Die Fesseln abwerfen
Der linke Arm ist auf den Rücken gebunden, am rechten Bein hängt eine Eisenkette mit einer schweren Kugel. Der linke Fuß balanciert auf einem sehr dünnen und wackligen Brett, während die rechte Hand allein die eigentliche Arbeit erledigen muss. Da kommt Freude auf! Und die hört bei der Bezahlung noch nicht auf. Denn auch wenn seit kurzem ein paar Münzen mehr im Beutel mit der Vergütung liegen, befindet sich daran doch immer noch eine Schnur mit der die Krankenkassen – Achtung Wortwitz! – diese wieder zurückziehen können, wenn sie etwas zu beanstanden haben. Wer so arbeitet wissen Sie sicher schon längst: die Heilmittelerbringer natürlich!
Die Notwendigkeit einer ärztlichen Verordnung bindet Ihnen einen Arm auf den Rücken. Denn sie verhindert, dass Therapeuten, wohlgemerkt die Experten auf diesem Gebiet, selbst entscheiden, welche Behandlung mit welcher Dauer und in welcher Frequenz den Patienten tatsächlich am besten helfen würde. Gleichzeitig hängt Ihnen eine Fessel am Bein in Form von Rahmenverträgen, die den Entscheidungsspielraum von Therapeuten weiter einschränken, und der Heilmittel-Richtlinie sowie dem Heilmittelkatalog, die in manchen Fällen sogar eine leitliniengerechte Behandlung verhindern. Auf wackligem Boden stehen Sie während Ihrer Arbeit sowieso. Denn immer stellt sich die Frage: Behandeln im Interesse der Krankenkasse oder im Interesse der Patienten?
Höchste Zeit, die Fesseln endlich abzulegen. Das Werkzeug dazu hat Jens Spahn mit dem TSVG in greifbare Nähe gelegt. Es ist Zeit, es aufzuheben und anzuwenden! Wie, lesen Sie im Themenschwerpunkt dieser Ausgabe. Wo, erklären 37 Therapeuten in ihren Statements. Bleiben Sie dran und haben Sie einen erfolgreichen Monat.
Mit den besten Grüßen
Yvonne Millar, Redakteurin