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Leistungen abrechnen bei der Behandlung von Asylbewerbern

Hin und wieder stellen sich in Heilmittelpraxen Flüchtlinge mit Heilmittelverordnungen vor. Das sorgt dort regelmäßig für Verunsicherung. Wie gehen wir damit um? Kann ich eine solche Verordnung einfach annehmen? Einzelne Erfahrungsberichte zeigten, dass nicht jede Heilmittelverordnung einfach so abgerechnet werden kann. Wir klären außerdem in einer Liste unter dem Artikel auf, in welchen Bundesländern und Kommunen es eine eGK für Asylbewerber gibt.
Elektronische Gesundheitskarte (eGK) der AOK
© AOK-Mediendienst

Flüchtlinge haben in Deutschland Anspruch auf eine medizinische Versorgung. Wie die Abrechnung der Behandlung abläuft, hängt vom Aufenthaltsstatus der Asylsuchenden ab. Therapiepraxen sollten also klären, ob es sich bei ihren Patienten um

  • Asylbewerber mit laufendem Asylverfahren,
  • Anerkannte Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis oder
  • Geduldete, also Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber nicht abgeschoben werden können, handelt.

Flüchtlinge, die eine Aufenthaltserlaubnis haben, erhalten eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) und können, mit wenigen Einschränkungen, ganz normal die Leistungen der Krankenkassen nutzen.

Laufende Asylverfahren: Versorgung je nach Bundesland unterschiedlich geregelt

Während laufender Asylverfahren und für „Geduldete“ gelten, je nach Bundesland, unterschiedliche Regeln. Ist ein Flüchtling in einer Erstaufnahmeeinrichtung oder zentralen Unterbringungseinrichtung angekommen und hat einen Asylantrag gestellt, übernimmt zunächst das jeweilige Bundesland seine Versorgung. So regelt es das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Wird der Asylbewerber einer Kommune zugeordnet, dann ist diese für ihn zuständig und muss die Kosten tragen. Das Verfahren hinter der Kostenerstattung legen die Länder fest – weshalb es keine bundeeinheitliche Vorgehensweise gibt. Je nach Bundesland sind auch unterschiedliche Behörden zuständig, hier müssen Praxen im Zweifelsfall nachfragen.

In jedem Fall wird auf der Verordnung unter Kostenträger entweder das zuständige Sozialamt, die Stadt XY oder AsylbLG eingetragen. Die Praxis rechnet, je nach Verfahren, entweder über die elektronische Gesundheitskarte oder direkt über die zuständige Behörde ab. Hierbei hat sich in der Praxis die Abrechnung nach gültigen AOK-Sätzen eingeschlichen. Dieses Vorgehen hat aber derzeit keinen rechtlich gesicherten Hintergrund.

Asylbewerber mit elektronischer Gesundheitskarte

In Hamburg, Bremen, Berlin, Schleswig-Holstein, Thüringen und einzelnen Kommunen in anderen Ländern erhalten Asylbewerber eine elektronische Gesundheitskarte und können damit ganz normal zum Arzt gehen (siehe unten). Ärzte und Therapeuten rechnen die Leistungen über die jeweilige Krankenkasse ab. Ausgezahlt wird die Leistung später von den zuständigen Behörden. Auf der eGK ist unter „Besondere Personengruppe“ die Ziffer 9 vermerkt.

Abrechnung direkt über das Sozialamt

In anderen Bundesländern läuft die Abrechnung direkt über die Sozialämter. Nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland haben Flüchtlinge auch dort den gleichen Anspruch wie Sozialhilfeempfänger und bekommen eine eGK ausgehändigt, auf der dann bei „Besondere Personengruppe“ die Ziffer 4 steht.

In den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes stehen den Asylbewerbern weniger Leistungen zu als gesetzlich Versicherten in Deutschland. Sie haben in dieser Zeit nur bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen einen Anspruch auf ärztliche Versorgung und Behandlung mit Arznei- und Verbandsmitteln. Der Arzt darf erforderliche Leistungen „zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen“ verordnen (§ 4 Abs. 1 AsylbLG). Was das genau beinhaltet, ist Auslegungssache der zuständigen Behörde. Schwangere und Frauen im Wochenbett haben einen umfassenden Anspruch auf medizinische Versorgung.

Kein Behandlungsbeginn ohne Genehmigung

Benötigt ein Asylbewerber, der keine eGK hat, medizinische Leistungen, muss er sich von seiner zuständigen Behörde einen sogenannten Berechtigungsschein oder Behandlungsschein ausstellen lassen, der ihm einen „eingeschränkten Leistungsanspruch“ bescheinigt. So ein Behandlungsschein gilt in der Regel nur für einen kurzen Zeitraum. Stellt der Arzt einen Heilmittelbedarf fest, kann er auf den normalen Verordnungsvordrucken verordnen (Muster 13, 14 und 18 und Z13). Darin steckt auch eine kleine Krux: Die Verordnungen sehen aus wie die von gesetzlich Versicherten, müssen aber vor Behandlungsbeginn durch die zuständige Behörde genehmigt werden. Fehlt die Genehmigung, können Therapeuten das Rezept nicht abrechnen.

Tipp: Bitte beachten Sie im Zweifel die jeweiligen Regelungen in ihrer Region. Im Zweifel lassen Sie die Verordnung lieber einmal mehr durch die Behörde genehmigen, statt im Nachhinein auf den Kosten sitzen bleiben.


Gesundheits-Ratgeber für Asylsuchende

Das Ministerium für Gesundheit hat einen Ratgeber Gesundheit für Asylsuchende in Deutschland herausgegeben. Er beschreibt, was zu tun ist, wenn ein Asylsuchender medizinische Hilfe benötigt. Dieses Dokument gibt es in verschiedenen Sprachen. Versteht ein Patient nicht, warum Sie ihn nicht einfach so behandeln können, kann dieses Dokument vielleicht weiterhelfen.


In welchen Bundesländern gibt es die eGK für Asylbewerber?

Bundesland Gesundheitskarte für Flüchtlinge?
Baden-Württemberg keine eGK
Bayern keine eGK
Berlin eGK im ganzen Bundesland
Brandenburg eGK in allen Landkreisen außer Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Spree-Neiße, Märkisch-Oderland und Ostprignitz-Ruppin (Stand Juni 2017)
Bremen eGK im ganzen Bundesland
Hamburg eGK im ganzen Bundesland
Hessen keine eGK, Einführung geplant
Mecklenburg-Vorpommern keine eGK
Niedersachsen eGK bislang nur in der Kommune Delmenhorst (Stand April 2017)
Nordrhein-Westfalen eKG in folgenden Kommunen: Alsdorf, Bocholt, Bochum, Bonn, Bornheim, Dülmen, Düsseldorf, Gevelsberg, Gladbeck, Hennef, Herdecke, Köln, Moers, Mönchengladbach, Monheim, Mülheim an der Ruhr, Münster, Oberhausen, Remscheid, Sprockhövel, Troisdorf, Wermelskirchen und Wetter (Stand April 2017)
Rheinland-Pfalz eGK in Mainz, Trier und dem Landkreis Kusel (Stand April 2017)
Saarland keine eGK
Sachsen keine eGK
Sachsen-Anhalt keine eGK, Einführung geplant
Schleswig-Holstein eGK im ganzen Bundesland
Thüringen eGK im ganzen Bundesland

Hinweis: Diese Liste bildet nur den aktuellen Status Quo ab – in einigen Ländern und Kommunen laufen gerade Verhandlungen mit den Krankenkassen. Es könnten also noch weitere Regionen dazukommen, die elektronische Gesundheitskarten an Flüchtlinge in laufenden Asylverfahren vergeben. Wir werden die Liste möglichst aktuell halten – erkundigen Sie sich aber bitte auf jeden Fall bei der zuständigen Behörde, wenn Sie Zweifel haben.

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