bis 3.000 Euro. Bezuschusst werden 80 Prozent in den neuen Bundesländern, außer in Berlin und der Region Leipzig, 60 Prozent in der Region Lüneburg und 50 Prozent im Rest Deutschlands.

Die Förderung unternehmerischen Know-hows richtet sich außerdem an Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Solche Betriebe erhalten, unabhängig vom Standort, 90 Prozent Förderung für Beratung mit bis zu 3.000 Euro Kosten.

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